Mehr als nur Musik„Komplizen der Spielregeln“ bieten Klanggebilde mit Raumkonzept
Köln – „Komplizen der Spielregeln“ machen Musik, die provoziert, verwirrt – und neugierig macht. Mit kryptischen Liedtexten und einer Live-Bühnenshow, die die Energie der Songs transportieren soll. Damit schafft das Trio das etwas andere Musikerlebnis – nicht nur für das Publikum, sondern auch für sich selbst: „Wir wollen live die größtmögliche Wirkung entfalten und etwas von uns weitergeben“, so Frontmann Tobias Ortmanns. „Dass die Stücke dabei oft vertrackt sind und nicht auf Anhieb einleuchten, muten wir unserem Publikum bewusst zu.“
Musikalisch folgen die Komplizen dabei verschiedenen Einflüssen: „Die tiefsten Wurzeln liegen grob gesagt im Indie, Noise und der elektronischen Musik“, so Gitarrist Volker Weide. „Mittlerweile nutzen wir aber auch sehr stark computergestützte Loops, Effekte und Keys. Uns geht es bei der Musik am Ende vor allem um Genrefreiheit – und den Spaß an der Kombination.“
Auftritte werden zur Performance
Viel Wert legt das Trio vor allem auf seine Live-Auftritte: „Wir bieten mehr als bloß Musik. Für uns geht 'Komplizen der Spielregeln' als Kunstprojekt über die reine Musiknummer hinaus“, erklärt Ortmanns. „Zu unserer Kunst gehören auch die visuelle Performance und der körperliche Ausdruck, die wir auf der Bühne präsentieren.“ Der Ursprung für diese Vielschichtigkeit liegt in den Inspirationen, die die drei Performance-Künstler für ihr Projekt nutzen. „Wir sind in unserer Musik nicht nur von musikalischen Einflüssen geprägt. Da spielen auch Video-, Performance- und Theaterkunst eine Rolle“, so Bassist Frank Nagel. „Bei den Auftritten performen wir ähnlich wie bei einer Aufführung – besonders unser Frontmann Tobias. Das ist nicht nur das Abspulen von Musik – das ist wie im Theater eine Bühne für uns.“
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So teilt die Band mit ihren Zuhörern (und Zuschauern) keine chronologischen und abgeschlossenen Geschichten nach festgelegten Mustern, sondern stützt sich auf Wahrnehmungen, Gefühle und Begegnungen. Das wird auch auf ihrem neuesten Album „Komplizen der Spielregeln“ deutlich, das im Oktober 2019 erschienen ist. „Unsere Songs funktionieren eher wie ein David-Lynch-Film: Man weiß nicht, wo es beginnt und wo es aufhört. Unsere Auftritte und Lieder können sich für die Besucher seltsam anfühlen, komische oder gute Gefühle hinterlassen“, sagt Ortmanns. Dabei laufe der Zugang zur Message ihrer Musik nicht immer inhaltlich oder rational ab – das Verständnis entstehe eher assoziativ.
Liebeslied folgt nicht dem typischen Muster
So wie beim Song „Oh, Lucy!“, das auf der neuen Platte des Trios zu finden ist. Benannt ist das Stück nach der 1974 entdeckten „Lucy“, die jahrelang als eine Art Urmensch galt. „Oh, Lucy, wir sind uns so nah“, heißt es da in der zentralen Zeile des Lieds. „Ein Lovesong, aber ohne dass er dem üblichen Muster des Verlassens, Zusammenkommens und Sterbens folgt“, erklärt Ortmanns. Dass es in dem Song um die Liebe gehe, merke der Zuhörer dennoch schnell. Doch im Vordergrund stehen auch bei diesem Lied abstrakte Gefühle, Wahrnehmungen und Assoziationen, die die Band vermittelt.
So spürt die Gruppe in ihren Texten und auf der Bühne der Frage nach der eigenen Individualität und Identität nach. „Daher kommt auch unser Bandname: «Komplizen der Spielregeln» ist ein Zitat aus dem Roman Stiller von Max Frisch. Auch Frisch hat in seinen Werken immer wieder die Frage nach der eigenen Identität aufgeworfen“, erklärt der Frontmann. „Außerdem wollen wir damit ausdrücken, dass wir zwar unsere eigene, sperrige Kunst anbieten – aber dennoch Teil des Musiksystems bleiben“, ergänzt Gitarrist Volker Weide. „Am Ende können auch wir uns da selbst nicht herausnehmen.“
Anfang April wird die Band den brandneuen Videoclip zu ihrem Song „Oh, Lucy!“ veröffentlichen – neben anderen Clips und Videokollagen wird er bei ihren Live-Auftritten zu sehen sein. Wer in Köln live dabei sein will, wird sich ein wenig gedulden müssen. Der nächste Auftritt der Band findet erst wieder im Herbst statt.