Zwei Kölnerinnen starteten nach ihren Karrieren in der Pharmaindustrie noch einmal durch. Sie machten sich als Coaches selbstständig und bieten jetzt anderen Unterstützung beim Erreichen eigener Lebensziele.
Wohnzimmer-Seminare in ZündorfZwei Kölnerinnen bieten Coaching auf der Couch an
Zwei Frauen im mittleren Alter entdecken ihre Leidenschaft für ein neues Geschäftskonzept. So weit, so gewöhnlich. Doch wenn man sich mit Beatrix Sieben und Ulrike Ploder unterhält, bekommt die Geschichte hinter der Entscheidung für ihren herausfordernden Entwicklungsschritt eine besondere Note. Denn die beiden Frauen verbinden weite Teile ihrer beruflichen Laufbahn – und ihren Geburtstag am 18. September. Außerdem stammen beide von der Schäl Sick.
Mitte der 1990er Jahre waren Sieben und Ploder für Vertrieb und Marketing von Diabetes-Medikamenten und -zubehör des Leverkusener Pharma-Riesen Bayer zuständig. „Als EU Koordinatorin Training/Coaching und später als Außendienstleiterin Diabetes Care reiste ich von der Europa-Zentrale in England oder Leverkusen quer durch Europa“, erinnert sich Beatrix Sieben, die im vergangenen Jahr 60 wurde. Ihren Abschied von Bayer nahm sie schon vor 20 Jahren.
„Als ich Mutter wurde, war mir sofort klar, dass ich dieses Vollzeit- Berufsleben in Präsenz und mit ständiger Reisetätigkeit nicht mehr wollte. Ich war damals schon firmenintern als Moderatorin und Coach tätig und wollte mich ausschließlich darauf konzentrieren.“ Die Selbstständigkeit bot diese Option. Bei Ulrike Ploder erfolgte der Schritt weg von der sicheren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit später. Mit 55 entschloss sie sich, aus dem Hamsterrad auszusteigen.
„Ich hatte viel Verantwortung, das genoss ich sehr, aber die Strategie und Ziele der neuen Firma passten irgendwann nicht mehr mit meinen Werten überein.“ Inzwischen hatte Bayer seine Diabetes-Sparte verkauft, Ploder hatte in der Nachfolge-Firma weiterhin eine führende Position im Medizintechnik-Vertrieb inne. Aber nach 30 Jahren stieg sie aus. Dass andere den Kopf schüttelten, nahm sie hin. Einfach durchwursteln bis zur Rente: keine Option. So entstand der Wunsch, etwas Neues zu wagen.
„Sich herausfordernde Ziele zu setzen, war schon immer mein Antrieb. Meiner Leidenschaft zu folgen, Menschen zu Klarheit zu verhelfen und sie größer zu machen.“ Auf ihrer Website findet sich dazu das passende Zitat der englischen Schriftstellerin George Eliot: Es ist nie zu spät, das zu werden, was man hätte sein können. Und dass sie mehr sein konnte als „nur“ die erfolgreiche Business-Frau war klar.
Nachdem sich die beiden Frauen eine Zeitlang aus den Augen verloren hatten, war es eine Katastrophe, die den Beginn ihrer jetzigen gemeinsamen Kooperation begründete. Beatrix Sieben hatte viele Jahre in Ahrweiler gelebt, bevor sie vor zehn Jahren nach Koblenz zog. „Als ich im Juli 2021 die Bilder von den Fluten sah, musste ich an Bea denken und rief sie an“, erzählt Ploder.
Das Telefonat war der Auftakt für einen regelmäßigen Austausch, bei dem die Idee zu ihrer Zusammenarbeit entstand: Gemeinsam bieten die ehemaligen Pharma-Managerinnen nun ein Wohnzimmer-Seminar an. In Ploders Haus in Zündorf veranstalten sie Wochenend-Workshops, bei denen Teilnehmende ihre Kompetenzen und Stärken überprüfen und Ziele neu definieren können. „Wir kennen beide die geschäftsmäßige Atmosphäre von Seminaren und Workshops, die in Hotels stattfinden. Mit dem Wohnzimmer-Seminar wollen wir einen Gegenentwurf, ein intimeres, vertrauensvolleres Setting schaffen“, erklärt Sieben den Ansatz.
Das Angebot richte sich nicht nur an Berufstätige, sondern an alle, die neue Orientierung und Klarheit suchen – ob beruflich oder privat. „Das Seminar kann auch jungen Leuten helfen, die noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung stehen“, sagt Ploder, die zwei erwachsene Kinder im Studium hat. Die Altersspanne ihrer Klientel sehen Ploder und Sieben daher entsprechend weit gefasst. Beide profitieren bei ihrer Tätigkeit von ihrer langjährigen Erfahrung in der Geschäftswelt.
„Ich war mit 40 Vertriebsleiterin, hatte mein Ziel erreicht“, blickt Beatrix Sieben zurück. „Und fühlte mich selbstbewusst genug, meine Ziele auch in der Selbstständigkeit zu erreichen.“ Diese Zuversicht wollen beide nun anderen vermitteln. „Wir wollen, dass Menschen ihren persönlichen Weg finden, sich herausfordernde und machbare Ziele setzen und erkennen: „Ich kann ja mehr““.
Die beiden Seminar-Leiterinnen, die sich selbst eine Zeitlang in der professionellen Berufswelt fremdbestimmt fühlten, wollen in den Teilnehmenden einen „gesunden Egoismus“ wecken. Und dazu ermutigen, für sich selbst wichtige Entscheidungen zu treffen. Denn „Persönlichkeitsentwicklung braucht Freiheit, nicht Routine“, sagen beide übereinstimmend.