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ReligionArmut, Keuschheit, Gehorsam

Lesezeit 4 Minuten

Im kommenden Herbst tritt Marco Nobis in den Franziskanerorden ein.

Köln – Marco Nobis hat sich in seinem Zimmer eine Gebetsecke eingerichtet. Mit einem großen Bild des Kreuzes der ökumenischen Gemeinschaft im französischen Taizé, mit Kerzen und einer Bibel. Im Regal daneben stehen etliche Falco-CDs und die Indiana-Jones-Filme. „Den passenden Hut dazu habe ich auch“, sagt der 24-Jährige schmunzelnd. „Eine Zeit lang bin ich sogar wie Harrison Ford in seinen Filmen rumgelaufen.“

Andacht und Action, Psalmen und Popmusik. Nobis steht mitten im Leben – und ist gerade dabei, diesem eine radikale Wende zu geben. Im kommenden Herbst tritt er in den Franziskanerorden ein, verpflichtet sich zu Armut, Keuschheit und Gehorsam. Eine Lebensentwurf, den er mit so gut wie keinem seiner Altersgenossen teilt. Für Nobis war die Entscheidung zum Ordenseintritt „die logische Konsequenz, die man irgendwann erkennt“. Kein plötzliches Berufungserlebnis, keine himmlische Eingebung, sondern die natürliche Schlussfolgerung aus vielen Begegnungen, Gesprächen, Erfahrungen.

Der Franziskaner-Orden wurde im 1209 von heiligen Franziskus von Assisi in Italien gegründet. Er vertrat Prinzipien wie eine einfache und bescheidene Lebensweise, die Achtung der Natur und den Glauben an das Gute im Menschen, die die Ordensbrüder bis heute prägen. „Pax et bonum“ – „Friede und Gutes“, lautet ihr Gruß.

Heute gibt es nach Angaben der Deutschen Franziskanerprovinz rund 15500 Franziskaner weltweit. Damit sind sie nach den Jesuiten und Benediktinern der drittgrößte Orden. Unter anderem setzen sie sich als Missionare für Arme, Benachteiligte und Ausgegrenzte in verschiedenen Ländern ein, oft in Zusammenhang mit Bildungs- und Menschenrechtsarbeit. Auch als Seelsorger in Krankenhäusern oder Seniorenheimen unterstützen sie die Menschen.

In Deutschland leben rund 350 Brüder in mehr als 40 verschiedenen Einrichtungen. (tt)

Am Anfang dieses Prozesses steht sein langjähriges Engagement als Messdiener und Jugendleiter in der Sülzer Pfarrei St. Nikolaus. „Ich war in dieser Struktur drin“, erinnert sich Nobis. „Aber ich habe mich nie wirklich mit meinem Glauben auseinandergesetzt.“ Das ändert sich, als er 2007 zum ersten Mal – und danach immer wieder und auch für längere Zeit – zu der Brüdergemeinschaft nach Taizé in Burgund fährt, wohin es jedes Jahr Zehntausende vor allem junge Menschen zieht. „Diese besondere Form des Gemeinschaftslebens hat mich fasziniert“, sagt er. Das Gefühl, dass „jeder seinen kleinen Teil zu einem Ganzen beiträgt“, sich „im Leben und im Gebet mitgetragen zu fühlen, nicht alleine dazustehen.“ Er engagiert sich im katholischen Jugendzentrum Crux in der Südstadt, macht Zivildienst in einer Offenen Tür in der Stegerwaldsiedlung, studiert an der Katholischen Fachhochschule Soziale Arbeit. „Aber studieren und nachher groß rauskommen war nie mein Ding“, sagt Nobis. Durch eine Ausstellung wird er angeregt, sich mit dem Leben des Franz von Assisi („Der Schutzpatron der Sozialarbeiter“) zu beschäftigen – „und ich schielte immer mehr in Richtung Orden“. 2012 fährt er für eine Woche zu den Franziskanern nach Rheda-Wiedenbrück, nimmt Kontakt zu der Kölner Gemeinschaft auf, lebt im italienischen Assisi, führt viele Gespräche, versucht Klarheit zu gewinnen, welcher Weg für ihn der richtige ist.

„Jung, geh du deinen Weg“

Als Nobis im vorigen Jahr die Entscheidung fällt, in den Orden einzutreten, „da habe ich erst mal meine Schränke ausgemistet“, sagt er. „Man lernt loszulassen und mit dem zu leben, was man wirklich braucht.“ Sein Vater unterstützt diesen Entschluss, seine Mutter ist anfangs skeptisch. steht später aber ebenfalls hinter ihm: „Jung, geh du deinen Weg.“

Nobis weiß, worauf er sich einlässt. Er hatte in den letzten Jahren zwei Freundinnen. Es waren gute Zeiten, „aber ich habe am Ende der letzten Beziehung gemerkt, dass es nicht das ist, was mich erfüllt“. Er möchte „unter den Menschen wirksam sein“, sagt er, „als Christ das Evangelium im Alltag leben“. Obdachlosenarbeit kann er sich vorstellen, Seniorenarbeit, und vieles andere mehr. Neben seinen eigenen Wünschen komme es auch darauf an „wo der Orden mich sieht“.

Nobis geht jetzt zuerst zum Postulat nach Berlin, dann zum Noviziat nach Rheda-Wiedenbrück, „wandert“ anschließend durch verschiedene Franziskaner-Niederlassungen. Ob er irgendwann auch Priester werden will, lässt er offen: „Das kann ich später noch entscheiden.“