„Geliebte Möbel“ in Köln-LindenthalClubsessel sollen zusammen mit dem Kunden altern
Lindenthal – Wenn von Clubsesseln die Rede ist, assoziiert man fast automatisch zigarrenrauchgeschwängerte Räume, in denen zumeist beleibte distinguierte Herren sitzen und parlieren.
Robert Palgrave ist jemand, der eher schlaksig und lässig daherkommt und insofern zumindest optisch gar nicht der Zielgruppe entspricht, die viel mit diesem Möbelstück verbinden. Dennoch steht sein Name seit vielen Jahren in Köln für die Restaurierung und inzwischen vor allem Neuanfertigung der speziellen Ledersessel.
Revival für Clubsessel
Ursprünglich hatte sich der 46-Jährige nach der Ausbildung zum Tischler und seinem anschließenden Studium in England auf den Handel mit Antiquitäten fokussiert. Als dann „der Knick kam“ und sich Biedermeiertische und anderes konventionelles Mobiliar immer schwerer verkaufen ließen, witterte der Diplom-Restaurator, der immer schon eine gute Nase für Trends besaß, ein Revival für Clubsessel. Die, die er aus Frankreich mitbrachte, wurden ihm hierzulande schier aus den Händen gerissen; unabhängig davon, wie durchgesessen und zerschlissen die Teile bereits waren.
Das Geschäft mit den Teilrestaurationen
Während diese Art von Sesseln in Frankreich im Grunde stets als Alltagsgegenstände betrachtet wurden, galten sie hier als etwas Besseres, was sich nicht jeder leiten konnte. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Palgrave damals einen Polstermeister kennenlernte, „der das Thema ebenfalls spannend fand“. Indem er sich selber insbesondere um die Beschaffung von gutem Leder kümmerte, begann das Geschäft mit den Teilrestaurationen.
Zur Jahrtausendwende erlebten Clubsessel einen regelrechten Hype. Es gab kaum ein Einrichtungsmagazin, das nicht bei Palgrave anklopfte. Er selber tat gut daran, von den damals erworbenen Originalformen Schablonen anzufertigen. Denn irgendwann sei der Markt weitgehend abgeräumt gewesen.
Lust auf Veränderung
„Und als es gar keine guten Stücke mehr gab, haben wir angefangen, diese Modelle zunächst eins zu eins nachzubauen und später auch Veränderungen vorzunehmen.“ Aufgrund des Umstandes, dass die Leute früher einfach kleiner waren, hätten sie beispielsweise die Proportionen zum Vorteil der neuen Nutzer verbessert.
In der Manufaktur werden heute Sessel hergestellt, „die mit den Kunden altern sollen“. Das Material – deutsches Rindsleder mit Zertifikat und damit nicht schadstoffbelastet – ist offenporig, so dass sich wie bei Taschen oder Gürteln eine schöne Patina einstellen kann.
Auf Kundenwunsch auch Sessel in Grün oder Knallrot möglich
„Man muss natürlich Geduld und Lust auf Veränderung haben“, sagt der Spezialist. Auf Kundenwunsch wurden auch schon Modelle aus handgefärbtem Leder in Grün oder Knallrot angefertigt. Die Preise liegen pro Sessel etwa bei 3400 bis 3800 Euro.
Inzwischen hat Palgrave, der seinem Namen seinem englischen Vater verdankt, den Firmensitz von der Limburger Straße nach Junkersdorf verlegt und erheblich vergrößert. Der Showroom ist ein eigener Shop innerhalb der Ausstellungsfläche von „Geliebte Möbel“.
Zusammengesuchte Einzelstücke
Hierbei handelt es sich wiederum um zusammengesuchte Einzelstücke, überwiegend Tische und Objekte aus dem Industriebereich, die der 46-Jährige manchmal umbaut oder transformiert und ihnen damit eine neue Funktion verleiht. Auf einer Gesamtfläche von circa 800 Quadratmetern sind Werkstatt, Polsterei, Restauration und Lager untergebracht. Außerdem gibt es eine Kooperation mit einer Schreinerei auf dem Gelände.
Geliebte Möbel und Clubsesselmanufaktur Robert Palgrave, Dürener Straße 422, 0221/954328, Donnerstag bis Samstag 12-18 Uhr und nach Absprache