AboAbonnieren

InklusionSportunterricht im Rollstuhl

Lesezeit 3 Minuten

Patrik Moser (2.v.l.) erklärt den Sponsoren wie die von ihnen finanzierten Rollis den Unterricht verändern. Beim Fangen spielen haben die Kinder (r.) riesigen Spaß.

Zollstock – Sarah hat noch nie in einem Rollstuhl gesessen. Doch schon nach einer Stunde in dem Sportgerät kann sie rückwärtsfahren, abrupt stoppen und die Zauberdrehung. „Dafür muss ich mich während der Fahrt nach vorne beugen, die Hände auf die Füßen legen, und dann dreht sich der Rollstuhl ganz von alleine“, erklärt die Siebenjährige. Die Zweitklässlerin aus der St. Nikolaus Grundschule hat mit ihren Klassenkameraden gerade ihre erste Stunde Rollstuhlsport absolviert.

Die inklusive Schule an der Bernkasteler Straße hat unter ihren 340 Schülern rund 50 mit einem erhöhten Förderbedarf. Drei hiervon sind auf einen Rollstuhl angewiesen. Damit die Inklusion dieser Kinder auch im Sportunterricht funktionieren kann, hat sich Sportlehrer Thomas Klinkenbusch dafür stark gemacht, dass mehrere Rollstühle für ein gemeinsames Training angeschafft werden. „Die Kinder mit einer Gehbehinderung können ohne diese Hilfen bei vielen Sportarten nicht mitmachen“, sagt der Pädagoge.

Dank der finanziellen Unterstützung dreier Sponsoren konnte die Schule jetzt neun Rollstühle im Wert von insgesamt 17 000 Euro anschaffen. In der Turnhalle des Berufskollegs an der Brüggener Straße durften Thomas Klinkenbuschs Schüler die fahrbaren Untersätze nun erstmals ausprobieren. Zurzeit findet der Sportunterricht ersatzweise in dem benachbarten Gebäude statt, da die schuleigene Halle saniert wird.

Die neuen Rollis sind gleich in doppelter Hinsicht eine Hilfe: „Wir können die gehbehinderten Schüler besser in den Sport einbinden, und die anderen können ihren Horizont erweitern und Vorurteile gegenüber dem Rollstuhl abbauen“, sagt Klinkenbusch. Viele Kinder würden mit ihm krank sein und Krankenhaus verbinden, weiß Patrik Moser. Der 24-Jährige ist wegen einer spastischen Lähmung seit seinem vierten Lebensjahr auf Hilfe bei der Fortbewegung angewiesen. Als Mitglied des Deutschen Rollstuhl Sportverbandes soll er ab dem kommenden Schuljahr eine AG an der St. Nikolaus Grundschule leiten. „Sobald die Kinder erst einmal im Rollstuhl sitzen, sehen sie ihn ganz anders – als Sportgerät, das Spaß macht“, so der Student der Sozialwissenschaften.

Viele Sportarten besitzen eine Modifikation für den Rollstuhl. Bekannt ist etwa Rollstuhl-Basketball und -Rugby, aber auch Fußball ist möglich. „Wir spielen dann mit einem großen Gymnastikball, und die Kinder dürfen den Ball mit der Hand spielen“, erklärt Wagner.

In der ersten Stunde haben die Grundschulkinder jedoch erst einmal gelernt, wie man verletzungsfrei mit dem unbekannten Sportgerät umgeht. Lara etwa weiß jetzt wie man richtig bremst: „Ich muss mit der flachen Hand auf den Griffring am Rad drücken, nicht zugreifen“, sagt die Siebenjährige. Für Chris ist das nichts Neues. Der Achtjährige hat eine Gehbehinderung und seinen eigenen Rollstuhl. In der Projekt-Sportstunde hat aber auch er eine ganz neue Erfahrung gemacht. „Beim Fangen spielen schauen die anderen sich jetzt etwas von mir ab“, berichtet er stolz.

Ab dem kommenden Schuljahr, wenn die Turnhalle der Grundschule wieder zur Verfügung steht, sollen die Rollstühle dann regelmäßig in den Sportunterricht mit einbezogen werden.