Einst Flaniermittelpunkt in Rodenkirchen, gibt das Einkaufszentrum Sommershof ein desolates Bild ab. Weitere Geschäfte verlassen den Hotspot.
„Man will uns hier nicht“Nach 35 Jahren verlässt Betten Bischoff den Sommershof
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Auch tagsüber ist nichts los. Wie ausgestorben ist der Sommershof.
Copyright: Sandra Milden
Der Tannenbaum steht neben der nicht funktionierenden Rolltreppe. Die Weihnachtsbeleuchtung hängt in leeren Gängen. Was fehlt: Kunden im Sommershof und – Weihnachten. Denn es ist Mitte Februar. So desolat sich das Bild im Sommershof zeigt, spiegelt es die Stimmung der Mieter der rund 6100 Quadratmeter Gewerbeflächen wider. Allenthalben stehen für die meisten Gewerbetreibenden im Sommershof Mieterhöhungen im Raum, sobald der Mietvertrag ausläuft. Jetzt oder in naher Zukunft. Wie sollen sie reagieren? Längst nicht alle wollen darüber sprechen, andere ziehen Konsequenzen.
2024 wechselte der Eigentümer zur jetzigen Sommershof GmbH (diese Zeitung berichtete). Es fehlt ein allgemeines Konzept für die Vermarktung. Die Rolltreppe in den ersten Stock funktioniert nicht, in der Tiefgarage hapert es am Geldautomaten, der keine Karte nimmt, wenig Licht in den Gängen bringt Besucher dazu, durch die Einkaufspassage zu hetzen. „Irgendwann gehe ich hier nicht mehr durch. Das ist abends gruselig“, sagt eine ältere Dame auf dem Weg zur Hauptstraße.
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Im Februar hängt im Sommershof immer noch die Weihnachtsbeleuchtung samt Tannenbaum.
Copyright: Sandra Milden
Enttäuschung über den Verfall des Sommershofs
„Wir waren am Anfang guter Dinge, als der Eigentümer wechselte. Es konnte ja nur besser werden“, sagt Vito Alba, Schlafberater, Bettenspezialist und seit fünf Jahren Geschäftsführer bei Betten Bischoff. Zum Zustand des Sommershof weiß Alba gar nicht, wie er sich ausdrücken soll, nimmt es dann mit Humor: „Wir haben schon überlegt, einfach ein paar Luftschlangen für Karneval über die Weihnachtsdekoration zu hängen.“
Für ihn besonders enttäuschend: „Man kann hier anmerken, was man will. Es passiert einfach gar nichts.“ Der Vermieter, so sagen sie unisono, sei nicht erreichbar. Auch eine Anfrage dieser Zeitung lässt er unbeantwortet. Betten Bischoff ist seit 35 Jahren eine Instanz im Sommershof. Alba erinnert sich an die guten Zeiten, arbeitet selbst seit 22 Jahren hier.„Samstags war hier früher richtig Rummel. Das hier war ein Zentrum, ein Ankerpunkt, mit einem tollen Branchenmix. Es gab Schuhe, Damenunterwäsche, Boutiquen. Wenn ich als Interessent hier jetzt reinkomme, sehe ich nur ein Trauerspiel. Da ist nichts Einladendes, das ist geschäftsschädigend“, so Alba.
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Nach 35 Jahren verlässt Betten Bischoff den Sommershof. Im Bild aus dem Team Anke Magner und Vito Alba.
Copyright: Sandra Milden
Das Traditionsunternehmen zieht seine Konsequenz und verlässt zum Jahresende den Sommershof. Weit kommen sie nicht, die Räumlichkeiten wurden, gegenüber der ehemaligen Postfiliale, im „Rheincarrée“ gefunden, bei einem anderen Vermieter. Dort haben sie gut 130 Quadratmeter mehr Fläche für ihr Textil- und Bettengeschäft.
Höhere Mieten bedrohen alteingesessene Unternehmen im Sommershof
Den Standort komplett zu wechseln, empfand das Unternehmen als zu riskant. „Eigentlich ist der Sommershof doch neben dem Maternusplatz das Herzstück von Rodenkirchen“, sagt Kollegin Anke Magner, die sich über den Standortwechsel freut.
Im ersten Stock schweigt ein Dienstleistungsunternehmen, das seit 14 Jahren im Sommershof arbeitet. 35 Prozent mehr Miete muss demnächst aufgebracht werden. Auf die Frage, wie man das schafft, kommt lediglich ein Achselzucken. „Wir müssen das schaffen.“
Im hinteren Teil befindet sich das „LIS“, das Labor im Sommershof. Mit Rodenkirchen als Hauptsitz werden hier Ärzte und deren Teams aus Köln und Umgebung bei der Behandlung ihrer Patienten unterstützt. Das vollautomatisierte Labor gehört als Leuchtturmprojekt zu den technisch führenden Laboratorien in Deutschland. Das Labor hat keine Kündigung, wohl aber auch eine Mieterhöhung nach Beendigung der jetzigen Vertragslaufzeit erhalten.
„Wir haben noch nicht entschieden, was wir tun. Unser vorrangiges Problem ist aber, wie sich die Situation hier entwickelt. Wir befürchten allerdings, dies ist vielleicht erst die Spitze des Eisbergs“, sagt Lothar Rütz. Der Facharzt für Allgemeinmedizin ist Mitglied der Geschäftsführung. Für das Labor sei zunächst Abwarten die Devise. Vielleicht ändert sich an der jetzigen Situation wieder etwas.
„Wir haben nicht vor, zu gehen, auch wenn wirklich fast gar nicht mehr funktioniert“, sagt Andreas van Hasselt. Der Tanzschulinhaber des Traditionsunternehmens aus Lindenthal empfängt seine Tanzschüler im ersten Stock. Sein Mietvertrag sei zunächst sicher. „Wir wollen auf jeden Fall auch kämpfen,“ so van Hasselt.
Für Vito Alba vom Team Betten Bischoff ist der Umzug ein 6er im Lotto. „Man hat das Gefühl, die wollen uns hier eh nicht.“