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Rodenkirchener RivieraRheinufer mit großer Historie

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Das städtische Strandbad Rodenkirchen wurde 1912 eröffnet. Nicht alle waren begeistert von dem freizügigen Treiben.

Rodenkirchen – „Im Büdchen an der Rodenkirchener Uferstraße am Rhein gab es Limonaden-Eis am Stiel für 20 und 30 Pfennige. Und die Kinder liefen in Baumwollbadehosen zum Rhein. Die besseren Herrschaften aus den Villen kamen natürlich mit Bademantel und Decken. So war das in den 1920er und 1930er Jahren“, erinnert sich der 92-jährige Franz Bröhl. Das Rheinufer sei belagert gewesen und die Wirtschaften randvoll. Viel hat sich diesbezüglich nicht geändert. Vor allem an Wochenenden und bei schönem Wetter kommen die Menschen in Scharen ans feine Rheinufer in Rodenkirchen, an die „kölsche Riviera“.

„Unsere Riviera“, sagt Konny Klinkner. Im Kassenhäuschen, wo die Kirchstraße auf den Leinpfad trifft, verkauft sie Tickets für Schifftouren mit der „Weissen Flotte“ nach Köln und zurück. „Ich habe den schönsten Arbeitsplatz, den es gibt“, sagt die 58-Jährige, die sich den Job mit Kollegin Ingrid Elberding teilt und seit 1965 in Rodenkirchen lebt.

Warnung vor dem Schwimmen

Die Rodenkirchener sind stolz auf „ihre“ Riviera – auf das Rheinufer, das früher nicht grün, sondern eine große Sandfläche war. Erst 1939 wurde das Areal eingesät, als das damalige Strandbad endgültig geschlossen wurde – jenes Strandbad, das bei der Eröffnung im Jahr 1912 Missfallen bei so einigen Moralaposteln erregte. Einen Sandstrand gibt es freilich auch heute noch.

Vorm Schwimmen im Fluss allerdings wird heute eindrücklich gewarnt, zu gefährlich sind die Strudel im stark befahrenen Rhein. Offizielle Warnschilder will die Stadt aufstellen, so hat es die Politik vor kurzem beschlossen. An manchen Stellen haben wohl Bürger in Eigenregie vorab schon mal kleine Warnsignets angebracht.

Geschichtsträchtige Villen säumen die Riviera, einige waren früher schon Schankwirtschaften und beherbergen heute schicke Gastronomie. Da sind das Brauhaus „Quetsch“ im Norden. Um 1907 eröffnete das Terrassen-Restaurant erstmals unter dem Namen „Zur schönen Aussicht“. Und da sind das „Treppchen“, das „Fährhaus“, die „Rheinstation“, die Traditionslokale, die sich direkt um die romanische Kapelle Alt Sankt Maternus gruppieren.

Aus dem zehnten Jahrhundert stammt die kleine Kirche, die das Wahrzeichen von Rodenkirchen ist. „Manchmal ist hier alles voller Rosenblätter“, sagt Konny Klinkner, immer dann, wenn dort in romantischem Ambiente geheiratet wird. Eine lange Geschichte liegt hinter dem Fachwerkhaus „Zum Treppchen“, die Jahreszahl 1656 steht an der Fassade. Top renoviert ist die feine Gaststätte, zu der ein Terrassenlokal gehört.

Das „Fährhaus“ direkt gegenüber entstand 1912, als sich der Kölner Yachtclub im ehemaligen „Michelshüschen“ einquartierte. Im Erdgeschoss befindet sich heute ein Terrassenrestaurant, im oberen Stockwerk residiert der Club. Die „Rheinstation“, ein Gastronomiekomplex samt „Bierbud“, war früher eine Treidelstation und Rastplatz für die Schiffer, nach 1920 wurde daraus das „Café zur alten Kapelle“, dann Kahlshof, Maternushof, später Wippenbeck. Im vergangenen Jahr lag diese frei vom Leinpfad zugängliche Außengastronomie danieder. Jetzt ist der gesamte Rheinstation-Komplex wieder geöffnet und gut besucht.

Wenn die Ausflügler mit der „Rheinperle“ und der „Rheinland“ am Bootssteg anlegen, erzählt Konny Klinkner den Fahrgästen schon mal Geschichten und Histörchen. Vom ehemaligen Hotel „Bellevue“ zum Beispiel, das ein paar Meter weiter nördlich der Anlegestelle bis zum Jahr 1969 existierte. Hans Herbert Blatzheim (1905 – 1968) war der Hotelbesitzer, seines Zeichens Kölner Großkaufmann, „Gastronomie-Zar“ und Stiefvater der Schauspielerin Romy Schneider. Sie selbst soll auch öfter dort gewesen sein samt Leibwächter – das wissen die älteren Rodenkirchener und Konny Klinkner sowieso. An der Stelle des ehemaligen Blatzheim-Hotels steht heute eine Wohnanlage.

Villa Kolvenbach als Altersheim

Zum Mehrfamilienhaus umgebaut ist auch die ehemalige „Rheinburg Homberg“, errichtet 1905. Der Kölner Schuhfabrikant Homberg residierte darin. Die Türmchen erinnern noch an die frühere „Rheinburg“. In unmittelbarer Nachbarschaft wohnte recht luxuriös der Chemiker Wilhelm Kolvenbach. Er hat die Freizeitgetränke Bluna und Afri-Cola entwickelt. Zwischenzeitlich sei die Villa Kolvenbach ein Altersheim gewesen, sagt Konny Klinkner. Heute sind dort Büros untergebracht.

Raritäten sind die Gastronomie-Bootshäuser, die am Rodenkirchener Ufer ankern: Das „Marienburger Bootshaus“, das Partyschiff „Rhein Roxy“, die „Albatros“, die „MS Rodenkirchen“ und die „Alte Liebe“. Letzteres präsentiert sich besonders stadtverliebt in seinem rot-weiß gestreiften Gewand. Das Boot wurde 1911 gebaut und bediente anfangs den Rheinverkehr mit Lebensmitteln. Mehrere Kollisionen mit einem anderen Schiff und zwei Großbrände hat es überstanden.

Vormals ankerten viel mehr Bootshäuser am Rodenkirchener Rheinufer, im Jahr 1937 waren es 21. Sie wurden überwiegend von Wassersportvereinen betrieben.

Zitate Franz Bröhl und Foto aus „Rodenkirchener erinnern sich“ und „Rodenkirchen 1950-1975, Cornelius Steckner