Meistgelesen 2022Paar mit „Hochhausfimmel“ lebt im 16. Stockwerk über dem Rhein
- Dieser Text aus unserer Serie „So wohnt Köln“ erschien erstmals am 2. März 2021. Auch 2022 gehörte er zu den meistgelesenen Inhalten unter den Kölner Themen.
- Wir haben schon Kölns schmalstes Haus besucht, ein Zelt am Rheinufer und ein Tortenstück an der Hohe Pforte.
- In dieser Folge geht es hoch hinaus in die 16. Etage des Hochhauses im Wohnpark Rodenkirchen.
Der Weg in die Wohnung von Thomas Taepke und seinem Mann Stefan Susbauer führt im Hochhaus des Wohnparks Rodenkirchen über den Aufzug. Endstation: 16. Stock. Höher geht’s nicht. Über einen breiten Flur erreicht man den Eingang. Der Panorama-Ausblick beim Eintritt durch den Flur in den Wohn-Essbereich, mit Blick auf den Rhein und die Silhouette der Stadt auf der einen und das Siebengebirge auf der anderen Seite, raubt einem den Atem.
Susbauer und Taepke erwarben 1997 zunächst eine Wohnung in der zweiten Etage des Hochhauses. Die damalige Besitzerin ihrer jetzigen Wohnung, die sie zwei Jahre später kauften, lernte das Paar im Schwimmbad kennen – ein beliebter Treff in der Wohnanlage, wo schon Freundschaften fürs Leben geschlossen wurden. „Wer hier wohnt, der zieht nicht mehr weg – allenfalls mit den Füßen voran“, sagt Susbauer.
Architektonischer Geniestreich, Grandezza der Baukunst
Vier Gebäude an der Grüngürtelstraße und Roonstraße gehören zu dem Ensemble, das wie ein symbiotisches Gebilde aus dem Boden zu wachsen scheint. Mittendrin eine Tiefgarage mit begrüntem Dach, das Schwimmbad und eine Gartenanlage für alle. „Das Gebäude ist ein architektonischer Geniestreich, eine Grandezza der Baukunst, denn man hängt nicht eng aufeinander“, sagt Susbauer.
Der Wohnpark ist für ihn bestes Beispiel für die fortschrittsorientierte Wohnbau-Architektur der späten 1960er-Jahre, geprägt von dem Wunsch der Nachkriegsgeneration nach Helligkeit, Licht und Leichtigkeit. Der Bau war von Beginn an ein Magnet für eine illustren Kreis von Bewohnern.
Auch Fassbinders Tante lebte im Wohnpark Rodenkirchen
Susbauer und Taepke haben die ein oder andere Anekdote dazu parat. „Fassi“ etwa, die Tante von Rainer Werner Fassbinder, habe regelmäßig das Schwimmbad im Ballett-Tutu besucht und mit dem Poolwasser ihr Auto gewaschen. „Sie war schrill und unkonventionell“, sagt Teapke, so wie viele der Bewohnerinnen und Bewohner, die ein Faible für das Außergewöhnliche haben.
Der Wohnpark ist für die meisten seiner Bewohnerinnen und Bewohner – Kinder sind kaum anzutreffen – daher mehr als nur ein Domizil. Man ist befreundet, isst gemeinsam zu Abend oder verreist zusammen. Im Garten gehen regelmäßig Konzerte über die Bühne – selbst im Corona-Jahr. Da hat die Verwaltung ein Hofkonzert organisiert, die Band spielte im Garten, die Bewohnerinnen und Bewohner sangen, tanzten und applaudierten auf ihren Balkonen. Jede Wohnung hat exakt den gleichen Schnitt, Bäder, Küchen, Wohn- und Schlafräume sind in allen Mehrzimmerwohnungen gleich groß. Nur das Interieur ist so unterschiedlich wie die Wohnungsbesitzer – mal modern, mal avantgardistisch, mal mediterran.
Reminiszenz an die Sechziger Jahre
Es gibt Wohnungen, die mit Marmor veredelt sind, mit Bleiverglasungen spielen oder die – wie bei Susbauer und Taepke – in Reminiszenz an das Baujahr im 1960er-Jahr-Stil eingerichtet sind. Auf 105 Quadratmetern, vier Zimmern und 36 Quadratmetern umlaufenden Balkon, haben die beiden die elegante Seite der Sechziger als Inspiration für ihre Inneneinrichtung aufgegriffen.
Ein Element ist Palisander, eine beliebte Holzart aus der Bauzeit, das sich an mehreren Stellen der Wohnung findet: Der Esstisch etwa ist daraus gefertigt und eine Wandverkleidung im Wohnzimmer. Der kleine Raum gewinnt Tiefe durch einen Kupferstich, den Taepke auf Fototapetengröße aufziehen ließ – jedes Detail ist durchdacht. Das Fenster in der kleinen Küche etwa wirkt wie ein Kajütenfenster mit Blick auf den Rhein.
Hobby-Innenarchitekten mit Hochhausfimmel
Es ist nicht die erste Wohnung, die Susbauer und Taepke, die sich selbst als Hobbyarchitekten bezeichnen, im Stil der jeweiligen Bauepoche eingerichtet haben. Stefan Susbauer war 14 Jahre lang Inhaber einer Werbeagentur, Thomas Taepke ist Grafiker. Heute bietet Susbauer umfassende Unternehmensberatung an – von Strategie- und Konzeptentwicklung bis Krisenkommunikation und Kommunikationsmanagement, unter anderem wird er auch als Interimsmanagement angefordert.
„Vor allem aber haben wir einen Hochhausfimmel“, gesteht Taepke. Eine Zeit lang lebte das Paar berufsbedingt in Peking – in einem Hochhaus, versteht sich, in der 37. Etage. Bevor die beiden nach Rodenkirchen zogen, wohnten sie im Uni-Center in Sülz, 17. Stock. „Dort haben wir die 70er-Jahre kopiert“, sagt Susbauer. Auch eine Wohnung im Colonia-Hochhaus und im Walter-Gropius-Haus am Berliner Tiergarten gehören in ihren Besitz.
Die Nebenkosten im Rodenkirchener Domizil sind hoch. Zwei Hausmeister kümmern sich um die Anlage, ein Techniker ist vor Ort und auch ein Objektmanager. 500 Euro sind dafür pro Monat fällig. Dennoch haben die meisten der einstigen Mieterinnen und Mieter direkt zugeschlagen, als man 1996 begann, die Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwidmen. „Die Lage überzeugt eben im gleichen Maße wie die Nachbarschaft“, sagt Susbauer.
5000 bis 7000 Euro pro Quadratmeter
„Trotz des hohen Wohngeldes ist das Objekt auf jeden Fall eine sehr gute Kapitalanlage“, bestätigt Immobilienexpertin Anja Senff, Geschäftsinhaberin von Domizil Immobilien. Rund 5000 Euro für den Quadratmeter sind nach ihrer Expertise ein realistischer Preis, in Spitzenlagen mit Aussicht und je nach Ausstattung sind bis zu 7000 Euro erzielbar.
Eine der letzten großen Investitionen waren die Balkonsanierungen. Jetzt erstrahlt das Gebäudeensemble im alten Glanz. Besonders im Sommer fügen sich die dunkelgrünen Fassaden mit den weißen Balkonen und orangen Markisen in das mondäne Bild der Rodenkirchener Riviera ein, die den nördlichen Abschluss der Rheinuferpromenade markiert.
Weitere Projekte sind in Planung. Thomas Taepke hat in seiner Beiratsfunktion bereits ein Konzept ausgearbeitet, um den Park neu zu gestalten und dabei den „historischen“ Brunnen im Garten zu aktivieren. „Ein solcher Wohnkomplex ist wie ein großer Ozeandampfer. Es gibt immer viel zu tun“, sagt Taepke.
Dieser Text aus unserer Serie „So wohnt Köln“ erschien erstmals am 2. März 2021