Sozialarbeiter Amir Raksh-BaharAls Streetworker im Problembezirk Kölnberg

Amir Rakhsh-Bahar vor einem der Hochhäuser des Kölnbergs. Seit kurzem ist der 28-Jährige hier als Streetworker tätig.
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Köln – Dort, wo nach dem Wunsch von Amir Rakhsh-Bahar einmal das Herz vom Kölnberg schlagen soll, ragen verbogene Metallstangen aus dem Boden, Löcher im Asphalt wurden zigmal geflickt und sind wieder aufgeplatzt. „Letztens ist hier ein Zaun auf ein Kind gefallen“, erzählt der gebürtige Iraner. „Woanders hätte man das Kicken längst verboten. Aber hier kümmert das keinen.“
Der 28-Jährige schüttelt den Kopf. Wenn er spricht, gestikuliert er mit Händen und Armen. Man spürt, wie sehr ihn die Missstände in der Siedlung umtreiben. Rakhsh-Bahar ist hier aufgewachsen, mitten im Viertel, zwischen Hochhäusern und dem völlig heruntergekommenen Fußballplatz. Jetzt hat er die Chance, etwas zu bewegen: Seit kurzem ist der staatlich anerkannte Erzieher hauptamtlicher Streetworker im Viertel – der einzige in dem südlichen Problembezirk.
Zuständig für 500 Jugendliche
Er ist zuständig für schätzungsweise 500 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die hier leben. Rakhsh-Bahar vermittelt sie in Bewerbungstrainings, hilft ihnen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder bei Behördengängen. Oder er hört ihnen einfach nur zu, wenn sie von Problemen mit Freunden, Eltern oder der Polizei berichten. Und die bleiben nicht aus, wenn Tausende Menschen aus 60 Nationen auf so engem Raum zusammenleben. Rakhsh-Bahars tiefe Verwurzelung im Viertel ist sein großer Vorteil. „Teilweise kenne ich die Eltern der Jugendlichen ja noch von früher, wir sind hier zusammen groß geworden.“
Seine Stelle teilt er sich mit einer Mitarbeiterin der Drogenhilfe Köln e.V., die in Meschenich Suchtprävention betreibt. Angebunden ist Amir Rakhsh-Bahar an das örtliche Kinder- und Jugendzentrum, hier verbringt er die andere Hälfte seiner Arbeitszeit. Leiterin Azbiye Kokol und ihre Mitarbeiter betreuen bis zu 100 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende. „Aber wir erreichen nicht alle“, sagt Kokol. Manche trauen sich nicht ins Jugendzentrum, andere wollen nicht, wieder andere haben hier Hausverbot. Um sie alle kümmert sich nun der 28-jährige Streetworker.
Stadt Köln soll Finanzierung übernehmen
„Guck dir das an“, sagt Amir Rakhsh-Bahar und zeigt auf einen Metallzaun, der den Fußballplatz umrahmt. Er ist auf Brusthöhe abgebrochen. „Wenn da beim Spielen jemand draufknallt ... nicht auszudenken.“ Nachmittags ist der Platz voll mit Kindern, trotz des desolaten Zustands. Amir Rakhsh-Bahar hat Angebote von Baufirmen eingeholt, 34.000 Euro würde eine Komplettsanierung samt Kunstrasen und Beleuchtung kosten, erzählt er. Nun will er Sponsoren finden. „Das muss doch zu machen sein. Das ist der zentrale Platz im Viertel. Und auf dem Rasen daneben könnten die Eltern sitzen und Picknick machen. So stelle ich mir das vor.“
Die Hausverwaltung SHV, die mehrere Häuser am Kölnberg betreut, habe ihm versprochen, sich um die Pflege des neuen Platzes zu kümmern. Auch auf sein Betreiben hin hat die SHV zuletzt schon die Sauberkeit im Viertel erhöht, Büsche und Bäume gestutzt. Die Zusammenarbeit funktioniere gut, sagt Rakhsh-Bahar.
Alle paar Meter bleibt er stehen, begrüßt Eltern oder Jugendliche mit Handschlag. Ein Plausch hier, ein kurzes Telefonat da. Als eine Gruppe muskelbepackter junger Männer die Reporter sieht, verfinstern sich ihre Mienen schlagartig. Rakhsh-Bahar lacht. „Keine Sorge. Die denken wahrscheinlich, ihr seid von der Kripo.“
Ziel sei es, dass seine Stelle möglichst bald konstant von der Stadt Köln bezahlt werde, sagt der Sozialarbeiter. Bis Frühjahr 2016 übernimmt die Finanzierung „wir helfen“, die Aktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Was danach passiert, steht in den Sternen. Schon der bis dato letzte Streetworker am Kölnberg, Franco Clemens, musste vor zwei Jahren gehen, weil das Geld fehlte. Er ist froh, dass es jetzt Amir Rakhsh-Bahar gibt. „Nachhaltigkeit“, sagt Clemens, „ist gerade in diesem Job extrem wichtig.“