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Studenten haben Dokumentation in Meschenich gedrehtFilm über die vielen Gesichter des Kölnbergs wird Kino-Hit

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Vier Protagonisten begleiteten die die Studenten in ihrer Langzeitdokumentation. Dabei entstanden sehr persönliche Porträts.

Meschenich – Einen fertig ausgearbeiteten Plan für ihren Film hatten die Filmstudenten nicht. „Zuerst haben wir einfach Menschen auf ihren Balkonen gefilmt“, versuchen die Jungregisseure Laurentia Genske (25) und Robin Humboldt eine erste Erklärung. Sie wollten die Anwohner der Hochhaussiedlung „Am Kölnberg“ porträtieren, hinter ihre Fassade blicken. Am Ende wurden daraus drei Jahre und ein Werk, das Menschen in einem Alltag aus Sucht, Arbeitslosigkeit und Prostitution einfühlsam vorstellt.

Für seine Regisseure völlig überraschend hat sich der Streifen zu ihrem ersten großen Erfolg entwickelt. Der Gewinner des Deutschen Dokumentarfilmpreises 2015 läuft bereits seit acht Monaten in Kölner Kinos. Eine weitere Chance, „Am Kölnberg“ zu sehen, gibt es während der „Kölschen Filmmatinée“ am Sonntag, 8. November, wo der Streifen inklusive einer Gesprächsrunde mit den Machern im Südstadt-Kino Odeon gezeigt wird.

Protagonisten über Lebensmittelausgabe gesucht

Beim Gespräch im Café am Bauturm lässt sich Filmstudent Humboldt, blonde Haare, Neil-Young-T-Shirt, tief in das rote Sofa sinken. Regiepartnerin Genske nippt in Gesprächspausen an ihrem Chai Latte. Im Nachhinein können die beiden nicht genau sagen, wie die Idee zu der Dokumentation entstand. Der in den 70er Jahren erbaute Hochhäuserkomplex ist als sozialer Brennpunkt verschrien – allein das fasziniere, sagt Humboldt. Ihre Protagonisten fanden die Filmemacher über die Lebensmittelausgabe „Aktion Brotkorb“ der Kölner Tafeln.

„Die Mitarbeiter kennen alle Gäste und konnten uns erzählen, wer spannend ist“, berichtet Humboldt. So lernten sie Hundeliebhaberin Martha und Alkoholiker Karl-Heinz kennen. Bei der Beratungsstelle „Vision“ entdeckten sie Bilder und Gedichte der Prostituierten Sabine. „Wir dachten uns: Das muss eine spannende Frau sein“, so Humboldt. Hundeliebhaberin Martha vermittelte sie an Künstlerin Marianna – ein Glücksgriff. „Sie ist so eine coole Oma“, sagt Genske.

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Der Dreh begann umgehend. Ohne Script hingen die Dreharbeiten von der Stimmung der Protagonisten ab. Häufig blieben die Haustüren allerdings geschlossen. „Nur jedes dritte oder vierte Mal konnten wir die Kamera überhaupt auspacken“, berichtet Humboldt. Zweimal überlegten sie, frustriert den Film abzubrechen. Zufällig entstanden dann aber wieder interessante Szenen. Gerade die drogenabhängige Sabine gab mitunter intime Einblicke in ihre Jugend – ohne dass die Genske und Humboldt sie danach gefragt hätten.

Nach dem Motto: „weniger abstempeln, mehr hinschauen“ wollten die Studenten die Hoffnung der Bewohner auf eine bessere Zukunft und den Spaß am Leben in ihrer Dokumentation hervorheben. „Wir wollten zeigen, dass es sich lohnt hinzugucken, auch bei Menschen, die gesellschaftlich mit Vorurteilen belastet werden“, sagt Co-Regisseurin Genske.

Ihre ganze Freizeit verbrachten die beiden am Kölnberg, allerdings zuerst nur in den Wohnungen der Protagonisten. Außerhalb ihrer eigenen vier Wände wollten sie nicht drehen. Kamerateams seien in der Hochhaussiedlung unbeliebt, da sie ständig „irgendeinen Ghetto-Report filmen“, erläutert Humboldt. Nur Sabine und Martha überwanden sich – und ernteten Pöbeleien von anderen Bewohner des Mietshochhauses. „Das waren wirklich die unangenehmsten Momente“, erinnert sich der Regisseur.

Nach den Dreharbeiten schickten die Studenten die Dokumentation an das Filmfestival Dok Leipzig. Auf die lobende Erwähnung der Festivaljury folgte der Kinostart im März. Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden verlieh ihr das Prädikat „besonders wertvoll“. Nun wollen ARD und SWR den Film ins Fernsehen bringen. Bei vielen Vorstellungen bemüht sich Genske selbst anwesend zu sein. Bei solchen Publikumsgesprächen ist sie an eine Frage schon gewöhnt: Warum sind alle Hauptfiguren deutsch? Die Antwort der Filmemacherin ist gut erprobt: „Wir wollten das Besondere an Menschen zeigen, die am Rande der Gesellschaft leben“, sagt sie. Nie habe der Film den Kölnberg repräsentativ darstellen sollen. „Wir haben uns einfach vier starke Charaktere herausgepickt.“

Nach dem Trubel der vergangenen Monate genehmigen sich die zwei im Sommer eine längere Schaffenspause. Während Genske nun weiterstudiert, ist Absolvent Humboldt noch ohne konkrete Nachfolgebeschäftigung. Beim Film aber soll es wohl bleiben. „Am Kölnberg“ sei der perfekte Türöffner für neue Projekte.