UrteilMieter verlieren Kampf um Villa
Bayenthal – Kurz vor seinem 60. Geburtstag hat Albert Sünder nun Gewissheit: Er muss sein WG-Zimmer in der alten Villa an der Schönhauser Straße räumen. Im Berufungsverfahren gab das Landgericht den neuen Eigentümern recht.
Ihre Kündigung aus dem Februar 2017 ist damit rechtskräftig, ein Einspruch nicht mehr möglich. "Wir werden ausziehen", sagte Sünder im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Als Termin haben er und sein Vermieter sich auf den 30. April geeinigt.
Garten im Frühjahr gerodet
Mit Sünder müssen auch seine fünf Untermieter das Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz steht, verlassen. Es soll demnächst abgerissen werden. Den Garten ließen die neuen Eigentümer bereits im vorigen Frühjahr roden.
Sie haben einen Vertrag mit dem Wohnungsamt abgeschlossen. Danach vermieten sie die 25 geplanten Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingen an die Stadt zu einem Quadratmeterpreis von 8,25 Euro. Die vermietete Fläche versechsfacht sich nach ihren Angaben. Die Wohnungen werden gebraucht, sagt die Stadt.
"Trotz sinkender Flüchtlingszahlen leben immer noch circa 1600 Personen in den Notaufnahmen und -unterkünften sowie circa 2200 Personen in Hotels, für die dringend Wohnraum benötigt wird", teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Bis zu 70 Personen sollen in dem auf dem Grundstück der Villa geplanten Neubau eine Bleibe finden. In erster Instanz hatte das Amtsgericht noch zugunsten der Mieter entschieden, die Kündigung für unwirksam erklärt. Das Landgericht entschied anders.
Derartige Fälle eher selten
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Vermieter an der "angemessenen wirtschaftlichen Verwertung" ihres Eigentums gehindert sind, wenn sie die alte Villa nicht abreißen können. Ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch erlaubt eine Kündigung in solchen Fällen. Die seien in Köln sehr selten, sagt Hans Jörg Depel vom Kölner Mieterverein.
Er berichtet von wenigen Dutzend Fällen im Jahr - viel weniger als Kündigungen wegen Eigenbedarfs. Allerdings müssten die Eigentümer jeweils ganz konkret argumentieren. Und das haben sie in diesem Fall nach Ansicht des Gerichts getan. In der Urteilsbegründung rechnen die Richter vor, dass die Mieterlöse nicht reichen, um Gewinn zu erzielen. Sie lassen dabei zunächst außer Acht, dass Mieter und Vermieter darum stritten, wie groß der Sanierungsbedarf im mehr als 90 Jahre alten Haus ist. Als Ausgaben führen sie vor allem die Finanzierungskosten an, also die Zinsen für die Kredite, mit denen die Immobilienfirma Haus und Grundstück 2015 von der vorherigen Eigentümerin, einer Privatperson, erworben hat. Dadurch sei die Vermietung nicht rentabel.
Mieter enttäuscht
Sünder, der seit 34 Jahren in dem Haus wohnt, ist enttäuscht. Das Gericht habe seine Darstellungen, Gutachten, Berechnungen und Argumente ignoriert, beklagt er. Außerdem hätten die Richter außer Acht gelassen, dass das Grundstück ohnehin enorm an Wert gewinnen werde, sobald die Umgebung bebaut ist. Er bezieht sich damit auf die Pläne für die Parkstadt Süd, die - wenn auch wohl mit einiger Verzögerung - in den nächsten Jahren im Areal zwischen Großmarkt und Rhein entstehen soll. Sie erstreckt sich bis zum Grundstück auf der anderen Seite der Schönhauser Straße.