Wasser in KölnDer Rhein ist unberechenbar

Vorbildlich ausgerüstet: Mit Schwimmweste und Helm wagen sich diese Kanuten aufs Wasser.
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Köln – Darf ich das? Darf ich einfach in ein Kanu steigen und auf dem Rhein herumpaddeln? Ja, ich darf. Viel wichtiger ist deshalb die Frage: Kann ich das? Denn: Der Rhein als Bundeswasserstraße ist zunächst mal eine große Verkehrsader, ungemein wichtig für den Warentransport. Berufsschiffern fällt beim Anblick kreuz und quer über den Rhein schippernder Kanus gern der Vergleich mit einer Bundesautobahn ein. Dort dürfe man ja auch nicht mal eben einen Sonntagsausflug mit Kind und Kegel per Fahrrad unternehmen.
Aber auf dem Rhein darf man. Weil er eben nicht nur eine Verkehrsader ist, sondern auch ein Stück Natur mitten in Köln. Karsten Klophaus, Leiter der Kölner Wasserschutzpolizei, findet das in Ordnung, er bekommt auch nicht jedes Mal schlechte Laune, wenn er ein Kanu auf dem Rhein entdeckt. Dann hätte er auch einiges zu tun, denn an den Kölner Rheinufern reihen sich die Kanu- und auch Rudervereine dicht aneinander. Spitzen- und Breitensportler drehen regelmäßig ihre Runden auf dem Fluss, sie fahren von ihrem jeweiligen Bootshaus fünf bis zehn Kilometer auf- und wieder abwärts. Manchmal auch ab- und wieder aufwärts, aber lieber andersherum, weil sie dann, wenn ihnen am Ende der Trainingseinheit die Kräfte schwinden, von der Strömung automatisch zurück zum heimischen Bootshaus getrieben werden.
„Die Vereinskanuten wissen in der Regel, wie hier die Schifffahrt funktioniert, da gibt es keine Probleme“, sagt Klophaus. Weniger erfahrene Wochenendpaddler unterschätzten die Tücken des an einem sonnigen Tag so harmlos wirkenden Rheins allerdings oft. So sehen das auch die beiden Wildwasser-Weltmeister Stephan Stiefenhöfer (Blau-Weiß Köln) und Markus Gickler (KSK-Team). Beide haben im täglichen Training schon viele Tausend Kilometer im Kanu auf dem Rhein zurückgelegt, sie kennen den Fluss bei jedem Wetter und jedem Wasserstand, und beide empfehlen Anfängern dringend, nicht allein auf dem Rhein zu üben, sondern sich einem Verein oder einer Kanuschule anzuschließen.
Der Ruderer sitzt mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf einem Rollsitz. Er bewegt sich mit Rudern, die in Dollen an Auslegern stecken, fort. Zieht er mit beiden Händen an einem Ruder, ist das ein Riemen. Hat er in jeder Hand ein Ruder, sind das Skulls.
Der Sportler kniet (Wettkampfboote) tief in seinem Kanu oder sitzt (Wandercanadier) auf einer erhöhten Bank, er hat ein Stechpaddel, also ein Paddel mit einem Blatt, das auf einer Seite eingetaucht wird. Dass die Seite gewechselt werden muss, ist ein Irrtum. Das Geheimnis des Geradeausfahrens sind die richtigen Steuerschläge.
Der Sportler sitzt im Boot, hat die Beine lang nach vorn gestreckt und bewegt sich mit einem Doppelpaddel vorn.
Dabei handelt es sich nicht um eine bestimmte Bootsgattung, sondern um den Oberbegriff für alle mit einem Paddel fortzubewegenden Boote, der Kanute blickt in Fahrtrichtung.
Es wird nie langweilig
„Vor allem die Kraft der Strömung und die Geschwindigkeit der Schiffe werden oft unterschätzt“, sagt Stiefenhöfer. „Wer in der Mitte des Rheins kentert, schafft es oft erst nach mehreren Kilometern ans Ufer.“ Karsten Klophaus ergänzt: „An Brückenpfeilern, Fahrwassertonnen und Kribben, diesen quer zum Ufer in den Fluss ragenden Steindämmen, gibt es wechselnde Strömungen, damit muss man sich auskennen.“ Sonst wird das eigene Kanu womöglich unverhofft in eine nicht erwünschte Richtung gezogen – und urplötzlich befindet man sich auf Kollisionskurs mit dem Hindernis, oder, noch schlimmer, mit einem Frachtschiff.
Im Prinzip gelten auch für Kanuten, Ruderer, Segler oder Surfer die Regeln der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, aber merken müssen sie sich eigentlich nur: Freizeitboote haben sich der Berufsschifffahrt unterzuordnen. Sie sollten sich also außerhalb der Fahrtrinne fortbewegen und beim Kreuzen des Flusses darauf achten, nach vorn und hinten genug Abstand zum nächsten Schiff zu haben. Klophaus warnt auch vor je nach Windbedingungen und Schiffsaufkommen durchaus mal hochseeartigen Bedingungen: „Wir haben auf dem Rhein manchmal Wellentäler von bis zu zwei Metern.“ Er rät deshalb, immer zumindest eine leichte Schwimmweste überzuziehen. „Wenn man kentert, hilft sie über den ersten Schock hinweg.“
Eine Sondergenehmigung erlaubt dem Yacht Club, sportliche Wettfahrten für Kinder und Jugendliche auf dem Decksteiner Weiher (Opti-Köln-Cup) zu veranstalten. Der Köln-Cup für Erwachsene wird auf dem Ijsselmeer ausgetragen.
Nachwuchsförderung betreibt der Club in Kooperation mit der Sportseeschifferschule Köln, an der Scheine für alle Bootsklassen erworben werden können.Der Verein hat clubeigene Segel- und Motorboote auf den Revieren Rhein, Liblarer See und Rursee, die tageweise für Touren ausgeliehen werden können.
In Nordrhein-Westfalen gibt es 280 Segelclubs und 35 000 organisierte Segler. Der Kölner Yacht Club wurde am 27. Januar 1900 gegründet und ist mit mehr als 200 aktiven Mitglieder Kölns größter Segelsportverein. Das Clubhaus liegt direkt am Rhein in Rodenkirchen. Die wöchentlichen Treffen an jedem Donnerstag stehen allen offen, die mit dem Segelsport in Kontakt kommen möchten.
Für Markus Gickler ist die Unberechenbarkeit des Rheins der Grund, den Fluss zu lieben und noch heute, nach Beendigung seiner Leistungssport-Karriere, viele Stunden im Kajak zu verbringen. Er sagt: „Es wird nie langweilig, wir haben ständig andere Bedingungen, es kommen Schiffe, der Wasserstand wechselt, die Windrichtung variiert.“ Stephan Stiefenhöfer, inzwischen Veranstalter von Kanukursen für Anfänger, ist nach wie vor fasziniert von der Kulisse. Er sagt: „Oben am Weißer Rheinbogen hat man wunderschöne Natur, dann fährt man flussabwärts auf die Innenstadt zu, der Dom taucht auf, man erlebt Köln aus einer tollen Perspektive, das hat man sonst nirgends.“