Rückkehr nach CoronaFreude, Qualen und ein Schreckmoment beim Köln Marathon 2022
Köln – Seine Bestzeit hat er verpasst, aber alle Zweifel besiegt. Als Klaus aus der Eifel nach gut 3:16 Stunden auf der Komödienstraße ins Ziel läuft, hat der 59-Jährige geschafft, woran vor drei Wochen noch kaum zu denken war. Da lag Klaus, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, zur Beobachtung im Krankenhaus. Wieder das Herz, war die Befürchtung, wie damals 2018 in Berlin, als er wegen einer bis dahin nicht entdeckten Herzmuskelentzündung während eines Marathons in Ohnmacht fiel.
So war auch heute der Start lange ungewiss, ebenso seine Ambitionen, jemals wieder eine so lange Strecke laufen zu können. Doch die Schmerzen waren bald weg, die Befunde gut, alle Werte unauffällig. Dass er sein Ziel von unter drei Stunden verfehlt, ist Klaus an diesem Sonntag fast egal.
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Gut vier Stunden zuvor fiel am Deutzer Bahnhof der erste Startschuss des Tages. Zunächst begann der Halbmarathon über die Distanz von gut 21 Kilometer, um 10 Uhr dann im Nieselregen das Hauptevent, der Marathon über 42,195 Kilometer. Zwei Jahre war die größte Sportveranstaltung der Stadt wegen Corona ausgefallen. Knapp 17.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich für eine der beiden Distanzen angemeldet, gut 12.000 kamen ins Ziel. Zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer an der Strecke in der Innenstadt, der Südstadt, Rodenkirchen, Sülz, Ehrenfeld und Nippes bejubelten die Läuferinnen und Läufer.
Publikum in Köln gelobt
Es ist 9.45 Uhr, als das Hauptfeld des Halbmarathons die Kreuzung Aachener Straße/Universitätsstraße passiert. „Bisschen lauter, ey, wat is dat denn hier?“, kommentiert ein bärtiger Läufer den eher dünnen Applaus vom Straßenrand.
Währenddessen warten Fußgänger, Radfahrerinnen und Lastenrad-Fahrer immer wieder eine Lücke im Feld ab, um mal eben schnell die Aachener Straße zu überqueren. Dabei geschieht der ein oder andere Beinahe-Unfall, es kommt aber niemand zu Fall. Ein stämmiger Halbmarathon-Läufer im neongelben Shirt hat unterdessen etwas mehr als die Hälfte der Strecke hinter sich, als am Aachener Weiher sein Handy klingelt. Er fummelt an seinem Ohrstöpsel, ruft: „Einen wunderschönen guten Morgen, Basti, ist gerade bisschen schlecht“ und lacht – wie auch die Zuschauer am Straßenrand.
Glücklich kommt Philipp (Name geändert) aus Holland in knapp unter drei Stunden ins Ziel. Es war sein dritter großer Marathon nach Amsterdam und Valencia. Seine Bestzeit hatte er in den Niederlanden gelaufen, wo es deutlich weniger Steigung und Gefälle gibt als in Köln. Aber hier, sagt Philipp, sei das Publikum größer und euphorischer als er es bisher gekannt habe. „Das trägt einen auch dann, wenn es anfängt, richtig wehzutun, so ab Kilometer 35“, sagt er. Eine Läuferin kommt strahlend aus der Zielzone und fragt: „Wo kann man sich hier fürs nächste Jahr anmelden“?
Schreckmoment am Mediapark
Deutlich mehr kämpfen müssen diejenigen, die weiter hinten im Feld sind. Am Rudolfplatz prallen am Vormittag drei Laufwelten aufeinander. Während um kurz nach 12 Uhr bei Kilometer 15 das letzte Drittel des Feldes auf der Südseite des Platzes auf die Ringe Richtung Zülpicher Platz abbiegt, kommen von der Richard-Wagner-Straße deutlich schnellere Gruppen in Richtung Hohenzollernring bei Kilometer 24. Gleichzeitig warten auf einer Bühne an der Hahnentorburg wenige Kilometer vor dem Ziel schon Zuschauer auf die Spitzenläufer. Als diese die Nordseite des Neumarkts passieren, kehren die AWB hinter dem Besenwagen die Straße, und die Absperrgitter werden entfernt.
Mit ihrer Mutter Astrid steht Julia auf der Kyffhäuserstraße mit einem ausgedruckten Routenverlauf und plant exakt die Unterstützung für ihren Ehemann Julian, der gerade vorbeiläuft und sich ein Küsschen abholt. Julia und Astrid studieren den Plan und überlegen, wo sie als nächstes hin sollen.
Einen Schreckmoment gibt es am Mediapark. Dort bricht ein Teilnehmer des Halbmarathons zusammen und muss reanimiert werden. Ein Augenzeuge berichtet, der Mann sei auf der Erftstraße ungefähr bei Kilometer 18 plötzlich umgekippt. Ein weiterer Läufer sowie eine Läuferin, eine Ärztin, hätten sich um den Mann gekümmert. Mehrere Minuten später seien ein Rettungswagen und ein Notarzt gekommen. Der Zeuge half, das Teilnehmerfeld über den Gehweg am Unglücksort vorbeizuleiten, der Läufer wurde ins Krankenhaus gebracht. Am Nachmittag dann die erlösende Nachricht: Sein Zustand ist wohl stabil.