AboAbonnieren

Olympia in KölnEin ruhiger Puls ist das Geheimnis der Kölner Sportschützen

Lesezeit 6 Minuten
Sportschützen trainieren mit dem Gewehr an einem Schießstand.

Stefan Fuhrmann (l.) ist dreimaliger Deutscher Meister mit der Armbrust, mit dem Luftgewehr wurde er Landesmeister.

In Köln trainieren deutsche Meister und Landesmeister das Schießen. Geschossen wird hier mit Gewehr oder Armbrust.

Neben Schwimmen, Handball oder Leichtathetik ist Sportschießen eine der Sportarten, die während der Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris ausgetragen wird. Auch in Köln und der Region gibt es einige Vereine, die den Sport betreiben.

Und so herrscht auf dem Schießstand der Sportschützen Köln-Stammheim reges Treiben. Während sich einige Schützinnen und Schützen noch ihre Ausrüstung anziehen, stehen andere bereits an Ständen, beladen ihre Luftgewehre und -pistolen mit Munition oder versuchen bereits, das Ziel in zehn Meter Entfernung zu treffen. Mitten unter ihnen ist Vereinssportleiter und Sportschütze Reiner Lützenkirchen.

Er betreibt den Sport, seitdem er sechs Jahre alt ist, hat ihn gewissermaßen „über die Muttermilch“ aufgenommen, wie er sagt. Die Liebe zur Sportart kam durch seine Eltern und Großeltern. Seine Mutter sei sogar in der Nationalmannschaft gewesen.

Köln: Diese Disziplinen trainieren die Stammheimer Sportschützen

Die Stammheimer Schützen trainieren laut dem Vereinssportleiter unter anderem die Disziplinen Luftpistole und Luftgewehr 10 Meter, Kleinkaliber Dreistellungskampf auf 50 Meter und Armbrust. Mit der Armbrust auf 30 Meter wurde Reiner Lützenkirchen 2017 Vize-Weltmeister. Olympisch ist das Schießen mit der Armbrust jedoch nicht, dafür aber das Schießen mit dem Luftgewehr und der Luftpistole.

Bevor die Sportschützen mit ihrem Training starten können, ist einiges an Vorbereitung nötig. So müssen sie ihre Sportwaffen zunächst mit Munition aus Blei beladen, sogenannten Diabolos. „Wir betreiben im Vorfeld relativ viel Aufwand“, sagt Lützenkirchen. Aufgrund ihrer Beschaffenheit aus Schwermetall, gilt auch: „Nach dem Schießen Händewaschen“, macht der Sportschütze deutlich.

„Ziel ist es, den schwarzen Punk da hinten zu treffen“, erklärt er weiter. Auch diese Zielscheibe ist aus Blei. Die Bolzen bleiben beim Schuss darin stecken. Wie nah man das Ziel getroffen hat, wird dem Schützen direkt nach dem Schuss über den elektronischen Bildschirm angezeigt. Einzig die Armbrust-Schießstände sind nicht elektronisch.

Ein Bildschirm

Ihre Schüsse sehen die Sportschützen direkt auf einem elektronischen Bildschirm.

Während einige Schützen im Training mit der Luftpistole Sportkleidung und Halbschuhe tragen, trainieren die Schützen mit Gewehr in professioneller Schießkleidung, bestehend aus Schuhen, Hose und Jacken. Die Jacke müsse sieben Zentimeter überlappen, erklärt Lützenkirchen. Die Schuhe hätten eine größere Fläche und einen Belag, mit dem man nicht rutscht.

Sportschießen: Darin liegt die Schwierigkeit

Gezielt wird mit einem Auge. Und so fällt auf, dass insbesondere die jungen Kölner Schützinnen und Schützen auf der Anlage in Stammheim über dem anderen Auge eine Abdeckung tragen. „Ein Auge zuzuhalten, wird auf Dauer anstrengend“, erklärt Lützenkirchen.

Ein Mann auf einer Schießsportanlage.

Vereinssportleiter Reiner Lützenkirchen betreibt den Sport, seitdem er sechs Jahre alt ist.

Die Schwierigkeit bei der Sportart ist aber eine ganz andere: „Das Sportgerät und den Körper in Einklang zu bringen, das ist die Herausforderung“, sagte Reiner Lützenkirchen. „Über die Atemtechnik versuchen wir, den Puls herunterzufahren.“ Es gehöre es dazu, Fehler zu machen und die dann zu analysieren.

Junger Sportschütze: „Konzentration macht mich ruhiger und entspannter“

Einer von Lützenkirchens Schützlingen ist Fynn Weber. Aktuell ist er mit gerade einmal 16 Jahren Landesmeister. Dabei habe er erst 2019 mit dem Sport angefangen, wie er erzählt. Doch er möchte noch mehr: Er will in den Rheinland-Kader. Kleinkaliberschießen ist dabei die Voraussetzung. Deshalb trainiert er mit dem Gewehr den Kleinkaliber-Dreistellungskampf, also stehend, kniend und liegend.

Der 16-jährige Fynn Weber ist Landesmeister.

Eine der drei Disziplinen, stehend, hat er bereits trainiert, nun steht liegend auf dem Plan. Bereits die ersten Schüsse gehen ins Schwarze. „Fürs erste Mal ist das phänomenal“, sagt Reiner Lützenkirchen. Auch die Eltern des Schützen sind begeistert. Beim nächsten Mal geht es an die dritte Disziplin, kniend. Das sei die aufwendigste Disziplin, sagt Lützenkirchen.

Ein Schütze mit einem Gewehr.

Fynn Weber trainiert stehend, kniend und liegend.

Wie Reiner Lützenkirchen ist auch Fynn Weber durch seine Familie und seinen Vater zum Sport gekommen. Was ihm an der Sportart am besten gefällt? „Die Konzentration, die ich aufbringen muss, macht mich ruhiger und entspannter.“ Wichtig ist dem 16-Jährigen aber auch „das Zusammensein im Verein und das Familiäre“.

Schießen: Für wen ist die Sportart geeignet?

Generell legen die Stammheimer Sportschützen laut dem Vereinssportleiter nicht nur Wert auf den Leistungs-, sondern auch auf den Breitensport. „Wir versuchen, Wettkämpfe mit Sightseeing zu vereinen. Das gesellige Leben kommt bestimmt auch nicht zu kurz.“ Zudem finden Trainingsspiele oder Wettkampf-Simulationen statt.

Wenn es nach Reiner Lützenkirchen geht, ist der Schießsport „für alle von jung bis alt“ geeignet. Nach dem Waffengesetz dürften junge Schützen ab zwölf Jahren schießen, mit Ausnahmegenehmigung ab zehn Jahren. Jüngere Schützinnen und Schützen können dafür mit dem Lichtgewehr trainieren. Für seine jüngeren Mitglieder bietet der Verein auch Mini- oder Bambini-Meisterschaften an. Das älteste Vereinsmitglied sei 87 Jahre alt, sagt der Vereinssportleiter.

Der Schießsport sei jedoch auch ein teures Hobby, räumt er ein. Ein High-End-Luftgewehr koste fast 5000 Euro, ein mittelpreisiges gebe es für etwa 2000 bis 2500 Euro. „Für die Jugend haben wir alles an Equipment da, was sie brauchen“, sagt er.


Glossar zum Schießsport

  1. Bullseye: das Ziel, das die Schützen treffen müssen 
  2. Diabolo: die Munition, mit der die Sportwaffen befüllt werden 
  3. Musch: ein Volltreffer im Schießsport

Trainingszeiten

Die Sportschützen Köln-Stammheim trainieren mittwochs und donnerstags ab 17 Uhr am Schießstand an der Egonstraße 23 in Köln-Stammheim. Bei Bedarf weitere gibt es weitere Trainingszeiten. Weitere Informationen gibt es hier.


Schießsport bei Olympia

Mit Ausnahme von 1904 und 1928 ist das Schießen seit den ersten Sommerspielen 1896 in Athen ein fester Bestandteil der Spiele. Am Anfang gab es fünf Schießwettbewerbe, mittlerweile gibt es 15 Wettkämpfe. In diesem Jahr treten bei den Olympischen Spielen in Paris Schützinnen und Schützen aus mehr als 100 Nationalen Olympischen Komitees an.

Bei den Olympischen Spielen gibt es drei Schießdisziplinen: Gewehr, Pistole und Flinte. Die Wettkämpfe mit Gewehr und Pistole finden jeweils auf Schießständen im Schießzentrum Chateauroux statt. Die Athletinnen und Athleten schießen aus zehn, 25 und 50 Metern Entfernung. Für Gewehr und Pistole gibt drei Schusspositionen: stehend, liegend und auf den Knien, mit einem Ellenbogen auf dem Knie abgestützt. Im Gegensatz zu den Wettkämpfen mit Gewehr und Pistole werden die mit Flinte im Freien ausgetragen, da die Athleten auf fliegende Ziele schießen.

Um die Mitte, das sogenannte Bullseye, so genau wie möglich zu treffen, haben die Schützinnen und Schützen einen besonderen Trick: Sie machen Entspannungstechniken, um ihren Herzschlag zu senken.

Olympisches Schießen: Dann werden die Wettkämpfe im TV übertragen

Die Schießsport-Wettkämpfe finden vom 26. Juli bis zum 5. August täglich etwa ab 9 Uhr statt. Die deutschen Schützinnen und Schützen kann man über einige Wettkampftage verfolgen. Sie treten unter anderem in der Disziplin 10 Meter Luftgewehr Damen am Sonntag, 28. Juli, ab 9.15 Uhr und Montag, 29. Juli, ab 9.30 Uhr an.

Die Herren treten zum Beispiel am Mittwoch, 31. Juli, ab 9 Uhr in der Disziplin 50 Meter Kleinkaliber-Dreistellungskampf und am Sonntag, 4. August, ab 9 Uhr in der Disziplin 25 Meter Schnellfeuerpistole an.