Schießerei in KölnStreit gehört in der Rapper-Szene zur PR
- Nach einer Messerstecherei und Schießerei im Belgischen Viertel in Köln ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags in der Rapper-Szene.
- Gewalt unter Rappern wäre nichts Neues – nicht immer bleibt es bei öffentlichkeitswirksamen Wortgefechten.
Der „Express“ vermutet die Eskalation eines Streits zwischen den Musikern KC Rebell aus Köln und Xatar aus Bonn.
Gewalt unter Rappern wäre nichts Neues: Nicht immer bleibt es bei öffentlichkeitswirksamen Wortgefechten – dem so genannten „Dissen“. Körperlich gewalttätige Auseinandersetzungen sind allerdings eher selten in der Szene. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist vor der Shisha-Bar „Noon“ in der Flandrischen Straße genau geschehen?
Am frühen Montagmorgen waren vor der Bar Schüsse zu hören, die Ermittler fanden Patronenhülsen. Ein 34-Jähriger, der Mitbesitzer der Shisha-Bar „Rebell Lounge“ am Eigelstein sein soll, erlitt nach einer brutalen Attacke Stichverletzungen und einen Schädelbruch.
Die Täter hatten seine Reifen zerstochen und „mit einem Schlagwerkzeug“, wie die Polizei sagt, die Scheiben des Wagens zertrümmert, bevor sie ihn vor dem „Noon“ angriffen. Er kam auf seiner Flucht mit dem Auto nicht weit, Polizisten entdeckten den blutenden Mann in seinem Auto am Friesenplatz. Er schwebt nicht in Lebensgefahr.
Was für eine Auseinandersetzung wird vermutet?
Mitbesitzer der Bar „Noon“ ist der Bonner Gangsta-Rapper Xatar, der wegen eines Überfalls auf einen Goldtransporter bis Dezember 2014 im Gefängnis war. Die „Rebell Lounge“ gehört anteilig dem Rapper KC Rebell. Beide Bars sind bekannte Rapper-Treffpunkte.
Im „Noon“ war noch am Dienstagabend der NBA-Basketballprofi Dennis Schröder zu Gast – er trat mit Xatar und dem nicht minder bekannten Rapper Haftbefehl auf. Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer sprach von einem möglichen „Streit zwischen zwei Rappern“. Xatar und KC Rebell verbindet offenbar eine ausgeprägte Feindschaft.
Begonnen hatte der Streit mit einer Kleinigkeit: Xatar hatte öffentlich behauptet, KC Rebell wolle zu seinem Plattenlabel wechseln. KC Rebell unterstellte Xatar daraufhin, zu lügen und veröffentlichte einen beleidigenden Song gegen Xatar.
Gehören solche Lieder nicht zum normalen Rap-Geschäft?
Das so genannte „Dissen“ oder „schlecht machen“ gehört zum Kerngeschäft vieler Rapper. Musiker wie Farid Bang, Bushido, Sido, Fler oder Eko Fresh haben sich gegenseitig verschwindend kleiner Geschlechtsteile oder mangelnder Männlichkeit bezichtigt und das in Reime verpackt – das garantiert Aufmerksamkeit und Hunderte Kommentare in den sozialen Netzwerken.
„Dissen“ ist die erste Stufe, kommt es zum „Beef“, „kann es auch physisch werden“, sagt der Kölner Rapper Alexander Terboven alias „Tatwaffe“. „Beides kann natürlich auch Teil eines PR-Konzepts sein.“
Geraten Rapper oft gewalttätig aneinander?
Streits, die körperlich eskalieren, gibt es unter Rappern eher selten. 2007 wurde der Rapper Fler nach einem TV-Auftritt mit einem Messer angegriffen, dessen Kollege Massiv wurde in Berlin niedergeschossen – hinterher gab es Gerüchte, er habe sich selbst angeschossen, um sein Album zu promoten.
Xatar tönt im Netz, dass Schießereien im Milieu nichts Ungewöhnliches seien – er ist einer der wenigen Rapper, die wirklich einen kriminellen Lebenslauf haben. In vielen Rap-Songs wird Gewalt verherrlicht. „Das Dissen und ein harter Lebenslauf fördern das Geschäft“, sagt Alexander Terboven. „Oft wird viel Dampf gemacht, dahinter respektieren sich die Künstler aber.“
KC Rebell posierte nach der Schießerei für Facebook vor dem „Noon“ martialisch mit Lamborghini und 20 starken Jungs vor seiner „Rebell-Lounge“ und schrieb: „Olympia findet grad in Köln statt. Nach dem ersten Knall rennen alle los.“
Die Staatsanwaltschaft muss die Drohgebärden aus der Rapper-Szene ernst nehmen – auch wenn womöglich kein „Rapper-Krieg“ hinter der Schießerei steckt. „Kriminalität ist im Rap-Milieu nicht ungewöhnlich. Auch ich kenne viele Jungs, die mit eineinhalb Beinen im Gefängnis stehen“, sagt Terboven. „Aber es fördert die PR, nun sofort von einem Krieg unter Rappern auszugehen. Geschichten, die dahinter stecken, wie organisierte Kriminalität in Bars und Clubs in der Innenstadt, sind zwar wichtiger, aber viel schwieriger aufzudecken.“