AboAbonnieren

Schock für SammlerKölner Mathematiker errechnet Kosten für vollständiges Panini-Heft

Lesezeit 3 Minuten

Der Kölner Mathematiker Lars Schmitz

Köln – Auf Schulhöfen und Bolzplätzen, in Straßenbahnen und Cafés – an unzähligen Stellen in der Stadt zücken Menschen Päckchen mit bunten Bildern und fragen sich gegenseitig Zahlen ab: „587 – hast du die?“ Längst nicht nur Kinder, auch viele Erwachsene sammeln zur anstehenden WM die Fußballbildchen des italienischen Unternehmens Panini. Ganz umtriebige Fans treffen sich auf Tauschbörsen, auf denen gefeilscht, geflucht und gefeiert wird, um alle 682 Bildchen zusammen zu bekommen.

Der Kölner Mathematiker Lars Schmitz hat berechnet, wie teuer es ist, das entsprechende Sammelheft ohne Tauschen komplett zu vervollständigen: stolze 870 Euro.

Herr Schmitz, wie sehr hat Sie das Ergebnis Ihrer Berechnungen selbst überrascht?

Alles zum Thema Universität zu Köln

Als ich das das erste Mal berechnet habe, war das schon eine Überraschung, dass die Kosten fürs Sammeln tatsächlich so hoch sind. Wenn man aber die Rechnung und die Herleitung sieht, wundert es einen nicht mehr wirklich. Denn die hohen Kosten entstehen hauptsächlich durch die letzten fehlenden Sticker im Album, für die man ja am Ende noch besonders viele Stickertütchen kaufen muss. Daher kommt diese hohe Zahl.

Wie haben Sie gerechnet?

Mit einer exakten Formel, die den Mittelwert der benötigten Sticker ausrechnet. Man geht von einer Rückwärtsrechnung aus – also davon, dass man das Album bis auf den allerletzten Sticker voll hat. Allein für den letzten fehlenden Aufkleber müsste man durchschnittlich 682 Sticker kaufen. So viele Sammelbilder hat nämlich das Album. Man rechnet weiter, wie viele Aufkleber man kaufen muss, um einen der letzten zwei, drei, vier und so weiter fehlenden Sticker zu erhalten – und addiert die Ergebnisse: Insgesamt circa 4844 Sticker muss ein Sammler für ein volles Album im Mittel kaufen. Bei einem Preis von 90 Cent bei einem Fünferpack Sticker kommt man so auf gut 870 Euro. Ich habe bei den Rechnungen angenommen, dass alle Sticker gleich wahrscheinlich sind und in einer Fünferpackung auch doppelte Karten vorkommen dürfen.

Ein System, das die Sammelwut seiner Käufer ausnutzt. Gibt es eine Möglichkeit, dieses Konzept zu umgehen – vor allem, wenn es um die letzten Sticker geht?

Panini bietet die Möglichkeit an, eine begrenzte Anzahl von bestimmten Stickern nachzubestellen. Ich würde empfehlen, diese Nachkaufmöglichkeit so früh wie möglich wahrzunehmen – und eben nicht in die allerletzten Sticker noch teures Geld zu investieren.

Also verstehen Sie die Ergebnisse Ihrer Berechnungen auch als Warnung an alle Sammler?

Ja, natürlich. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass es sich nicht lohnt, in das Sammeln zu investieren. Als Kind habe ich auch gesammelt und war frustriert, wenn ich meinen Lieblingsverein nicht vollständig geklebt hatte. Heute weiß ich: Selbst wenn man alle Sticker zum selben Preis durch gezieltes Nachkaufen erwerben würde, muss man mindestens ca. 123 Euro ausgeben. Das Geld kann man auch sehr gut anders investieren.

Worin investieren Sie also zur bevorstehenden Fußball-WM?

In Grillgut, Kohle und ein paar Bierchen. Und für 870 Euro bekommt man auch schon einen richtig guten Fernseher, auf dem man die Spiele anschauen kann.

Lars Schmitz (30) ist Mathematiker an der Universität Köln und forscht und promoviert zur Wahrscheinlichkeitstheorie – also der Untersuchung von zufälligen Ereignissen.