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Schwarzer ElefantDer professionelle Ladenhüter

Lesezeit 4 Minuten

Mohammed Hiatullah verkauft seine lebensgroßen Bronzetiere bis nach Sibirien.

Köln – Mohammed Hiatullah ist ein Mann, der mit freundlicher, eher leiser Stimme spricht, seinem Gegenüber dabei offen in die Augen schaut und immer wieder lächelt. Das tut der 60-Jährige auch, wenn er gefragt wird: „Wer um alles in der Welt kauft Ihre Ware? Die tonnenschweren Bronze-Gorillas, die nahezu lebensgroßen Elefanten oder die Skulpturen mit barbusigen Frauen?“

„Jeder Jeck ist anders“, pflegt er dann zu sagen, ohne dabei bemüht kölsch zu wirken. Dann räumt er ein, dass er selbst nicht wisse, woran es liege, dass die Leute die Gorillas so lieben. Den Riesenaffen verschicke er nach ganz Europa; nach Luxemburg, Österreich und die Schweiz. Einer sei im Kölner Raum geblieben, „einen haben wir sogar nach Sibirien verfrachtet – zusammen mit einem riesigen Steinbuddha von drei Meter Höhe.

Buddha für Thomas Gottschalk

Einen ähnlichen habe er auch an Thomas Gottschalk verkauft für dessen Villa beziehungsweise Schlösschen bei Bonn „zusammen mit einem lebensgroßen Bronze-Stier“. Ein weiterer Gorilla schmücke das Entre eines Privatmuseums im Schwarzwald, wo ein Jäger und Sammler die Dinge ausstelle, die er gejagt habe.

29 000 Euro koste solch ein Gorilla, an dem in Birma „zwei Leute mindestens sechs Monate“ zu arbeiten hätten. „Aber die Kunden wollen immer mit uns handeln“, erklärt Hiatullah wiederum mit einem Lächeln, das er nickend beibehält, wenn man argumentiert, für dasselbe Geld bekäme man schon einen ordentlichen Mittelklassewagen. „Ich glaube, die Leute, die bei uns kaufen, haben davon bereits drei oder vier“, merkt er dann an.

Auch seine Eltern hatten einen Laden

Mohammed Hiatullah ist der Inhaber des „Schwarzen Elefanten“. Die Wurzeln des 60-Jährigen liegen im afghanischen Kabul, wo schon seine Eltern ein Geschäft für Möbel und Kunst betrieben. Als 1980 die Russen einmarschierten, setzte Hiatullah sich nach Deutschland ab. 28 Jahre alt war er damals und hatte glücklicherweise Freunde, die in Köln studierten. Drei Jahre besuchte er hier ebenfalls die Uni, dann gab er das BWL-Studium auf und eröffnete 1987 sein erstes Geschäft.

Heute, 25 Jahre später, hat der „Schwarze Elefant“ seinen Hauptsitz am Gürzenich, eine zweite Filiale an der Düsseldorfer Graf-Adolf-Straße, die er jedoch im Mai schließen wird, wenn der Mietvertrag ausläuft. Köln sei viel angenehmer vom Publikum, findet Hiatullah, der dem Begriff „Ladenhüter“ in Köln zu neuer Bedeutung verholfen hat. Wo immer sich in der City Leerstand auftut – wie jetzt im DuMont-Carré – zieht er vorübergehend mit seinen überwiegend asiatischen, inzwischen aber auch oft aus Europa stammenden Möbeln und Skulpturen ein. Er ging auf die Ehrenstraße, nachdem das Broadway-Kino geschlossen hatte; etwa zwei Jahre war er auf der Mittelstraße, wo sich zuvor das Steakhaus Churrasco befand. Neun Monate war er am Neumarkt im Sinn-und-Leffers-Gebäude und zahlte dort nach eigenen Angaben anstelle von 120 000 Euro „nur etwa ein Zehntel“ der Miete. „Die Leute wollen kein schwarzes Loch in ihren Ladenlokalen.“

Fast nur noch Massenware

Als seine Dependance auf der Aachener Straße wegfiel, weil das dortige Haus abgerissen werden musste, kam die Anfrage vom Center-Manager des DuMont-Carré, ob er mit dem „Schwarzen Elefanten“ nicht vorübergehend in die ehemaligen Räumlichkeiten der Firma Max Kühl ziehen wolle, gerade recht.

Hiatullah verfügt nach eigenen Worten auch über ein 1000 Quadratmeter großes Lager in Frechen. „Aber da ist meine Ware totes Kapital. Hier können sie die Leute sehen.“ Und selbst wenn das Geschäft schlecht laufe, wie es seit dem Weggang des Elektronik-Anbieters Pro-Markt der Fall sei, hat der Geschäftsmann praktisch keinen Verlust. Die Wahrheit sei: „Die Leute kommen einfach nicht gern in Passagen.“ Allerdings sei das Geschäft insgesamt schwieriger geworden. „Es ist ein Kampf zu überleben“, sagt der 60-Jährige, der seine qualitativ hochwertigere Ware insbesondere am Gürzenich anbietet. Mittlerweile sei es kaum noch möglich, in Asien an gute, alte Stücke zu kommen, betont Hiatullah, der mindestens einmal im Jahr dorthin reist. Die neue Generation der Möbelmacher achte bei der Herstellung nicht mehr auf Qualität. Das Resultat sei Massenproduktion.

Apropos Masse: Zu den neuen Objekten, die seiner Einschätzung nach „fast öfter fotografiert werden als der Kölner Dom“, gehöre „ein besonders schöner Löwe“. Dieser sei vier Meter lang, drei Tonnen schwer und wurde mit dem Kranwagen hereingeschafft.