Eine Eigenbedarfskündigung führt dazu, dass der 85-Jährige nach mehr als 50 Jahren seine Wohnung verlassen muss.
„Das ist unglaublich“85-jähriger Senior muss nach mehr als 50 Jahren aus Kölner Wohnung raus
Es ist nur eine „Bruchbude“, doch sie war über 50 Jahre lang sein Zuhause. Jetzt muss Klaus J. (85) schweren Herzens aus seiner kleinen Kölner Wohnung ohne eigener Toilette, Zentralheizung und fehlendem Abfluss ausziehen. Express.de berichtete zuerst.
Der Vermieter hatte dem 85-Jährigen wegen Eigenbedarf gekündigt. Bei einem Gütetermin vor dem Landgericht hat Klaus J. nun einem Vergleich zugestimmt. Heißt: Er muss bis Ende Februar 2025 aus der Wohnung raus, kriegt 10.000 Euro für den Umzug und der Vermieter übernimmt die Gerichtskosten.
Vergleich vor Kölner Gericht: Mietrebell findet scharfe Worte
Was den Fall jedoch bitter mache, sagte ein Nachbar am Montag (9. Dezember 2024): „Klaus hat das ganze Verfahren nicht verstanden und auch akustisch nicht alles mitbekommen.“
Auch der 85-Jährige selbst räumt ein: „Im Gericht habe ich nicht richtig verstanden, was für Möglichkeiten ich hatte. Eigentlich möchte ich in der Wohnung bleiben, aber ich hatte Angst, dass ich, wenn ich verliere, keine Entschädigung kriege.“ Niemand habe ihm das erklärt.
Vor dem Gerichtstermin hatte die Bürgerinitiative „Recht auf Stadt“ den Rentner mit einer Kundgebung vor dem Landgericht unterstützt, unter anderem mit Plakaten wie „Stoppt Eigenbedarf-Betrug“. Der bekannte Aktivist und Mietrebell Kalle Gerigk fand später scharfe Worte: „Dass ein Eigentümer das mit seinem Gewissen vereinbaren kann, gegen einen Mieter in diesem Alter einen zweifelhaften Eigenbedarf geltend zu machen, ist unglaublich!“
Klaus J.s Nachbar, der bei dem Gütetermin dabei war, ist sich sicher, dass der 85-Jährige vor Gericht sogar gute Chancen hatte, zu gewinnen. Denn in einem ersten Prozess hatte ein Kölner Amtsrichter die Klage des Vermieters auf Eigenbedarf abgeschmettert.
Der Vermieter hatte angegeben, dass seine Tochter in die Wohnung von Klaus J. ziehen wolle. Jedoch konnte diese als Zeugin nicht mal sagen, wie viele Zimmer es dort gibt, wie die Wohnung geschnitten und ausgestattet ist. „Besonders bemerkenswert ist weiter, dass die Zeugin keine Kenntnis davon hatte, dass die streitgegenständliche Wohnung über keine eigene Toilette verfügt, sich diese vielmehr auf dem Flur befindet und mit anderen Mietern des Hauses geteilt werden muss“, führte der Richter in seiner Urteilsbegründung aus.
Klaus J. (85) verliert sein Kölner Zuhause: Auszug nach über 50 Jahren
Klaus J., der kontaktfreudig und in seinem Veedel verwurzelt ist, wollte für sein Zuhause kämpfen – und hat es jetzt doch verloren. „Bei dem Gütetermin wollte er nett, höflich sein, so wie es seine Art ist. In diesem Fall war das natürlich total doof“, erzählt der Nachbar. Der 85-Jährige habe erst im Nachhinein, als er es ihm erklärt habe, kapiert, was passiert war.
Klaus J. sucht nun eine günstige Bleibe in Köln. Viel zahlen kann er mit seiner Rente von um die 1000 Euro allerdings nicht. Der Senior ist genügsam und bescheiden, nahm in seiner Noch-Wohnung sogar hin, dass das Küchenwaschbecken seit Jahren keinen Abfluss hat.
Bereits jetzt hat er angefangen, seine Sachen aus der Wohnung zu schaffen. Der 85-Jährige zieht erstmal in sein Elternhaus nach Gummersbach. Sein Nachbar, der das Haus kennt: „Das ist für ihn total ungeeignet! Es liegt an einer steilen Straße und der nächste Supermarkt ist vier Kilometer entfernt.“ (red)