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Neues GutachtenMit diesen Maßnahmen kann Köln bis 2035 tatsächlich klimaneutral werden

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Spaziergänger und eine Radfahrerin nutzen den Sonnenschein für einen Aufenthalt im Kölner Grüngürtel am Decksteiner Weiher in Köln.

Spaziergänger und eine Radfahrerin im Kölner Grüngürtel am Decksteiner Weiher.

Mit einem umfangreichen Maßnahmenbündel könnte Köln bis 2035 klimaneutral werden. Wir erklären, welche Maßnahmen den Fachleuten zufolge dazu notwendig sind – und was die Stadt konkret plant.

Bis 2035 soll Köln klimaneutral sein. Dafür muss die Stadt ab sofort jedes Jahr die Treibhausgasemissionen um sieben Prozent reduzieren. Das ist gewaltig, denn in den vergangenen 30 Jahren betrug der jährliche Rückgang nur 0,7 Prozent. Das nun vorgestellte umfangreiche Gutachten „Klimaneutrales Köln 2035“ soll den Weg dorthin aufzeigen.

Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben darin etliche Vorschläge erarbeitet. Bis zum Sommer will die Verwaltung aus diesen Vorschlägen konkrete Einzelvorhaben destillieren, die der Stadtrat schließlich absegnen soll.

Kölner Stadtverwaltung will Vorbild sein

In dem Gutachten stehen viele Förder-, Beratungs-, Unterstützungsprogramme. Denn eine Erkenntnis ist, dass alle Menschen und Institutionen in der Stadt mitmachen müssen, sonst ist das Ziel nicht zu erreichen. Die Stadtverwaltung möchte ihren Teil dazu beitragen und – neben aller Motivation – „Vorbild“ für andere sein, wie es oftmals in dem Gutachten heißt.

Bei einer Pressekonferenz im Kölner Rathaus stellen Gutachter Andreas Hübner, Umweltdezernent William Wolfgramm und Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Studie „Köln klimaneutral 2035“ vor. Foto: Dirk Borm

Gutachter Andreas Hübner, Umweltdezernent William Wolfgramm und Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Beispiel Verkehr: Ab kommendem Jahr soll die Stadtverwaltung für ihren Fuhrpark nur noch elektrische Pkw anschaffen, rät das Gutachten. Das gilt auch – soweit möglich – für Nutzfahrzeuge. Bei Lkw könnten zudem Brennstoffzellenantriebe zum Einsatz kommen. Das Jobticket für die rund 23.000 Stadtbedienstete soll kostenfrei sein, um sie vom Auto abzubringen.

50 Prozent Fahrradanteil am Kölner Straßenverkehr

Aber auch einige Verkehrsvorschläge für die ganze Stadt sind dabei. Damit Eltern ihre Kinder möglichst nicht mit dem Auto zur Schule bringen, schlägt das Gutachten vor, die Straßen vor den Schulen in der Zeit des täglichen Unterrichtsbeginns für Autos zu sperren. Der öffentliche Nahverkehr müsse schleunigst ausgebaut, Busse und Bahnen pünktlicher, die Haltestellen sauberer werden, damit mehr Menschen auf das Auto verzichten.

Die Fahrräder sollen bis 2035 die Hälfte des Gesamtverkehrs ausmachen, fordert das Gutachten. Dazu müsse vor allem das Radwegenetz schneller ausgebaut und besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln verknüpft werden. Außer auf den Hauptstraßen schlagen die Fachleute ein flächendeckendes Tempo 30 vor. Autos sollen weniger Platz im Straßenraum einnehmen, Parkplätze sollen wegfallen und stattdessen für Fahrräder oder Gastronomie genutzt werden.

Um die Elektromobilität zu fördern, gibt das Gutachten als Ziel aus, bis 2030 in der Stadt 3200 Ladepunkte zu schaffen, bis 2040 sollen es 12.800 sein. Derzeit gibt es gerade einmal 660 Ladesäulen im öffentlichen Raum. Auch soll die Umstellung der rund 60.000 Straßenlaternen auf LED forciert werden. Jährlich sollen rund 5000 Leuchten mit der energiesparenden Technik ausgestattet werden.

Photovoltaik-Potenzial bislang kaum ausgeschöpft

Die Stadtverwaltung und ihre Unternehmen sollen zudem sämtliche ihrer Gebäude, die es statisch zulassen, mit Photovoltaik-Anlagen (PV) ausstatten. Bei den denkmalgeschützten Immobilien der Stadt soll „PV vor Denkmalschutz“ gelten. Private Hausbesitzer und Industriebetriebe sollen beim Einbau von PV-Anlagen auf Dächern oder Balkonen unterstützt werden. Das Strompotenzial durch PV sei in Köln bislang kaum ausgeschöpft, konstatiert das Gutachten.

Auch bei nicht-städtischen Projekten sollen Umweltschutzaspekte immer berücksichtigt werden – hierzu hatte die Stadt bereits Anfang des Jahres eine Richtlinie mit technischen Anforderungen verfasst. Energetische Sanierungen und der Einbau von Heizungen, die ohne fossile Energieträger auskommen, möchte die Stadt stärker bewerben. Klimagerechtes Bauen und Sanieren soll „gängige Praxis“ werden.

Damit es auch Menschen gibt, die das alles einbauen, wird eine „Handwerkeroffensive“ angeregt. Damit sollen Berufe in Betrieben, die klimaschonende Technologie und nachhaltige Dämmstoffe anbieten, attraktiver werden.

Pflicht zur Biotonne als Option für Köln?

Damit AVG und AWB mehr Strom aus kompostierbarem Abfall erzeugen können, rät das Gutachten zur Prüfung, ob die derzeit freiwillige Biotonne verpflichtend werden kann. Energiegewinnung aus Wasserstoff soll ins Zentrum rücken, mehr industrielle Abwärme ins Fernwärmenetz eingespeist werden.

Das komplette Gutachten ist online einsehbar.