TraditionDiese Geschäfte, Cafés und Gaststätten in Köln sind älter als 100 Jahre
Köln – In Zeiten mächtiger Kaufhausketten und günstiger Online-Händler haben es kleinere Familienunternehmen und inhabergeführte Geschäfte oft nicht leicht. Auch in Köln mussten in den vergangenen Jahren viele aufgeben - weil die Konkurrenz zu groß wurde oder weil es schlicht keinen Nachfolger gab.
Auch wenn manche Traditionsgeschäfte heute schon fast eine Art Geheimtipp sind: Sie gehören zur Stadt und ihrer Geschichte dazu. Und viele haben schon zahlreiche Jahrzehnte überdauert.
Wir haben einige Geschäfte, Cafés und Gaststätten in Köln zusammengestellt, die über hundert Jahre alt sind.
Honig Müngersdorff
Honigliebhaber kommen in Köln um eine Adresse nicht herum: Honig Müngersdorff in der Innenstadt. 35 verschiedene Sorten bietet das Fachgeschäft auf etwa 80 Quadratmetern an, ein Dauerrenner ist die milde „Kölner Blüte“. Welcher Honig ihnen am besten schmeckt, können Kunden vor dem Kauf testen: jede Sorte darf probiert werden. Zur Auswahl stehen etwa Linden-, Löwenzahn-, Raps-, Tannen- und Akazienhonig, die verschiedenen Produkte kommen teilweise sogar aus Mexiko oder Neuseeland. Gesund sind alle Honigsorten, versichert Wolfgang Müngersdorff: „Wegen ihrer Inhaltsstoffe“.
Gemeinsam mit seinem Vater Heinz-Josef Müngersdorff führt der 53-Jährige das Honiggeschäft bereits in sechster (bzw fünfter) Generation. Früher hatte die Familie sogar eigene Bienen, heute betreibt sie nebenher ein Spezialgeschäft mit Imkereibedarf in Porz-Ensen.
Der kölsche Familienbetrieb blickt auf eine lange Tradition zurück: er wurde bereits 1847 gegründet. Im heutigen Sortiment: längst nicht nur die Honigsorten. Sondern auch Kerzen, Met, Bonbons, Cremes und Schaumbäder an oder besser: „All das, was die Biene produziert“ – um es in den Worten von Wolfgang Müngersdorff zu sagen.
Adresse: Honig Müngersdorff, An St. Agatha 37, 50677 Köln
Pfeifen Heinrichs
„Das Haus der 10.000 Pfeifen“ steht als Zusatz groß und in roten Buchstaben draußen über der Ladentür von „Pfeifen Heinrichs“. Drinnen verkauft Peter Heinrichs in dritter Generation aber nicht nur Pfeifen und Zigarren, sondern auch Cognac, Whiskey und Wein. Um 6 Uhr steht er jeden Morgen in seinem Geschäft, genau wie sein Vater vor ihm und davor sein Großvater, der das Familienunternehmen 1908 in der Marzellenstraße gründete.
Heute hat Heinrichs neben der Niederlassung in der Kölner Hahnenstraße auch ein Geschäft in Bergheim – und einen Internet-Shop. Über den verschickt er seine Pfeifen, darunter echte Raritäten, und seinen Tabak in alle Welt. Aber nur vor Ort können die Kunden in der Raucherlounge bei einer Zigarre oder einer Tasse Kaffee mit dem Chef persönlich ins Gespräch kommen.
Der Standort in Bergheim, 1994 im Industriegebiet Niederaußem eröffnet, beherbergt unter dem Namen „Château Henri“ übrigens auch ein kleines Tabak-Museum. Darin können Besucher unter anderem alte Tonpfeifen aus dem 16. Jahrhundert bestaunen.
Adresse in Köln: Pfeifen-Heinrichs - Peter Heinrichs KG, Hahnenstrasse 2-4, 50667 Köln
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Käsesorte im wohl ältesten Kölner Käsegeschäft am beliebtesten ist.
Gummi Grün
Ob Wärmflaschen, Badekappen, Dichtungen oder Matten – bei „Gummi Grün“ in der Richmodstraße gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Alles aus Gummi oder Kunststoff, versteht sich. Das quietschbunte Sortiment ist der beste Beweis dafür, dass es die unterschiedlichsten Materialmischungen für die verschiedensten Anlässe gibt.
Das Fachgeschäft hat eine lange Tradition: Gegründet wurde es bereits 1884, auf Franz Grün folgte dessen Sohn Franz-Rudolf Grün. In Familienbesitz war "Gummi Grün" bis 1978. Dann übernahm der langjährige Angestellte Ernst Masuth die Geschäfte. Heute empfängt Gerhard Zilles die unterschiedlichsten Kunden: Erfinder, Handwerker, Hobbybastler. Der Experte findet für jeden das Richtige.
In der Richmodstraße sitzt „Gummi Grün“ übrigens seit 1992. Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich der Laden noch in der Herzogstraße – bei Bombenangriffen wurde das alte Lokal allerdings zerstört.
Adresse: Gummi Grün Köln, Richmodstraße 3-7, 50667 Köln
Käsehaus Wingenfeld
Ob Ziegenkäse aus der Vulkaneifel oder mittelalter Gouda aus Nordholland - in Kölns eigenen Angaben zufolge ältestem Käse-Spezialitätengeschäft, dem Käsehaus Wingenfeld, lagern in den Reiferäumen und hinter der Theke über 250 verschiedene Käsesorten. Die meisten bestehen aus Rohmilch, viele sind handgemacht und stammen aus Bauernherstellerung.
Manch ein Käse wird sogar mit Marc de Champagne verfeinert. Das Käsehaus Wingenfeld wurde 1896 von Carl Wingenfeld gegründet und über viele Jahre hinweg von der Familie geführt. Im Jahr 2000 übernahm dann Barbara Wilke das Geschäft.
Ihre Kunden stammen heute nicht nur aus Köln. „Auch die Düsseldorfer kommen“, sagt Wilke und lacht. Am beliebtesten im Käsehaus Wingenfeld ist ein Klassiker: der mittelalte Gouda, der extra dick geschnitten in Kölner Brauhäusern als urkölsche Spezialität Halver Hahn angeboten wird.
Bei Barbara Wilke gibt es aber nicht nur Käse, sondern auch Weine und Feinkost-Lebensmittel. Wer etwas über Wein und Käse lernen will, kann an entsprechenden Seminaren teilnehmen.
Adresse: Käsehaus Wingenfeld, Ehrenstraße 90, 50672 Köln
Café Pascher
Mit „Brot und Backwaren“ fingen der junge Bäckermeister Johann Heinrich Pascher und seine 21-jährige Frau Gertrud 1898 in der Dürener Straße 165b an - genau dort, wo Katrin Röllgen-Mathesius das Familienunternehmen heute in vierter Generation führt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Geschäft von alliierten Bombern zwischenzeitlich komplett zerstört, nur der Backofen und ein Teil der Backstube überlebten die Angriffe damals. 1948 richteten Sohn Heinrich Pascher und dessen Frau Änny schräg gegenüber vom Stammhaus in der Dürener Straße 160-162 die erste Verkaufsstelle nach dem Krieg ein - auf den Trümmern des Cafés betrieben die Eheleute zwischenzeitlich sogar einen kleinen Eisgarten.
Brot und Brötchen passten bald nicht mehr ins Konzept. Heute verkauft die Konditorei mit angeschlossenem Café Torten, Törtchen und Pralinenkreationen.
Adresse: Café Pascher, Dürener Straße 165b, 50931 Köln
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Produkt der ältesten Firma Kölns vielfach nachgeahmt wurde.
Parfummanufaktur Farina
Sie ist nicht nur die älteste Firma der Stadt Köln - sondern eigenen Angaben zufolge auch die älteste Parfummanufaktur der Welt: die Parfummanufaktur Farina. Hier wird bis heute das berühmte Duftwasser hergestellt, das der Erfinder und gebürtige Italiener Johann Maria Farina zu Ehren seiner neuen Heimatstadt „Kölnisch Wasser“ („Eau de Cologne“) taufte.
In einem Brief an seinen Bruder beschrieb Farina seine Kreation: „Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüten und Kräuter meiner Heimat. Er erfrischt mich, stärkt meine Sinne und Phantasie.“
Das Elixier, später vielfach nachgeahmt, war vor allem im 18. Jahrhundert bei vielen Adligen in Europa beliebt und machte Köln als Duftstadt weltberühmt. Heute führt die Familie Farina ihr Unternehmen in achter Generation. Die Parfumfabrik steht immer noch dort, wo die Geschichte 1709 begann: gegenüber des Kölner Rathauses. Mittlerweile beherbergt sie ein Duftmuseum.
Adresse: Duftmuseum im Farina-Haus, Obenmarspforten 21, 50667 Köln
Weinkellerei Kleefisch
Vor über 110 Jahren - 1898, um genau zu sein - eröffneten die Eheleute Bernhardine und Johann Kleefisch eine Schankwirtschaft in Domnähe. 38 Jahre später gründeten die Söhne Anton und Herrmann Kleefisch zusätzlich eine Brennerei und Likörfabrik, über die sie fortan Spirituosen und allem voran den beliebten Magentropfen Runkewitz in Köln und über die Stadtgrenzen hinaus verkauften.
Weil die älteren Geschwister andere berufliche Neigungen hatten, war es 1961 Julius Kleefisch, der das Familienunternehmen von seinem Vater übernahm. Er führt den Standort an der Wilhelmstraße heute in dritter Generation und hat vor allem internationale Weine und Spirituosen im Angebot. In einem Teil der Geschäftsräume in Nippes hat Kleefisch über die Jahre auch einen Whiskey-Shop eingerichtet.
Adresse: Kleefisch & Co. KG, Wilhelmstraße 53, 50733 Köln
Pelz Adrian
Nach oben gibt es (fast) keine Grenze - bis zu 35.000 Euro kosten die Mäntel, die Pelz Adrian auf der Hahnestraße in Köln anbietet. Zu den Kunden zählen auch Prominente - da ist Diskretion angesagt, Namen verrät der Geschäftsführer nicht.
Anfang 1998 übernahm Kürschnermeister Guido Adrian die Geschäfte - er leitet das 1903 gegründete und vielfach ausgezeichnete Familienunternehmen heute in vierter Generation. Die Modelle für Mäntel und Westen entwerfen der Firmenchef und seine Frau Simona selbst, die Produkte entstehen in der 400 Quadratmeter großen hauseigenen Werkstatt.
Zehn Angestellte hat das kleine Unternehmen mittlerweile. Die verarbeiteten Felle stammen Adrian zufolge zu etwa 40 Prozent aus kontrollierter Farmhaltung und zu je etwa 30 Prozent aus der Fleischproduktion und aus Jagd, Hege und Schädlingsbekämpfung.
Adresse: Pelz Adrian, Hahnenstraße 27, 50667 Köln
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Gasthaus in Köln bereits über 700 Jahre alt ist.
Betten Sauer
Fast 200 Jahre ist es mittlerweile her: 1823 eröffnete Hermann Joseph Hieb’l das - laut Unternehmen - erste Bettengeschäft Kölns in der Großen Neugasse und legte damit den Grundstein für die Erfolgsgeschichte der Firma Betten Sauer.
Nach dem frühen Tod seines Vaters 1964 übernahm Heinz Sauer das Familienunternehmen im Alter von 20 Jahren und führte die Geschäfte fast ein halbes Jahrhundert lang in fünfter Generation. Ehefrau Rosemarie kümmerte sich derweil um die Ladendekoration.
Weil keine direkten Nachkommen vorhanden waren, übergab Heinz Sauer Anfang 2014 die Geschäftsleitung an seinen Mitarbeiter Michael Gouram. Der setzt, wie sein Vorgänger, vor allem auf eine intensive Beratung.
Bei Betten Sauer können Kunden durchaus auch mal ein paar Stunden Probe liegen und sogar ihr Schlafverhalten messen lassen. Und die Sauers? Das Ehepaar hat sich nicht etwa zurückgezogen - sowohl Heinz Sauer als auch Ehefrau Rosemarie arbeiten weiterhin als Berater im Familienunternehmen.
Adresse: Betten Sauer KG, Brücker Mauspfad 539, 51109 Köln
Muschelrestaurant Bier-Esel
Das „älteste Muschelhaus in Köln“, der heutige Bier-Esel, blickt auf eine über 700-jährige Geschichte zurück: Die erste schriftliche Eintragung über das Haus „Zum Esel“ in der Breite Straße geht zurück auf das Jahr 1297. Von Beginn an war der heutige Bier-Esel ein Brauhaus.
1873 allerdings musste die Brauerei „Zum Esel“ schließen, der alte, sogenannte „Große Esel“ wurde abgerissen. Endgültig vorbei war es aber nicht. Denn 1892 kaufte die Brauerei Gebr. Sünner das neue Gebäude und machte das Haus wieder zu einer beliebten Adresse. 1912 stieg dann Fritz Austermühle ein und bot erstmals frische Muscheln im Gasthaus an.
Auch wenn die Pächter über die Jahre wechselten - bis heute werden zu Sünner-Bieren frische Muscheln angeboten. Gastronom Alexander Manek, der das Traditions-Lokal nach über 30 Jahren von Jürgen Dannewald übernahm und im September 2014 nach einer Sanierungsphase wiedereröffnete, serviert sie auf rheinische, aber auch auf spanische, italienische, französische und thailändische Art.
Adresse: Bier-Esel, Breite Straße 114, 50667 Köln
Brauerei zur Malzmühle
Schon der erste deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der damalige US-Präsident Bill Clinton mischten sich vor Jahren unter die Gäste im Brauhaus zur Malzmühle und sollen sich dort das eine oder andere Mühlen Kölsch gegönnt haben. Diese Sorte ist neben dem Koch'schen Malzbier das bekannteste Bier der Brauerei zur Malzmühle und wird seit 1858 im Stammhaus am Heumarkt auf traditionelle Art und Weise gebraut und abgefüllt - alles in Handarbeit und nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516.
Das Familienrezept ist bis heute ein gut gehütetes Geheimnis. Mittlerweile führt Familie Schwartz ihre Brauerei in fünfter Generation. Neben dem Brauhaus und der Mühlen-Bar gehören auch das Hotel Zur Malzmühle und der Eventsaal Höhnerstall zum Konzept.
Adresse: Brauerei zur Malzmühle Schwartz GmbH & Co. KG, Heumarkt 6, 50667 Köln
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Kölner Geschäft schon den preußischen Kaiser Wilhelm II. belieferte.
gut&schön
15 Jahre lang war es zwischenzeitlich geschlossen, seit 2014 gehört es in Ehrenfeld wieder offiziell zum Veedel dazu: Das ehemalige Haushaltswarengeschäft Fassbender, das Inhaberin Christel Fassbender-Nüsperling heute unter dem Namen gut&schön betreibt.
Der Onkel ihres Großvaters hatte das Familienunternehmen 1872 als Eisenwarenhandlung gegründet - im Juni 1999 musste Fassbender-Nüsperling den Kampf um die Kunden auf der Venloer Straße aber vorübergehend aufgeben. Damit verschwand auch ein Stück Ehrenfelder Tradition und Christel Fassbender-Nüsperling zog mit ihrer Familie nach Krefeld und später Bielefeld.
Nach Jahren zurück in Köln versuchte sie ihr Unternehmerglück 2014 noch einmal. Nach der Neueröffnung in der Rothehausstraße verlegte sie ihr Geschäft im Februar 2015 aber noch einmal. Seitdem bietet sie Haushaltswaren und Gebrauchsgegenstände für Haus und Garten in der Wahlenstraße an.
In den neuen Laden hat sie auch die geliebte alte Schrankwand mit den vielen Schubladen mitgenommen - die Ladeneinrichtung aus den 1940er Jahren stand früher lange in einem Restaurant.
Adresse: gut&schön, Wahlenstraße 10, 50823 Köln
Musikhaus Tonger
Das Musikhaus Tonger zählt, eigenen Angaben zufolge, zu den ältesten Musikhäusern weltweit und ist außerdem einer der größten Notenhändler Europas. Gegründet wurde es vor knapp 200 Jahren: am 1. Juli 1822. Augustin Josef Tonger richtete damals in seinem Antiquitätengeschäft gegenüber vom Kölner Dom eine Noten- und Buchhandlung ein. Sein Sohn und sein Enkel erweiterten das Geschäft in den folgenden Jahrzehnten erfolgreich.
1886 brachte das Musikhaus die erste deutsche Musikzeitschrift heraus, über 20 Jahre lang war das Familienunternehmen außerdem Hoflieferant von Kaiser Wilhelm II. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus vollständig zerstört, aber in damals vierter Generation auch wieder erfolgreich aufgebaut.
Im Laufe der Jahre kämpfte das Geschäft aber mit finanziellen Problemen, 2014 musste das Musikhaus Tonger Insolvenz anmelden. 2015 folgte dann erneut ein Neuanfang - unter neuer Führung und an einem neuen Ort. Auf 650 Quadratmetern leitet Thomas Giehl das Traditionshaus nun in der Zeughausstraße.
Adresse: Tonger - Haus der Musik GmbH, Zeughausstraße 24, 50667 Köln