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Werbung auf KölschHeimatgefühle auf Kölner Plakatwänden

Lesezeit 4 Minuten

So süß ist das kölsche Leben – Werbung des Süßwaren-Herstellers Hitschler.

Köln – Selbst Süßwaren und der schnelle Internet-Anschluss werden heute in kölscher Sprache beworben. „Bring noch ene mit“ ist die unmissverständliche Aufforderung auf Werbeträgern zum Kauf einer Tüte mit Süßwaren. Anbiederei, Heimat-Tümelei oder eine geniale Verkaufsstrategie?

„Es gibt einen psychologischen Unterschied zwischen Heimat und Vaterland“, sagt Stephan Grünewald, Gründer und Geschäftsführer des Kölner Rheingold-Instituts für qualitative Markt- und Medienanalysen.

„Beim Vaterland müssen wir Steuern entrichten, gehorsam sein, und früher mussten wir auch noch zum Bund.“ Heimat dagegen und die Muttersprache hätten versorgenden Charakter. „Da kriegen wir etwas, da fühlen wir uns behütet und aufgehoben.“ Das funktioniere sehr gut auch bei den Zugereisten. Gerade für die Imis sei das ein Stück identitätsstiftend.

WLAN-Verbindung als Nabelschnur

Deshalb mache Werbung in kölscher Sprache bei allen Produkten einen Sinn, die eine versorgende und zuführende Qualität haben. Das gelte auch für das Internet und die Informationstechnologie. „Die Menschen sind mit ihrem Smartphone verwachsen. Das ist ja wie ein eigener Körperteil.“

Eine der wichtigsten Fragen, die gerade junge Menschen auf Reisen umtreibe, sei die nach einer WLAN-Verbindung. „Das können wir uns ruhig wie eine Nabelschnur vorstellen“, sagt Grünewald. Insofern habe die Telekom mit dem Spruch „Et es noch immer flöcker gegange“ einen Nerv getroffen.

Werbung mit der Muttersprache, die Heimatgefühle weckt, gelinge bei Produktgruppen, „die sehr leibnah sind“. Wat fott es, es fott. Mit diesem Satz aus dem kölschen Grundgesetz für Bonbons und Süßwaren zu werben, sei durchaus nachvollziehbar. „Wenn die Tüte leer ist, sind zwar keine Bonbons mehr da, aber man hat gleichzeitig auch die Sorgen und Probleme für einen Moment weggelutscht.“

Bei der Smart-Werbung „Jeck am Ring“ könne man sich nicht ganz sicher sein, ob die Macher nicht sogar bewusst die Kölner Ringe und nicht den Rhein in den Blick genommen hätten. Sonst hätte es ja „Jeck am Rhing“ heißen müssen. „Wir haben mal über Smart geforscht“, sagt Grünewald. „Der Begriff kommt ja von einer Uhr. Der Wagen ist halt so klein, dass er sich an jedem Punkt der Uhr oder an jeder Ecke des Rings problemlos einfädeln kann.“

Der kölsche Kampf ums J

Die Akademie för uns kölsche Sproch steht für den Erhalt und die Förderung einer zeitgemäßen kölschen Sprache, die immer mit der Geschichte und Kultur der Stadt Köln und ihrer Menschen in Zusammenhang steht.

Sie wurde 1983 von der damaligen Stadtsparkasse Köln als Bestandteil der SK Stiftung Kultur ins Leben gerufen und ist einzigartig in Europa.

Um bei der Schreibweise alles richtig zu machen, lassen sich die Unternehmen helfen. Das Ergebnis freut nicht jeden. Die Kölschen kämpfen bekanntermaßen für ihr J, das bei der Telekom zum G geworden ist. „Die Telekom hat sich ihre Werbebotschaft von uns in die kölsche Schriftsprache übersetzen lassen“, sagt Christa Bhatt von der Akademie för uns kölsche Sproch.

Da es keine allgemein gültigen Regeln gebe, „haben wir uns an die Richtlinien gehalten, die für uns maßgeblich sind.“ Deshalb habe man sich auch für die Schreibweise „gegange“ statt „jejange“ entschieden.

Auch der Kölner Süßwaren-Hersteller Hitschler, der in diesem Jahr 80-jähriges Bestehen feiert, hat sich an die Sprachwissenschaftler gewandt. „Wir sind ein Kölner Unternehmen und wollen auch nach außen zeigen, dass wir stolz auf unsere Herkunft und unsere Stadt sind“, sagt Marketing-Chef Markus Tabel.

Deshalb habe man entschieden, sich im Internet nicht nur auf Deutsch und Englisch, sondern auch auf Kölsch zu präsentieren. „Dazu haben wir uns der Hilfe der Akademie bedient.“

Auch wenn kaum ein kölscher Texter das Wort „Geburtstag“ so ins Kölsche übertragen würde, liest sich die Hitschler-Botschaft vertraut und heimatverbunden: „Wellkumme en der söße Hitschler-Welt. Zom 80. Gebootsdag vun unsem Ungernemme ha’ mer die söße Hitschler Welt för üch neu parat gemaht. Mer han uns Logo moderniseet, et Design vun unse Verpackunge verändert un mööchte met üch zosamme en Social-Media-Community opbaue. “