Kölner EhrenbürgerWas Heinrich Böll und Köln verband - und was nicht

Geburtshaus, Teutoburger Straße 26
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Köln – Wo wohnte Heinrich Böll in Köln? Wie verbrachte er seine Kindheit in der Stadt? Wir geben einen Überblick.
Die Wohnstätten
Bölls Vater Viktor war ein Nomade in der Stadt. „Er sagte der Familie manchmal erst am Vorabend: Packt Eure Sachen, morgen ziehen wir um“, erinnert sich Bölls Privatsekretär Erich Kock. Geboren wurde Heinrich Böll am 21. Dezember 1917 in der Teutoburger Straße 26. 1922 zog die Familie in ein Einfamilienhaus in der Kreuznacher Straße 49 in Raderberg. Ubierring, Maternusstraße und Karolingerring hießen die Wohn-Stationen bis zum Krieg. Nach seiner Heirat mit Annemarie lebte Böll im März 1942 in der Kleingedankstraße 20, später in der Neuenhöfer Allee 38. Nach der Kriegsgefangenschaft fanden die Bölls in der Schillerstraße 49 eine Bleibe, bevor sie 1954 in die Belvederestraße 35 nach Müngersdorf zogen. Die Hülchrather Straße war die letzte Anschrift der Bölls in Köln, bevor das Paar 1981/82 zu Sohn René nach Bornheim-Merten zog.
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Wie Heinrich Böll seine Kindheit in Köln verbrachte.
Das Köln seiner Kindheit
Die Literatur seines Vaters, schreibt Sohn René Böll in der Einführung zum Buch „Köln gibt’s schon, aber es ist ein Traum“ (Kiwi, 2014), sei von zwei Stadtwahrnehmungen durchdrungen – dem Interesse für das Alltägliche und die Erinnerungen an das Köln vor dem Krieg,. „Was soll aus dem Jungen bloß werden?“ heißen Bölls 1982 veröffentlichten Erinnerungen an vier Jahre (1933-1937) Jugend im Dritten Reich. Auf dem Schulweg sah er Kirchen und Märkte, Nonnen, Dirnen, Beamte und Kleinkriminelle. „Vielleicht lernen wir nicht in der Schule, aber auf dem Schulweg fürs Leben?“, überlegte Böll. Ein Flaneur, der in den Straßen „las“ und das Gelesene aufschrieb. Beeindruckt hat den 15-Jährigen, dass die NSDAP in Köln 1933 „nur“ 30 Prozent der Stimmen bekam. Die Kölner seien „die am wenigsten fanatische Rasse, die ich kenne“, schrieb er.
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Was Heinrich Böll mit dem Rhein verband.
Heinrich Böll und der Rhein
„Vieles in Köln erweckt (Sympathie), und ich weiß nicht, ob der Geruch des Rheins nicht so bedeutsam ist wie der Dom“, schrieb Böll 1953 in seinem Essay „Köln eine Stadt – nebenbei eine Großstadt“. Er mochte die Melancholie des Stroms, mehr als die Kathedrale war er ihm lieb und vertraut: „Dieses ungeheure Erlebnis heimzukehren, sagen wir: während des Krieges: Urlaub oder auch illegal mal nach Hause fahren, das Gefühl, über die Brücke zu kommen, die ja in meinen Arbeiten auch eine große Rolle spielt, die Rheinbrücke, von der rechten auf die linke Seite – das war schon noch Heimat.“ Zerstört sieht er die Ruhe des Flusses durch die Autos: Die Promenade werde durch den Verkehr „fast abgesperrt, auch durch den Krach. Die Ruhe des Rheins ist verloren ... “ Der Fluss ist ihm „immer viel wichtiger gewesen und sitzt tiefer als Köln“.
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Heinrich Böll und die Romanischen Kirchen.
Die Romanischen Kirchen
Eine Liebe Bölls, des Kirchgängers, der im Sterbebett die Bibel las und darauf bestand, dass ein Priester an seinem Grabe stehe, des Amtskirchenkritikers, der aus der Körperschaft austrat, sich dem Körper aber weiter „zugehörig“ fühlte, eine große Liebe dieses Zerrissenen waren die romanischen Kirchen. „Viel kölnischer als der Dom“ waren sie ihm. Mit Freunden gehe er zuerst nach St. Maria im Kapitol, die „alte, hässliche Madonna dort“ liebte er sehr. Von dort zu St. Georg, bevor er an St. Severin haltmachte, der Kirche seiner Jugendmessgänge. Dann fuhr er mit Gefährten nach St. Gereon, bevor es zum Dom ging. „Ich meine, der gehört ja zu Köln, und innen ist er wunderbar. Ich liebe den Dom innen sehr, außen mag ich ihn nicht.“ Das Köln der Kirchen sei ein „fiktives Köln“, weil die romanischen Kirchen nicht mehr von Gemeinden umgeben seien.
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Wieso der Bau der Nord-Süd-Fahrt Heinrich Böll wütend machte.
Die Auto-Stadt
Der Bau der Nord-Süd-Fahrt und anderer Straßen machte Heinrich Böll wütend. Das von ihm sogenannte „Auto-Köln“, das die Begegnung der Menschen verunmögliche, war ihm nicht länger Heimat. In einem Gespräch mit dem damaligen WDR-Kulturchef Werner Koch sagte der Schriftsteller: „Ich glaube, dass alle Städte von den Autos zerstört werden ... wenn das Wachstum nur noch aus Autos besteht und Straßen für diese Autos, dann sehe ich da bedenkliche Dinge in der Zukunft.“ Die Nord-Süd-Fahrt mache „ganze Viertel zu Friedhöfen“. Sie zerschneide die eigentliche Stadtmitte und isoliere die Menschen. In seinen Befürchtungen erwies sich Böll als visionär: Die Stadtmenschen sind längst zum Opfer der Fixierung auf das Auto geworden. Lösungen sind kaum in Sicht. Das Konzept der Auto-Stadt darf als gescheitert gelten.