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Kölner Kostümbildnerin Annina PfuelVom Rhein nach London und New York

Lesezeit 4 Minuten

Im Kölner Opernfundus: Annina Pfuel arbeitete im letzten Jahr als Kostümassistentin für die Opernproduktion „Solaris“.

Köln – Wie ein ausgefallener Armreif klemmt das Nadelkissen an ihrem Unterarm, um ihren Hals baumelt eine Schere, befestigt an einem pinken Stoffband. Es ist ein Instagram-Bild, dass Annina Pfuel beim Abstecken eines Kleides an ihrem Arbeitsplatz in London zeigt: dem Set eines Werbefilms. Die 29-Jährige hat es selbst gepostet, verknüpft mit den Hashtags #OnSet und #MyCostumes. Annina Pfuel ist Kostümbildnerin. Nadel und Schere sind ihre Hilfsmittel, ihr tägliches Werkzeug. Ob im Theater, an der Oper oder beim Film – die Arbeit der jungen Designerin ist gefragt, führt sie immer wieder in die Mode-Metropolen dieser Welt. Ein Weg, von dem viele junge Frauen träumen. Für Annina Pfuel hat sich die Tür zu dieser Karriere in Köln geöffnet, der Geburtsstadt ihrer Mutter.

Es war eine Produktion der Kölner Oper, die Pfuel 2011, direkt nach ihrem Studium des Design Managements an der renommierten Parsons School of Design in Paris und New York, an der auch schon Marc Jacobs oder Donna Karan lernten, an den Rhein führte. Für eine Hospitanz ging die damals 25-Jährige an das Opernhaus, half den Kostümbildern um Renate Schmitzer bei den Kleidern für die Inszenierung „Der fliegende Holländer“. „Das war meine erste Chance, mein erster Schritt in diese Welt“, sagt Annina Pfuel.

Für das Interview hat sie das Restaurant Werkshase auf dem Gelände des Carlswerk in Mülheim ausgesucht, sie ist zu Besuch in der Stadt. Ihre Großeltern wohnen noch heute hier, sie selbst ist in München aufgewachsen. „Ich bin Bayerin, aber die Kölner Art, diese ganzen Redewendung, das alles kenne ich. Immer wenn ich hier bin, fällt mir auf, dass in der Stadt alle so sind wie meine Mutter.“ Sie lacht.

Schon seit der Schulzeit lebt Pfuel, die in einer Patchwork-Familie mit sechs Halbgeschwistern aufgewachsen ist, im Ausland, ihr Abitur hat sie in England abgeschlossen. Nach drei Jahren aus dem Koffer, lebt sie nun wieder in einer Londoner Wohnung. „Ich hatte das Bedürfnis nach einer Basis“, sagt sie. Wenn sie spricht, ist ein kleiner Akzent zu hören.

Eine Blumenkohl-Kokos-Suppe steht vor ihr auf dem Tisch, Handtasche und Sonnenbrille liegen daneben. Doch die 29-Jährige kommt kaum zum Essen. Ein spannender Arbeitsvertrag, ein spektakulärer Wohnort reiht sich an den anderen. Selbst am Set der Kinoproduktion „Anna Karenina“ mit Keira Knightley und Jude Law in den Hauptrollen, hat sie schon gearbeitet. Eine Zeit, die mit einem besonderen Moment verknüpft sei, sagt sie. Zum ersten Mal sei ihr eigener „kreativer Input“ auch wirklich zu sehen gewesen. „Für eine große Ballszene wurden etliche Tänzer als Statisten engagiert. Wir hatten eine Woche Zeit, um denen Kleider zu bauen. Dann haben wir Korsetts bekommen und einen riesigen Haufen Tüll und Schmuck und Blumen. Also haben wir einfach drauflos genäht.“

Das Engagement war ein Sprungbrett. Für die Designerin folgten verschiedene Aufträge, eine Assistenz bei Patrick Kinmonth in London führte sie schließlich gemeinsam mit dem bekannten Theaterdesigner und Opernregisseur 2013 zurück nach Köln, als Kostümassistentin für die Oper „Die Gezeichneten“. 2014 dann der Höhepunkt: Intendantin Birgit Meyer fragte Kinmonth und Pfuel als Team für die Oper „Solaris“ an. „Drei Mal wurde in Köln gesagt: Der geben wir jetzt mal die Chance“, sagt Pfuel. „Das finde ich so toll, weil ich ja 2011 hier ankam und von gar nichts wusste.“

Dass sie ehrgeizig ist, versteckt Annina Pfuel nicht. Sie weiß heute, auf was es in der Branche ankommt und wen sie treffen muss, um ihren Weg zu gehen. Ihr Ziel formuliert sie klar: „Ich bin nicht mit 18 Jahren aufgewacht und wusste, dass ich Kostümbildnerin werden will. Ich wusste nur, dass es etwas Kreatives sein soll, wo ich Leute managen kann.“ Ihr Studium half ihr, an diesen Fähigkeiten zu arbeiten. Mit 20 Jahren einen Platz an der New Yorker „Parsons“ zu bekommen, sei der „absolute Traum“ gewesen, erzählt sie, auch wenn sie später feststellen musste, dass ihr Weg sie nicht in die Modeindustrie führen würde. „Das war einfach nicht meine Welt, da hat mir immer etwas gefehlt.“ Wie sie heute an die Jobs komme? Die Antwort folgt ohne Zögern: über Kontakte und den Mut, einfach zu fragen. „Bei Anna Karenina war ich zum Glück in der Sekunde da, als die Crew Hilfe brauchte.“ Die Termine von Filmfesten und Opernfestspielen sind längst regelmäßige Einträge in Pfuels Kalender. „Überall wo Liebhaber dieser einen Sache zusammenkommen, musst du dich rumtreiben.“ Denn Karriere zu machen, sei ihr Plan, sagt Pfuel selbstbewusst, dafür arbeite sie aber auch hart. „Dass plötzlich Filmproduktionen auf mich zukommen, hätte ich vor drei oder vier Jahren nicht gedacht.“ Ein Kurzfilm ist abgedreht, ein weiterer folgt bald. Auch für einen Spielfilm wurde sie angefragt, erzählt sie – es wäre ihr erster; der nächste Schritt. Ziele habe sie schließlich noch viele.