Angebliches GeschenkLebensgroßen FC-Geißbock aus Gips gestohlen

Was der echte Hennes wohl zu dem Diebstahl der Gipsfigur sagen würde? (Symbolbild)
Copyright: dpa Lizenz
Köln – Tessa D. (50, Name geändert) sieht aus wie eine Frau, die mit beiden Beinen erfolgreich im Leben steht: Designer-Stiefel, Cashmere-Poncho, Perlenkette, Business-Outfit. Doch der schöne Schein trügt. Die Empfangs-Sekretärin ist eine notorische Diebin und klaut, was das Zeug hält. So jedenfalls liest sich ihr Vorstrafenregister. Sie geht auf Diebestour, um ihren Drogenkonsum zu finanzieren, denn sie ist seit Jahrzehnten kokainabhängig, wie sie am Mittwoch erstmals in einer Art „Lebensbeichte“ dem Gericht erklärte.
Das jüngste Beispiel dafür, dass sie die Finger nicht bei sich behalten kann, wurde gestern zum Fall für den Amtsrichter. Anlässlich des jährlich stattfindenden 1. FC Köln-Renntags auf der Weidenpescher Rennbahn im April dieses Jahres verschaffte sich die Blondine trickreich Zugang zum VIP-Zelt des FC und ließ dort das zu Dekorationszwecken lebensgroße Maskottchen des Vereins mitgehen: Hennes in Gips, 80 Zentimeter hoch und einen Meter lang. Der Wert der Gipsfigur: 250 Euro.
An den Hufen beschädigt
„Den hat mir der Herr Spinner geschenkt“, berief sich Tessa D. auf das angebliche Einverständnis des FC-Präsidenten, als Sicherheitskräfte sie auf den Diebstahl aufmerksam machten. Doch der winkte nur ab, wollte von dem angeblich großzügigen Geschenk nichts wissen. Darum musste sich Tessa D. nun wegen des Diebstahls verantworten. Obwohl sie – das ist unbestritten – noch am selben Tag die Gipsfigur aus ihrem Auto holte und Hennes zurückbrachte. Da war die Figur allerdings schon an den Hufen beschädigt und war von der Angeklagten nicht ins Zelt gebracht, sondern am Hinterausgang einfach abgestellt worden.
Tessa D. beharrte darauf, es sei ursprünglich ein Geschenk gewesen, auch wenn Werner Spinner nachträglich gemeint habe: „Ich kann doch nicht einfach die Figur so verschenken!“ Woraufhin sich das Gericht die Frage stellte, ob der Vereinspräsident zu dieser Frage nicht im Zeugenstand gehört werden muss.
Mögliche Schuldunfähigkeit
Allerdings ist die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Angeklagten für Amtsrichter Wolfgang Schorn vorrangig zu klären. Denn ihr Rechtsbeistand Reinhard Birkenstock sprach angesichts des einschlägigen Vorstrafenregisters seiner Mandantin in Verbindung mit ihrer Drogenabhängigkeit von einer möglichen Schuldunfähigkeit der Angeklagten. Deshalb beantragte der Verteidiger ein Sachverständigen-Gutachten, um seine Mandantin auf ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit überprüfen zu lassen. Mit der Expertise könnte dann auch die einjährige Haftstrafe ohne Bewährung, zu der die Angeklagte vor einiger Zeit verurteilt worden war, in der Berufungsinstanz milder beurteilt werden.
Bis zur Entscheidung des Antrags wurde der Prozess vertagt und blieb die Frage offen, ob Präsident Spinner den Weg ins Gericht antreten muss.