Plätzchenverkauf im InternetWenn Hobby-Weihnachtsbäcker unfreiwillig kriminell werden

Die Monde mit Schokolade und Gewürzen sind typische Weihnachtsplätzchen (Symbolbild)
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Köln – Neulich beim Bäcker: Eine ältere Dame bestellt etwas vom losen Spritzgebäck. „Nicht so viel“, bittet sie die Verkäuferin: „Es ist nur für mich auf dem Nachhauseweg.“
Sechs oder sieben Kekse landen in der Spitztüte. „Das wird leider gewogen“, murmelt die Bäckereimitarbeiterin und wirft der Kundin einen vielsagenden Blick zu. Knapp sieben Euro soll das wohl am simpelsten herzustellende Weihnachtsgebäck kosten. Die Seniorin zuckt zusammen. Wie teuer denn der abgepackte Beutel sei, will sie wissen. Die Nachfrage lohnt sich: 250 Gramm Abgefülltes hat denselben Preis wie die Tüte auf der Waage.
Plätzchen sind in der Vorweihnachtszeit ein richtig gut gehendes Geschäft. In den sozialen Netzwerken finden die Kölner inzwischen immer häufiger Alternativen zum teuren Bäcker.
Neben selbstgestrickten Schals oder gebasteltem Holzspielzeug bieten einige Anwohner ihren Nachbarn Selbstgebackenes an. Sarah Wünsche (Name geändert) zum Beispiel rührt für ihr Leben gern Teig an. „Ich backe jedes Jahr viel zu viel“, erklärt die Kölnerin. Deshalb hat sie ihre Plätzchen spontan auf Facebook zum Verkauf angeboten.
In ihrem Posting heißt es: „Ich liebe die Weihnachtszeit und backe unheimlich gerne. Leider auch immer gerne viele, viele verschiedene Sorten und Tonnen an Spritzgebäck. Die kann man aber gar nicht alle essen, ich mag aber auch nicht weniger Sorten backen. Gäbe es hier Interessenten, die gewisse Mengen käuflich erwerben wollen würden? Vielleicht 1.50 Euro/100 Gramm?“
Zahlreiche Keks-Bestellungen
Inzwischen hat die Privatbäckerin eine Menge Anfragen bekommen. Bestellungen für rund 13 Kilogramm Plätzchen seien bei ihr eingegangen, erzählt sie: „So viel wollte ich gar nicht machen. Sogar eine Warteliste gebe es schon.
Was die junge Frau als Nachbarschaftsdienst versteht, ist rechtlich schwierig. Denn durch den Verkauf der Plätzchen auf Facebook nimmt sie am „wirtschaftlichen Warenverkehr“ teil, wird also unternehmerisch tätig. Wenn keine Gewinnabsicht vorliegt, muss auch kein Gewerbe angemeldet werden. Sobald Wünsche aber Gewinn mit dem Verkauf macht, muss sie diesen in ihrer Steuererklärung eintragen.
„Man muss darauf achten, dass man alle Meldepflichten erfüllt“, sagt Tobias Rolfes, Rechtsreferent der IHK Köln: „Da begibt man sich schnell auf dünnes Eis.“
Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Strenge Regeln fürs Backen und den Verkauf.
Denn was als Privatvergnügen begann, kann schnell großen Ärger nach sich ziehen. Wer nur einmal zu viel backt und die Kekse zum Verkauf anbietet, hat steuerlich nichts zu befürchten, erklärt Rolfes. Es kommt nämlich unter anderem auf den Zeitraum an.
„Nachhaltigkeit“ ist der entsprechende Rechtsbegriff. Dieser besagt, dass eine Tätigkeit meldepflichtig ist, sobald sie regelmäßig durchgeführt wird. Sarah Wünsche backt seit Anfang November. In diesem Fall sei die „Nachhaltigkeit“ erfüllt, meint Rolfes.
Zwar will sie ihr Spritzgebäck in etwa zum Selbstkostenpreis anbieten. Doch selbst dann ist nicht automatisch alles gut: Finanzamt und IHK müssen hinterher glaubhaft nachvollziehen können, dass der Verkauf keinen Gewinn erzielt hat. Außerdem könnte die Handwerkskammer darauf bestehen, dass ein ausgebildeter Konditor das Backen übernimmt. Für den Verkauf von Lebensmitteln gelten nicht umsonst strenge Richtlinien: Ein Hinweis - beispielsweise auf Allergene - ist unumgänglich.
„Ein Riesenproblem“
Wer Weihnachtsgebäck verkaufen möchte, muss die EG-Verordnung 852 beachten. Diese legt die gesundheitlichen Richtlinien für Lebensmittel fest. Darin heißt es beispielsweise, dass bei Zutaten, die nicht bedenkenlos bei Raumtemperatur gelagert werden können, die Kühlkette nicht unterbrochen werden darf.
Streng genommen müssten die Kekse in einer gewerblichen Küche produziert werden. Roland Braun, Leiter der Lebensmittelüberwachung Köln, weiß um die Problematik des Onlinehandels: „Das ist ein Riesenproblem. Wir können nicht alles kontrollieren, was im Internet alles angeboten wird.“
Sarah Wünsche fällt also durch das Raster der Lebensmittelkontrolleure, weil sie kein Gewerbe angemeldet hat und die Weihnachtskekse in der heimischen Küche zubereitet.
Wer zuhause ein paar Pfeffernüsse übrig hat, darf nicht einfach die Nachbarn zum Kauf animieren – ansonsten droht Ärger mit dem Finanzamt, der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer, der Lebensmittelüberwachung und, falls etwas schief geht, mit den Geschädigten oder deren Anwalt.
Backen für Altenheime und Krankenkäuser
Etwas anders liegt der Fall bei einer Gruppe, die an einigen Adventswochenenden zusammenkommt, um Senioren und Kranken eine Freude zu machen.
In der Vorweihnachtszeit wird gebacken, am Heiligabend wird das Gebäck in Altersheimen und Krankenhäusern verteilt. Das soziale Engagement steht hier im Vordergrund, doch auch in diesem Fall würden Lebkuchen und Vanillekipferl ungeprüft bleiben.
Natürlich könne man nicht alles verbieten, meint Roland Braun zu der Problematik: „Privat prüfen wir auch nicht, wo der Kuchen herkommt.“ Deshalb bleibt die als Freundschaftsdienst gemeinte Aktion wohl auch ein Freundschaftsdienst.