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SpurensucheDas sind Kölns geheimnisvollste Orte

Lesezeit 18 Minuten

Mitinhaber Mike (mit rotem Vollbart) hinter der Theke des „Hot Apple“

Als es im „Hot Apple“ am Brandtsplatz heiß her ging

Eine Laterne mit dem Aufdruck einer Pils-Brauerei ist die letzte Spur der kurzen, aber intensiven Kneipen-Historie in der Neuehrenfelder Siemensstraße.

„Siemens-Eck“, eine Viertels-Kölsch-Kneipe so wenig spektakulär wie ihr Name, hieß Ende der 1970er Jahre die erste Gaststätte an der Ecke Merkensstraße/Siemensstraße. „Fipps“, wie der gleichnamige Affe aus den Bildergeschichten von Wilhelm Busch, war der Name des letzten Lokals. Die Zeit dazwischen – fast die gesamten 1980er Jahre – markierte das „Hot Apple“. Wie der Name vermuten lässt, ging es dort manchmal heiß her am beschaulichen Brandtsplatz.

Groß war das „Hot Apple“ nicht. Es bot aber Platz für eine Bühne, die zum Sprungbrett für einige später recht bekannte Künstler wurde: Purple Schulz und Saxofonist Bernd Delbrügge zum Beispiel.

Konzerte und Partys zu vielen Anlässen, inklusive Karneval und Nubbelverbrennung zementierten den legendären Ruf bis zum 4. Oktober 1989. An diesem Tag hieß es Abschied nehmen.

Seit 20 jahren befindet sich im Erdgeschoss des Eckhauses eine Wohnung. Ein Schicksal, das exemplarisch für Hunderte vergessene Gaststätten in der Stadt steht. - Heribert Rösgen

Als die „Elektrische“ noch durch Wahn rollte

Das Depot der Wahner Straßenbahn an der Heidestraße. Heute befindet sich hier ein Reifenhandel.

Ein kurzes, etwa zwei Meter langes Stück Straßenbahngleis glänzt am Linder Mauspfad in der Sonne. Es kommt aus dem mit wildem Gestrüpp bewachsenen Grundstück, das sich hinter einem verrosteten Gitter auf dem Gelände der Bundeswehr ausbreitet, und führt ins Nichts.

Das Gleis gehörte einmal zu der Bahntrasse, die von der Munitionsfabrik in Lind bis zur Kaserne führte. Dort, wo heute die Reste der Gleise vor sich hin rosten, trafen einst zwei wichtige Bahnlinien aufeinander: Zum einen eine Stichlinie zur Kleinbahn, die von Siegburg (Rhein-Sieg-Kreis) bis nach Köln-Zündorf führte – und die nur wenige Kilometer lange Strecke, auf der von 1917 bis 1961 Straßenbahnen zwischen dem Bahnhof Wahn, dem Ortszentrum und den Militäreinrichtungen am Rande der Wahner Heide verkehrten.

Bahn-Experte Benno Krix am letzten Schienenstück

Am 6. Mai 1917 startete diese „Elektrische“ zu ihrer Jungfernfahrt. Doch nach nur 44 Jahren war Schluss mit dem Betrieb. Die Straßenbahn hatte nämlich statt Gewinne zu erwirtschaften ständig Verluste eingefahren.

Heute erinnert nur noch wenig an die Straßenbahn: Die Schienen im Grünzug, der sich am Rande des Linder Mauspfads bis Spich windet, sind verschwunden. Zuletzt wurde im vergangenen Jahr „Kurth’s Büdchen“ abgerissen. Es war die Endhaltestelle der elektrischen Bahn und stand dort, wo heute das letzte Stück Gleis im Nirgendwo verschwindet. Einzig das Straßenbahndepot an der Heidestraße existiert heute noch. - Roland Schriefer

Ein altes Kölner Krankenhaus wie ein Schloss

Das Bürgerhospital mit der hauseigenen Kirche St. Cäcilien

Ältere Kölner werden sich noch an die Bauarbeiten erinnern: In der Nähe des Neumarkts sollte 1965 für die Josef-Haubrich-Kunsthalle neben der neu errichteten Volkshochschule Platz geschaffen werden. Die letzten Mauerreste des kriegszerstörten Bürgerhospitals wurden dafür abgerissen.

Historiker bedauern bis heute den Verlust des Krankenhaus-Gebäudes. Sein Raumkonzept galt als geradezu revolutionär und richtungsweisend für Krankenhausbauten. In seinen Mauern haben Patienten und Personal glanzvolle Zeiten des Behandlungsfortschritts erlebt – aber auch die bisher schlimmsten Kapitel der Medizingeschichte.

Eine Luftaufnahme aus dem Jahr 1900. Links ist das Bürgerhospital mit St.Cäcilien zu sehen, im Zentrum der Neumarkt und schräg darüber, am oberen Bildrand, die Kirche St. Aposteln.

Als letzte Spur kann noch das Schnütgen-Museum in seiner baulichen Schönheit an der Cäcilienstraße prunken. Es ist die ehemalige, mittelalterliche Stiftskirche St. Cäcilien, die ab 1845 rund 100 Jahre als Krankenhaus-Kapelle ihren festen Platz in dem großen, innerstädtischen Gesundheitszentrum hatte.

Zur Zeit der französischen Besatzung entstand in den Klostermauern das Cäcilienhospital als erstes städtisches Krankenhaus. Der größte Fortschritt: Auf allen Ebenen gab es fließendes heißes und kaltes Wasser, Duschen, Badewannen und Heizungen. Jeder Patient hatte ein eigenes Bett, was bis dahin alles andere als selbstverständlich war. - Kirsten Boldt

Wo in Köln einst Soldaten hingerichtet wurden

Parallel verlaufende Erdwälle im Wald sind die Überreste des Dünnwalder Schießplatzes.

Lange Zeit wuchs Gras über den Dünnwalder Schießplatz und seine dunkle Vergangenheit. Fünf parallele Erdwälle sind übrig geblieben von dem Areal, auf dem nicht nur auf künstliche, sondern auch auf lebende Ziele geschossen wurde.

Kaum ein Passant achtet auf die 400 bis 600 Meter langen Hügel, die sich neben einem Spazierweg im Wald verbergen und früher die Schießbahnen trennten. Nichts erinnert an die Toten.

Auch die Dünnwalder wissen kaum etwas von den grausamen Vorgängen auf dem einstigen Schießübungsplatz im Wald.

Nach dem Klingelpütz, wo etwa 70 Deserteure mit dem Fallbeil getötet wurden, war der Schießplatz in Dünnwald die bedeutendste Kölner Hinrichtungsstätte für Fahnenflüchtige während des NS-Regimes.

Vom 15. Oktober 1940 bis 23. Dezember 1943 wurden dort 23 Männer hingerichtet, zwei weitere im März und April 1945 in einer angrenzenden Kiesgrube. Es waren Soldaten der Wehrmacht, die von Militärgerichten zum Tode verurteilt worden waren – wegen Fahnenflucht oder „Zersetzung der Wehrkraft“.

Die Anlage am Kalkweg hatten die Nationalsozialisten lediglich übernommen. Schon 1887 wurde sie von den Preußen angelegt. Nach der Niederlage des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg wurde sie im Zuge der Entmilitarisierung durch die Alliierten außer Betrieb genommen. 1936 dann reaktivierten sie die Nazis und wandelten sie später zur Exekutionsstätte um. - Tobias Christ

Als der Karnevalsprinz am Aachener Weiher proklamiert wurde

Im Williams-Bau fanden Veranstaltungen zu jeder Jahreszeit statt.

Die Prinzenproklamation im Gürzenich ist das alljährlich mit großer Spannung erwartete wichtigste gesellschaftliche Ereignis Kölns. Was heute wie selbstverständlich in der „guten Stube“ der Stadt begangen wird, fand in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Zirkuszelt am Aachener Weiher statt – im Williams-Bau.

Für Kölner, die 80 Jahre und älter sind, hat der Name des Williams-Baus immer noch einen ganz besonderen Klang. Wie selbstverständlich sprechen sie ihn nicht englisch, sondern deutsch aus mit Betonung auf der ersten Silbe: „Der Williams-Bau!“

Es war ein strahlend heller und warmer Sehnsuchtsort inmitten der Trümmerwüste der kriegszerstörten Stadt. Der Ort, an dem die Kölner das Feiern wieder lernten. In den acht Jahren seiner Existenz erlebte der Zeltbau, der eigentlich als Winterquartier des Circus Williams gedacht war, glanzvolle Veranstaltungen.

Die Prinzenproklamation von 1955 im Williams-Bau wurde im Fernsehen übertragen.

Spuren gibt es praktisch keine mehr. Das ist bemerkenswert, weil sich zwischen 1947 und 1955 in diesem als Winterquartier gedachten Gebäude ein bedeutender Teil des gesellschaftlichen Lebens der Stadt abspielte.

Wie eben die Prinzenproklamationen. Am 9. Februar des Jahres 1955 wurde damit im Williams-Bau sogar Fernsehgeschichte geschrieben. Erstmals wurde eine „Pripro“ live übertragen.

Und unter der legendären Zirkuskuppel wurde auch Fußballgeschichte geschrieben: Auf einer Karnevalssitzung des 1. FC Köln im Williams-Bau wurde der Geißbocks zum Vereinsmaskottchen. - Heribert Rösgen

Die geheime U-Bahn-Station unter dem Bahnhof Deutz

Tief unter dem Deutzer Bahnhof ruht seit Jahrzehnten eine ungenutzte Haltestelle

Unter den Gleisen der Linien 1 und 9 im Bahnhof Deutz befindet sich seit Jahrzehnten eine zweite, ungenutzte U-Bahn-Station. Sie wurde für neue Linien gebaut, die es bis heute aber nicht gibt.

Eine unscheinbare Tür mit Rippenmuster verbirgt das Geheimnis der U-Bahn-Haltestelle am Deutzer Bahnhof. Dahinter befindet sich ein Abgang, der mit einem deckenhohen Drahtzaun verschlossen ist. Über eine lange Betontreppe führt der Weg nach unten, nur wenige Leuchtstoffröhren erhellen den Raum, dessen Dimensionen nur langsam zu erahnen sind.

Eine unscheinbare Tür führt in die Halle hinab.

„Unsere Vorgänger haben diesen zweiten U-Bahnhof für eine zukünftige Ost-West-U-Bahn als Vorleistung gebaut“, sagt Gerd Neweling, Leiter des Amts für Brücken und Stadtbahnbau.

Der zweite Deutzer U-Bahnhof ist so alt wie der erste: 1979 wurde er beim Bau der Anlage für die Linien 1 und 9 mitangelegt, um Kosten zu sparen. Denn ein nachträgliches Hinzufügen der tiefer gelegenen Gleisebene wäre immens teuer geworden.

Ob die rechtsrheinische Ost-West-Achse allerdings jemals realisiert wird, ist völlig unklar. Auf einer jüngst von der KVB erstellten Prioritätenliste von Projekten steht die Strecke nicht. - Tim Attenberger

Ein Stück Museum Ludwig steht in Köln-Volkhoven

Eva Janoskova vor der Simultanhalle in Volkhoven. Die Künstlerin verhinderte den geplanten Abriss des Testbaus.

Am Volkhovener Weg 209 steht ein hohes quadratisches Etwas wie ein vergessener Bauklotz in der Landschaft. Auch Nicht-Eingeweihten kommt er irgendwie vertraut vor. Es ist ein Stück Museum Ludwig.

Ende der 1970er Jahre ließ die Stadtverwaltung die Halle errichten, die mittlerweile nur „Simultanhalle“ genannt wird.

Was für einige hunderttausend D-Mark entstand, war ein Testbau für das Millionenprojekt neben dem Dom – ein kleiner Vorgänger des großen Museums Ludwig.

„Wir wollten einen Musterbau“, sagt Godfrid Haberer, der zusammen mit Peter Busmann das Museum Ludwig mit der dazugehörigen Philharmonie entwarf. Vor allem die Wirkung der Fenster in der markant geschwungenen Dachkonstruktion, den so genannten Shed-Dächern, sollte im Kleinen getestet werden.

Mit Hilfe der Halle war zudem eine genauere Ausgaben-Prognose möglich. „Wir haben einen Kostenplaner eingeschaltet, der aufgrund des Musterbaus genau die Ansprüche an den Museumsbau definiert hat“, sagt der 74-jährige Architekt Haberer. Realistischere Preisangaben seien möglich gewesen. Tatsächlich wurden die berechneten Kosten für Museum und Philharmonie – insgesamt 280 Millionen D-Mark teuer – nur um fünf Prozent überschritten.

Heute ist die Simultanhalle Treffpunkt der jungen Künstler-Szene, die irgendwann vielleicht mal den Sprung in das große Museum Ludwig schafft. - Tobias Christ

Als in Köln-Lindenthal heiße Öfen gebaut wurden

Die Maschinenhalle der Metallwerke im Jahr 1930.

Die „Köln-Lindenthaler Metallwerke“, die einst Fahrräder und Motorräder produzierten, sind ein ebenso glänzender wie finsterer Teil der Kölner Wirtschaftsgeschichte.

Der kometenhafte Aufstieg der Metallwerke begann Ende des 19. Jahrhunderts. Die Kölner waren radsportverrückt, an jedem Wochenende strömten sie zu Rennen in Riehl oder im Stadtwald. Im Januar 1899 zog „Hochrad-Rekordfahrer“ Georg Sorge mit seinen „Köln-Lindenthaler Metallwerken“ von der Freiligrathstraße an die Neuenhöfer Allee um, wo zeitweilig mehr als 700 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Dass die „KLM“ immer größer wurden, war auch der Karriere des Motorrads zu verdanken. Es war eine Pionierfirma in Sachen Motorradbau. Ab 1909 kam aus Lindenthal sogar das schnellste Serien-Motorrad der Welt – mit immerhin sieben PS.

Mit der Nazi-Diktatur begann das düstere Kapitel der Lindenthaler Werke. nie KLM wurden zum „nationalsozialistischen Musterbetrieb“. Mehrere Zwangsarbeiter sollen dort umgebracht worden sein.

Übrig geblieben sind vom einst größten Arbeitgeber des westlichen Köln nur Mauerreste, die heute vor allem auf dem Gelände der Heliosschule und der Grundschule Mommsenstraße stehen. Außerdem gibt es noch das alte Verwaltungsgebäude an der Neuenhöfer Allee. Der Rest: in den 1960er und 1970er Jahren abgebrochen und vergessen. - Tobias Christ

Mit Tempo 70 durch die Rheinlandhalle unter dem Heliosturm

Die Arena mit Boxring.

Die Rheinlandhalle unter dem Heliosturm in Köln-Ehrenfeld war der Vorläufer von Sporthalle und Lanxess-Arena. Kaum etwas deutet jedoch heute noch darauf hin, dass sie einmal ein Sportpalast war, der Menschenmassen anzog.

An der Längsseite der Rheinlandhalle im Schatten des Heliosturms ist – fast verdeckt von geparkten Autos – eine Gedenktafel angebracht. Sie ist dem Radrennfahrer Albert Richter gewidmet, einem jungen Mann aus dem Viertel.

Am 2. November 1928 begann die wohl bewegteste und schillerndste Ära der früheren Fabrikhalle. Begleitet von viel Pomp hallte der Startschuss zum ersten Kölner Sechstagerennen durch das Oval der Rheinlandhalle.

Unternehmer Arthur Delfosse und seine „Kölner Industrie-Werke“-Gesellschaft, damalige Besitzer der früheren Fabrikanlagen zwischen Gürtel und Heliosstraße, hatten kräftig in den Umbau der Werkshalle zum Sporttempel investiert.

Bau der Rennbahn 1928.

Die Halle war eng und bot nur Platz für eine 166,7 Meter lange und 5,65 breite Bahn. Dicht an diesem hölzernen Oval waren die Zuschauerränge platziert. Die Sprinter, die man damals Flieger nannte, fuhren mit bis zu 70 Stundenkilometern am Publikum vorbei.

Ein wahrer Hexenkessel, Sport und Show zugleich: Die Fahrer drehten ihre Runden, während um sie herum viel geraucht, getrunken und in Köln womöglich auch geschunkelt wurde. - Heribert Rösgen

Tod im Bunker unter dem Melaten-Friedhof

Elf Stufen führen hinab in den Bunker.

Unter dem Kölner Melaten-Friedhof liegt versteckt ein Tiefbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei einem Luftangriff im Oktober 1944 starb darin eine ganze Hochzeitsgesellschaft. Eine Bombe war genau vor dem Eingang aufgeschlagen und hatte den Luftschacht – die Schwachstelle des Bauwerks – zerstört.

Heute erinnert nur noch eine kleine Gedenkstätte neben der Kapelle an das dramatische Ereignis vor 71 Jahren. Der Eingang zum Bunker liegt ein paar Meter weiter, in der Nähe des Verwaltungsgebäudes. Eine enge Treppe führt drei Meter hinab bis vor eine schwere, rostige Eisentür.

„Eine ganz schlimme Geschichte“, sagt Friedhofschef Peter Lejeune. In keiner Chronik ist das Ereignis erwähnt, auch im Internet finden sich nur spärliche Hinweise. Selbst alteingesessene Kölner, die ihre Kindheit während des Zweiten Weltkriegs in Ehrenfeld oder Lindenthal verbracht haben, reagieren überrascht, wenn sie von der Existenz eines Bunkers unter Melaten erfahren. An das Schicksal der Hochzeitsgesellschaft kann sich niemand mehr erinnern. - Tim Stinauer

Ein Hafen für fliegende Kolosse in Köln-Bickendorf

Bei der Ankunft des Luftschiffs von Graf Zeppelin in Köln hatten sich die Schaulustigen sogar auf den Dächern postiert.

1909 wurde der Kölner Luftschiffhafen eröffnet, auf einem freien Feld an der heutigen Mathias-Brüggen-Straße in Bickendorf.

Einziger Überrest, der heute noch von der riesigen Halle zeugt: ein Luftschiffanker. Er liegt mitten im Gewerbegebiet vor der großen Halle einer Firma an der Mathias-Brüggen-Straße 68. Ein Gewächshaus soll ihn vor Regen schützen, denn die Kombination von Feuchtigkeit und Frost würde dem historischen Zeugnis den Garaus machen.

Obwohl das gesamte Areal Militärgelände und damit als geheim eingestuft war, entwickelte sich der Luftschiffhafen schnell zu einem beliebten Ausflugsziel der Kölner. Vor den Toren warteten damals Wurstbuden und Eisverkäufer auf Kundschaft, man konnte Ansichtskarten erwerben oder Zauberkünstlern zuschauen. Interessierte Bürger konnten für fünf Pfennig einen Rundgang durch die Halle machen.

Etliche Schaulustige bestaunen zwei Zeppeline, die in der Bickendorfer Luftschiffhalle parken.

Zu Beginn des ersten Weltkrieges galten die ersten Luftangriffe auf Deutschland dem Kölner Luftschiffhafen. Im Dezember 1918 wurde bei Plünderungen fast das gesamte Inventar gestohlen, von den beiden Motoren für die schweren Hallentore bis hin zu Mobiliar und der gesamten Beleuchtung.

Das weitere Schicksal der Halle verliert sich im Dunkel. Vermutlich wurde sie Mitte der 20er Jahre an einen Schrotthändler verkauft und demontiert wurde. - Bettina Janecek

Eine Geisterbahn zwischen den Spuren der A555

Die Landstraße zwischen der Autobahn ist heute ein toter Ast im Kölner Verkehrsdickicht. Verkehr rollt hier lange nicht mehr.

Tausende Autos sind auf dem Bonner Vertieler im Süden Kölns täglich unterwegs. Doch eine Spur liegt seit Jahrzehnten brach: Sie befindet sich zwischen den beiden Fahrbahnen der A555 und endet nach ein paar hundert Metern kurz vor dem Autobahnkreuz Köln-Süd im Nichts. Es ist sehr lange her, dass hier Verkehr rollte.

So sah der nördliche Teil der A 555 Anfang der 1960er Jahre aus: In die Autobahn war eine Landstraße eingebettet, auch am Kreuz Köln-Süd.

Was heute vergessen ist, war einst ein Teil der Bundesstraße 9, die heute unter anderem als Bonner Landstraße parallel zur A555 verläuft und Köln mit Bonn verbindet.

Von Anfang der 1940er Jahre bis Mitte der 1960er Jahre nahm die Landstraße einen einmaligen Verlauf: Sie führte zwischen den beiden Fahrspuren der Autobahn entlang, zumindest auf Kölner Gebiet. Es war eine Straße in der Straße – ein deutschlandweites Kuriosum.

Ab Mitte der 1960er Jahre wurde die A 555 von vier auf sechs Spuren erweitert, rechts ist die Baustelle erkennbar.

Als die heutige A555 im Jahr 1932 unter der offiziellen Bezeichnung „Kraftwagenstraße“ als eine der frühesten Vorstufen der Autobahn in Betrieb ging, verlief die Köln-Bonner Landstraße noch auf voller Länge neben der neuartigen „Nur-Autostraße“.

Das änderte sich, als Anfang der 1940er Jahre das Autobahnkreuz Köln-Süd gebaut wurde. Die Nutzer der Landstraße unterquerten in Höhe der heutigen Anschlussstelle Rodenkirchen die Autobahn-Fahrspur aus Richtung Bonn, die Tunnelstrecke führte direkt in die Mitte der Autobahn. Die Landstraße verlief, eingerahmt von der A555, über das Autobahnkreuz und mündete auf den Kölner Verteilerkreis.

Mitte der 1960er Jahre war es vorbei mit der Dazwischen-Lösung. Die A555 wurde ausgebaut, für die Landstraße war zumindest teilweise kein Platz mehr. Der Tunnel an der Anschlussstelle Rodenkirchen wurde beseitigt, der Abschnitt bis zum Autobahnkreuz ebenfalls. Der Rest Landstraße vom Autobahnkreuz bis zum Verteilerkreis blieb unangetastet bis heute. „Die Straße zurückzubauen hätte unnötigerweise Kosten verursacht“, sagt Braunisch.

Heute dient die verkehrsumtoste Geisterbahn der Autobahn-Meisterei als Abstellplatz. Die Polizei nutzt sie ab und zu für Verkehrskontrollen.

Das steckt hinter dem rätselhaften Metallteil am Heumarkt

Das neun Meter lange Metallblech wurde 1977 im Rhein gefunden.

Von vielen Autofahrern und Fußgängern unbeachtet altert am Rande der Deutzer Brücke nahe dem Heumarkt ein hellgrün lackiertes Metallgebilde vor sich hin. Ein Schild, das die Stadtverwaltung vor Jahrzehnten anbringen ließ, verrät die Herkunft:

Das Blech war in der alten Deutzer Hängebrücke verbaut, der Hindenburgbrücke, die in den letzten Kriegsmonaten eingestürzt ist und etliche Menschen in den Tod gerissen hat.

Die alte Deutzer Brücke, später benannt nach dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, wurde 1915 eröffnet.

Die Brücke zwischen Deutz und der Altstadt war 1915 während des Ersten Weltkrieges nach nur zweijähriger Bauzeit eröffnet worden, ohne Festreden, ohne Musik und Gejubel. Sie war die erste Hängebrücke über den Rhein.

In den Mittagsstunden des 14. Januar 1945 bombardierten die amerikanischen Luftstreitkräfte mit 400 Flugzeugen die Kölner Brücken. Die Verbindung nach Deutz erlitt 15 Treffer, blieb aber befahrbar. Es war der Anfang von ihrem Ende.

Am 28. Februar 1945, brach das Bauwerk bei der Reparatur von Bombenschäden ein. Die Zahl der Opfer wurde niemals erfasst.

Wohnen neben dem alten Fahrkarten-Schalter - im alten Nippeser Bahnhof

Der alte Nippeser Bahnhof im Mai 1988

Am Nippeser Bahnhof an der Escher Straße 31 in Nippes hielten in den 1950er Jahren noch Eilzüge an den Bahnsteigen. In einer kleinen gläsernen Zelle wurden Fahrkarten und Bahnsteigkarten verkauft, es gab sogar eine Gepäckaufgabe. Ein langer Gang führte damals von der Bahnhofshalle über eine große Treppe zum Bahnsteig. Weil dieser in einer Kurve lag, war er außergewöhnlich breit.

Um 1920 erbaut, war das Gebäude 70 Jahre später für den Zugverkehr überflüssig geworden. Die Deutsche Bahn hatte Ende der 80er Jahre die S-Bahn-Strecke zwischen Köln und Düsseldorf erweitert und die Haltestelle Köln-Nippes 200 Meter weiter nach Norden – an die Kreuzung Escher Straße/Liebigstraße – verlegt – wo auch heute noch die S 11 und die S 6 halten.

Der umgebaute Bahnhof mit Wohnungen und Büros

Mehr als zwei Jahrzehnte lang stand der alte Bahnhof leer. Dann rückten die Bagger an. Vier Wohnungen entstanden im Innern des Gebäudes, die einstige Bahnhofhalle wurde zum Büro. Links und rechts des Altbaus wurden je zwei Stadthäuser gebaut.

Ein Relikt vergangener Zeiten und die einzige Spur, die noch auf die alte Nutzung des Gebäudes hinweist, ist die Bahnhofsuhr im Giebel über dem einstigen Haupteingang. Sie verschwand nach der Stilllegung des Bahnhofs und kehrte mit dem Umbau funktionstüchtig wieder zurück. - Anna Lampert

Das Bierdorf, Kölns unterirdische Partystadt

Der Bierbrunnen unter künstlichem Grün war der Mittelpunkt des unterirdischen Dorfes.

Im Keller der Kölner Ladenstadt, den heutigen Opernpassagen, gab es einst die Kneipenansammlung mit dem einprägsamen Namen „Colon“.

Das „Bierdorf“, wie es von den Kölnern meist bezeichnet wurde, hatte weder Einwohner noch einen Bürgermeister oder einen Pfarrer. Eigentlich gab es nur einen Berufsstand: Wirte. Bei seiner Eröffnung hatte der damals neuartige Vergnügungstempel 17 Kneipen, Imbissbuden und Cafés sowie eine Diskothek.

Im Oktober 1982 wurde auf dem idyllischen gepflasterten Dorfplatz das erste Fass angeschlagen. Die Zeche konnte nur mit der dorfeigenen Währung, dem Colon-Thaler bezahlt werden – Umrechnungskurs 1:2, also zwei Mark für einen Thaler.

Das Colon war anfangs ein Publikumsmagnet. Nach gut einem Dreivierteljahr wurden bereits 500.000 Besucher gezählt. Doch der Erfolg wurde rasch zum Problem: Schon kurz nach der Eröffnung hagelte es Beschwerden aus der Nachbarschaft. Lärm, Unrat, Wildpinkler, Gestank und zugeparkte Straßen, sogar Überfälle wurden angeprangert. Später wurde sogar der unterirdische Zugang zugemauert, durch den das Dorf einen U-Bahn-Anschluss hatte.

Ein Brand zerstörte 1991 das Dorf. Wiederaufgebaut hielt es sich nur kurz, ebenso wie die 1996 anstelle des Colon eröffnete Homosexuellen-Disco Lulu. - Heribert Rösgen

Der verlorene alte Opernprachtbau

Die Postkarte zeigt den Blick von der Kreuzung Hahnenstraße/Hohenzollernring auf die Oper um 1910.

Als das alte Opernhaus am Rudolfplatz am 6. September 1902 mit dem dritten Akt aus Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ eröffnet wurde, hatte wohl niemand gedacht, dass dem Haus nur eine relativ kurze Existenz bevorstehen würde.

Bereits 1958 wurde das von Architekt Carl Moritz entworfene Ensemble wieder abgerissen – obwohl es 1943 während des Zweiten Weltkriegs bei einem Luftangriff nur leicht beschädigt wurde.

Heute erstreckt sich auf dem Grundstück das Hotel Cologne Rudolfplatz, das 2016 ein Haus der Steigenberger-Gruppe werden soll. Eine Gedenktafel vor dem Hotel erinnert an das alte Opernhaus.

Wer sich weiter auf die Spurensuche begeben will, muss die von Hans Schilling entworfene Kirche Neu St. Alban im hinteren Teil des Stadtgartens besuchen, die als Nachfolgebau für die im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Kirche St. Alban am Quatermarkt dient. Um die Baukosten zu reduzieren, wurde der Sakralbau 1958 aus Trümmerziegeln errichtet. Da das Material zu dieser Zeit allerdings knapp wurde, griff das Bauunternehmen auf die Reste des frisch abgerissenen Opernhauses zurück. - Tim Attenberger

Als die „Alweg-Bahn“ durch Köln-Fühlingen fuhr

Die Teststrecke der Alweg-Bahn.

Als „Transrapid der 1950er Jahre“ ging die Alweg-Bahn in die Geschichte ein, etwa 1,8 Kilometer lang war die Versuchsstrecke in der Fühlinger Heide. Die Einschienen-Hochbahn, angetrieben von leisen Elektromotoren, deren Kraft über Gummiräder auf die Betonschiene übertragen wurden, sollte zumindest teilweise das übliche Zweischienen-System ersetzen.

Die Alweg-Bahn wirkte damals auf die Kölner wie ein Transportmittel vom anderen Stern. Wenn ein Zug die Neusser Landstraße überquerte, staunten die Autofahrer Bauklötze. Vermehrte Auffahrunfälle sollen die Folge gewesen sein.

Besucher bestaunen das Innenleben der Alweg-Bahn.

Vater der Sensation im Kölner Norden war der Schwede Axel Wenner-Gren („Alweg“), mit dessen Geld 1951 die „Verkehrsbahn Versuchsgesellschaft“ mit Sitz in der Fühlinger Heide gegründet wurde.

Kölns Oberstadtdirektor Max Adenauer gehörte zu den wenigen Kommunalvertretern, die das Potenzial der Bahn erkannten. Er schlug vor, die Kölner Innenstadt mit Leverkusen und Opladen per Hochbahn zu verbinden. Doch aus der von Alweg heiß ersehnten Referenzstrecke wurde nichts. Auch alle weiteren Hoffnungen, die Hochbahn in den städtischen Alltag zu integrieren, zerschlugen sich – zumindest in Deutschland.

In Tokio, Seattle und auch im kalifornischen Disneyland fahren Bahnen nach dem Alweg-Prinzip noch heute. Doch die Fühlinger Teststrecke wurde 1967 abgebaut, ihre Konstrukteure packten bitter enttäuscht ihre Koffer. Dort, wo einst Deutschlands Nahverkehr revolutioniert werden sollte, entstand die Erweiterung des Fühlinger Sees. - Tobias Christ

Als in der Riehler Aue ein Freizeitpark stand

Hinten der Rhein, vorne die „Super 8“: Die Achterbahn war eine der vielen Attraktionen. Vor allem das weltraumbegeisterte Volk kam auf seine Kosten. Das Bild hat Jürgen Nießens Vater vom Riesenrad aus gemacht.

Ein Trafohäuschen aus rostigem Stahl und verwittertem Beton ist alles, was übrig geblieben ist von der wilden Zeit der Riehler Aue – einer Zeit, in der sich das Riesenrad hoch über dem größten Vergnügungspark der Republik, dem Kölner Tivoli, zwischen Mülheimer Brücke und Cranachwäldchen drehte.

1969 beschloss der Stadtrat zwei Schaustellern und einem Kaufmann den Bau eines Freizeitparks zu genehmigen. Zur Gartenschau, deren Schauplatz neben dem Deutzer Rheinpark auch die südliche Riehler Aue auf der anderen Rheinseite war, erhofften sich Betreiber und Stadt das große Geschäft.

16 Millionen Mark teuer waren die Attraktionen, auf 60.000 Quadratmetern drängte sich zur Eröffnung im April 1971 alles, was als schick galt im Vergnügungsgeschäft der frühen Siebziger.

Immerhin 300.000 Besucher kamen 1972, zu wenige allerdings, um die hohen Kosten zu decken. Im August 1975 schließlich meldeten sie Konkurs an.

Was außer dem schäbigen Trafohäuschen neben dem unwirtlichen Parkplatz am Molenkopf geblieben ist vom Kölner Tivoli: Das Riesenrad dreht sich immer noch – in einem Park in den Niederlanden. Auf der Achterbahn „Super 8“ erleben wohl auch heute noch Kinder den großen Nervenkitzel – wahrscheinlich in den USA. Nur der Wellenflieger, ein Kettenkarussell, das heute Schwanenflieger heißt, lässt sich ab und an in Köln blicken: zuletzt beim Mülheimer Volksfest im vergangenen Jahr. -