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Süßwarenhersteller HitschlerDer König der Kaubonbons aus Köln

Lesezeit 4 Minuten

Hitschler-Geschäftsführer Michael Voß

Köln – Viele Kölner dürften ihre erste Begegnung mit dem Süßwarenunternehmen Hitschler an Rosenmontag gemacht haben, wenn Abertausende Kaubonbon-Streifen von den Wagen regnen. „Dass wir aber ein Ur-Kölner Unternehmen mit einer 80-jährigen Firmengeschichte sind, wissen viele nicht“, sagt Geschäftsführer Michael Voß.

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte in den 1920er Jahren. Firmengründer Ferdinand Hitschler arbeitete als Handelsreisender und verkaufte Tabak und französische Lakritzbonbons.

1935 gründet er ein eigenes Unternehmen, in das wenig später auch sein Sohn Walter einstiegt.

Die Liebe zu Süßigkeiten

Es ist vor allem die Experimentierfreude und die Liebe zu Süßigkeiten des damals Anfang 20-jährigen Walters, die die Entwicklung der Firma nachhaltig prägen. Er verabschiedet sich vom Tabak und konzentriert sich auf den Verkauf von Naschwerk.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beflügelt das Wirtschaftswunder das Süßwarengeschäft, denn nach den Jahren der Entbehrung hatten die Deutschen Lust auf Zucker.

Hitschler beschließt, fortan nicht mehr zu handeln, sondern selbst zu produzieren. Im Jahr 1960 kaufte der Firmenchef seine erste Kaugummi-Produktion. Getreu seines Mottos „was es nicht gibt, wird erfunden“, beginnt er selbst eigene Produkte zu entwickeln.

Bonbons aus dem Klettenberger Keller

„Im ehemaligen Familienhaus in der Ölbergstraße in Klettenberg wurden die Bonbons damals noch im Keller gekocht“, erzählt Geschäftsführer Voß, der viele Jahre als Assistent für Walter Hitschler arbeitete.

Neue Süßwaren zu erfinden sei die große Leidenschaft des Firmenchefs gewesen. Im Laufe der Jahre entwickelt Hitschler etwa Fruchtgummi-Schnüre, die man in die Hände nehmen kann, ohne das sie sie durch eine ölige Textur verschmieren.

Auch die sogenannten „Ufos“ sind Hitschlers Erfindung, Oblaten mit Brausefüllung, von denen mittlerweile im Jahr rund 250 Millionen Stück produziert werden.

Bei einer Fahrt durch Holland in den 70er Jahren hatte Hitschler im wahrsten Sinne des Wortes den richtigen Riecher. Es duftete wunderbar nach Vanille. Hitschler hielt an und entdeckte eine Fabrik, die Schaumzucker herstellte – die Geburtsstunde des „Mäusespecks“.

Ein Stück Dragier-Kunst

Besonders intensiv experimentierte der langjährige Firmenchef mit weichen Bonbons, was ihm den Namen „König der Kaubonbons“ einbringt. Die „Hitschies“, schmale Stäbchen in verschiedenen Geschmacksrichtungen, nennt Geschäftsführer Voß „ein Stück Dragier-Kunst“ wegen der besonderen Konsistenz der äußeren Hülle.

Aufgrund des immer stärker werdenden Gesundheitsbewusstsein wird inzwischen ein höherer Fruchtsaftanteil verwendet und mehr natürliche Aromen.

Walter Hitschler will sich aber schon früh nicht nur auf den deutschen Markt verlassen, wo die Produkte seit den 80er Jahren in Filialen großer Einzelhandelsketten zu finden sind, sondern wagt den Schritt ins Ausland. Bereits in den 60er Jahren liefert das Kölner Unternehmen nach Saudi-Arabien und Nord-Afrika. Fast alle Produkte sind halal, entsprechen also den Speisevorschriften des Islam, weil Hitschler ohne Schweinegelatine produziert.

In Europa sind Frankreich, die Niederlanden und Österreich starke Absatzmärkte.

Umzug auf das alte RTL-Gelände

Eine Zäsur für das Kölner Familienunternehmen ist der Tod von Walter Hitschler mit 88 Jahren im Jahr 2010. Bis zuletzt war der Firmenchef jeden Tag im Büro, keine wichtige strategische Entscheidung fiel ohne ihn. „Es ist eine große Lücke entstanden. Wir mussten damit umgehen“, sagt Voß.

Nicht nur operativ musste sich die Firma, die dem letzten Willen des Verstorbenen zufolge in Familienhand bleiben soll, neu aufstellen. Auch die Firmenhistorie war nie dokumentiert worden.

Mittlerweile ist das Unternehmen von Klettenberg auf das ehemalige Gelände von RTL auf die Aachener Straße gezogen und hat seinen gesamten Auftritt modernisiert. Es gibt eine Internetseite, eine App, ein neues Logo.

Erste Werbekampagne mit 80

Zum 80. Geburtstag entschloss man sich in diesem Jahr auch erstmals eine Werbekampagne mit Plakaten in der ganzen Stadt ins Leben zu rufen. „Wir suchen neue Wege in der Kommunikation sowohl mit dem Kunden als auch mit dem Handel“, sagt Geschäftsführer Michael Voß.

Und mal ganz privat gefragt: Wie schafft man es in Form zu bleiben, wenn man für ein Süßwarenunternehmen arbeitet und neben den eigenen, auch noch die Produkte der Konkurrenz probieren muss? „Mit viel Laufen und Fahrradfahren, am besten mehrmals die Woche“, so Voß.