Susanne Imhoff im Interview„Die Stiftung soll präsenter werden“
Köln – Die Imhoff-Stiftung hat eine neue Vorstandsvorsitzende: Seit Februar diesen Jahres hat Susanne Imhoff ihre Mutter Gerburg abgelöst. Die 2001 von dem Kölner Schokoladenfabrikanten Hans Imhoff nach dem Verkauf des Stollwerck-Konzerns gegründete gemeinnützige Stiftung sollte, so Imhoff, „meiner Heimatstadt Gutes tun.“ Das Gebäude des Schokoladenmuseums befindet sich im Eigentum der Imhoff-Stiftung, die neben den Kapitalerträgen auch die Mieteinnahmen nutzt, um Projekte in Köln zu fördern. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach mit Susanne Imhoff, die seit 20 Jahren in Hamburg lebt, und sich ein Jahr lang in Köln auf ihren neuen Job vorbereitet hat.
Warum sind sie von Hamburg nach Köln zurück gekommen?
Susanne Imhoff: Ich bin eigentlich nicht von Hamburg weg, ich bin zu Köln hin – das ist ein großer Unterschied. Ich bin noch halb in Hamburg, mein Mann lebt da, meine vier Kinder, und am Wochenende bin ich immer da. Als sich im März letzten Jahres entschieden hat, dass wir einen Nachfolger für meine Mutter suchen und die Stiftung im Sinne meiner Eltern weiter geführt werden soll, habe ich gedacht: s ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, sich dafür zu entscheiden.
Weil ihre Kinder schon groß sind?
Die sind alle zwischen 16 und 18, also fast 17 und 19. . .
Zwei Mal Zwillinge?
Nein, Patchwork, zwei sind von meinem Mann und zwei von mir, und wir wohnen alle zusammen bei uns. Zwei machen jetzt Abitur und mein Sohn ist schon in der Ausbildung. Die wollen also nicht mehr mit mir auf dem Sofa sitzen und Memory spielen. Und ich wollte mich beruflich gerne verändern, hatte nach verschiedenen Zusatzausbildungen noch mal angefangen zu studieren – Sozialmanagement.
Was ist Ihr ursprünglicher Beruf?
Ich habe bis letzten März vier Jahre lang als Erzieherin in einer Krippe gearbeitet und wollte diese Basiserfahrung nutzen, um als Krippenfachberaterin und Supervisorin von Kita-Teams die Qualität der Betreuung von Kleinkindern zu verbessern. Vorher hatte ich bereits als Erziehungsberaterin und als Elterncoach gearbeitet. Ich war also auf dem Sprung und habe mit den Füßen gescharrt. Und als sich dann die Möglichkeit ergeben hat, die Stiftung zu leiten, habe ich kurz inne gehalten und überlegt: Will ich das? Weiß ich nicht. Kann ich das? Ich glaube, ja. Hat irgendwer etwas davon, wenn ich es mache? Ja. Schadet es meiner Familie? Nein? Also will ich das? Ja.
Und jetzt sind sie hier.
Ich habe anfangs gedacht, es sind vielleicht nur ein paar Tage pro Monat vonnöten, an denen ich hier bin. Das war allerdings eine Fehleinschätzung. Es ging nicht langsam los, sondern ich war sofort mittendrin. Das war gut und toll so. Jetzt bin ich vier, fünf Tage die Woche hier und lerne viele neue Leute kennen, nicht nur im Zug. (lacht)
Eine Stiftung zu leiten ist also viel Arbeit. Etwas despektierlich gefragt: Geld ist da, das muss verteilt werden – wo ist da die Arbeit?
Genau das gleiche habe ich auch gedacht. Aber es macht definitiv einen Unterschied, wenn man sich fragt: Wer kriegt denn Geld und wofür? Und wie kann ich das beeinflussen? Welches ist der innere Kompass, der „Wertekompass“? Also abgesehen davon, dass wir jetzt einen neuen Internetauftritt haben und ein neues Logo, bin ich ständig unterwegs. Wir kriegen ja relativ viele Anträge. Und ich gebe mir wirklich, wirklich Mühe. Ich gehe zu fast allen Antragstellern hin, schaue mir die Projekte an und versuche, mich nach einem inneren Leitbild zu richten. Es reicht nicht, das nach Nase oder Name zu entscheiden. Ich kann mir durchaus vorstellen, in Zukunft auch mehr kleinere Projekte zu unterstützen, wenn sie denn viel erreichen. Wo man spürt, dass sich innerlich was ändert.
Was heißt das konkret? Können Sie ein Beispiel nennen?
Durch unsere Unterstützung wird etwa das Comedia-Theater zukünftig einen Theaterpädagogen mit Migrationshintergrund einstellen. Das Ziel ist hierbei, möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, Dinge zu erleben, die vielleicht zu einer Änderung in ihrem Lebensplan führen. Das könnte ein Theaterpädagoge mit entsprechenden Sprachkenntnissen und Hintergrund, der die Kulturen versteht, hervorragend erreichen. Es geht um emotionale Nachhaltigkeit, um Herzensbildung.
Entscheiden Sie alleine, wer gefördert wird?
Jein. Es gibt die Stiftungsaufsicht, die mit Argusaugen darüber wacht, dass der Stiftungszweck eingehalten wird. Ich bin Vorstandsvorsitzende und habe einen Mitvorstand, das ist mein Bruder Hans. Wir entscheiden gemeinsam, wie das bisher Hans und meine Mutter getan haben. Wir werden vom Beirat beraten, dem die Oberbürgermeisterin und der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Köln-Bonn angehören sowie meine Schwester Annette, die das Schokoladenmuseum mit ihrem Mann Christian leitet.
Was hat sich geändert, seit Sie im Amt sind?
Offiziell im Amt bin ich ja erst seit ein paar Tagen. Am 23. Februar dieses Jahres, an ihrem Geburtstag, wurde meine Mutter verabschiedet. Ich habe mich aber fast ein Jahr lang eingearbeitet und meine Mutter hat mit sehr viel Vertrauen entgegen gebracht, viele Freiheiten gelassen. Was die Veränderung betrifft, sind da die Inhalte unserer neuen Website schon relativ aussagekräftig. Vorher war das sehr zurückgenommen und eher nüchtern. Meine Mutter ist ein sehr zurückhaltender Mensch und eher weniger gern in der Öffentlichkeit – das heißt, die Stiftung war nicht so wirklich sichtbar. Ich denke, das kann sich ändern, wenn man dem Ganzen ein bisschen Gesicht und Herz gibt und dadurch auch einen Vorbildcharakter für andere einnimmt.
Das ist etwas, das Köln gut gebrauchen könnte. . .
Das habe ich witzigerweise jetzt schon öfter gehört, auch wenn ich das nach 20 Jahren in Hamburg nicht beurteilen kann. Funktionieren tut es immer und überall. Wenn jemand mit einem motivierenden Wesen Sachen macht, kommen viele hinterher. Gute Dinge ziehen Kreise. Und das ist wohl der größte Unterschied: Ich habe vor, präsenter zu sein.
Was ist das größte Projekt, das sie unterstützen?
Das Zentrum für Therapeutisches Reiten in Porz, dass es seit 26 Jahren gibt, dann kommt die lit.kid.cologne.
Die am Mittwoch beginnt. Haben sie die schon mal erlebt?
Vor Jahren bin ich mal dort gewesen, aber die lit.kid findet immer während der Hamburger Skiferien statt, deshalb war ich eher mit der Familie Skifahren. Das ändert sich dieses Jahr. Ich werde jeden Tag auf zwei bis drei Kinderlesungen sein. Darauf freue ich mich sehr.
Warum wird die lit.kid gefördert?
Ich selbst bin als Kind oft in den Genuss des Vorlesens gekommen. Das sind Erinnerungen, die mich bis heute begleiten. Ich habe meinen Kindern viel vorgelesen. Als Mutter und Erzieherin weiß ich, was gut geschriebene Worte mit der kindlichen Psyche und der Seele machen, wie viel innere Freiheit das produziert. Es gibt nichts Schöneres, als wenn ein Kind es schafft, Zugang zu dieser Welt zu bekommen.
Wie ist das bei Ihnen – lesen oder vorlesen?
Lesen. Bei Hörbüchern schlafe ich innerhalb von zwei Minuten ein. Und ehrlich, ich kenne niemanden in Hamburg, der zu Lesungen geht. Aber ich lese sehr viel, und auch sehr unterschiedliche Sachen.
Was lesen Sie gerade?
„Die Herzlichkeit der Vernunft“ von Ferdinand von Schirach und Alexander Kluge. Sensationell. Zum Abschalten gibt es aber auch Konsumlesen. Das ist so ein bisschen wie ins Feuer starren, dann darf es auch mal ein stumpfer Krimi sein. Aber es gibt Bücher, da marker ich mir etwas an und ziehe wirklich Inhalte für mein Leben raus.
Ich wollte immer mal jemanden kennenlernen, der Textstellen in Büchern anstreicht.
Manche Texte schreien danach. Ich würde es jetzt nicht beim Kluftinger-Krimi machen, aber bei Schirach gibt es Stellen, die markiere ich, weil ich sie nicht vergessen will.
Wieso leben Sie in Hamburg?
Mein erster Mann kam aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie. Er arbeitete zunächst in Köln und trat dann einen Job in Hamburg an. Und so gingen wir gemeinsam dorthin. Meine Kinder sind dann da geboren und aufgewachsen. Mit der Stadt bin ich ehrlich gesagt nie so richtig warm geworden.
Mit der Stadt oder den Menschen?
Also, die Natur ist dort sehr schön, architektonisch ist die Stadt toll. Und dennoch, ich weiß nicht genau, das Gefühl stimmte nicht so richtig, auch wenn ich viele nette Hamburger kennengelernt habe. Aber ich habe mich nie wirklich zu Hause gefühlt. Lag aber wohl an mir.
Jetzt sind Sie zurück in der Heimat. Was ist anders hier?
Meine sehr persönliche Erfahrung ist, dass es nicht EIN Hamburg gibt, aber EIN Köln. Es gibt dort so ein Leicht-von-oben-herab-Gucken. Zu betonen, „ich spreche auch mit der Kassiererin“, käme dem Kölner so nicht über die Lippen. Der wüsste noch nicht mal, was gemeint ist. Hamburg ist eine riesige Fläche, Köln ist intimer. Ich habe nie verstanden, was das Hamburger Lebensgefühl charakterisiert. Gleichzeitig hatte ich immer das Gefühl, ich werde in Schubladen gesteckt, dabei passe ich in wenige Schubladen rein. Mein familiärer Hintergrund, meine Ausbildungen und das Arbeiten im sozialen Brennpunkt, das ist ein starker Kontrast, aber das will ich nicht ständig erklären müssen. Ich hatte nie das Gefühl in Hamburg, dass mich irgendjemand einfach als das nimmt, was ich bin.
Und das ist in Köln anders?
Ja, das Gefühl habe ich. Hier ist es nicht so anstrengend. Da ich kein Auto habe, fahre ich wie viele andere häufig mit der Straßenbahn und habe da immer das Gefühl, ich gehöre einfach dazu. Ich kann das nicht genau beschreiben. Vielleicht hat es wirklich mit Heimatgefühlen zu tun. Zuhause im Sinne von Zuhause fühle ich mich in Köln.