Voll ausgelastetÄngste vor Krieg wirken sich auf Kölner Telefonseelsorge aus
Köln – Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die Arbeit der Telefonseelsorge aus. 20 Prozent der Gespräche drehten sich um dieses Thema, sagte am Montag Annelie Bracke, Leiterin der Katholischen Telefonseelsorge Köln, die sich die Arbeit mit der Evangelischen Telefonseelsorge in der Stadt teilt.
Noch auffälliger sei, dass 38 Prozent der Anrufer äußerten, sie hätten Angst. „Eine so hohe Zahl hatten wir noch nie“, so Bracke. Im vergangenen Jahr ging es lediglich in 17 Prozent der Fälle um Ängste.
22 Prozent der Menschen klagen über depressive Stimmung
Über depressive Stimmung klagen derzeit 22 Prozent der Menschen, die Rat und Hilfe suchen; 2021 waren es 19 Prozent. Dorit Felsch, Leiterin der Evangelischen Telefonseelsorge Köln, nannte als Beispiel eine über 80 Jahre alte Anruferin, bei der wegen des Kriegs Erinnerungen an die frühe Kindheit hochgekommen waren, in der sie im Luftschutzbunker Zuflucht suchen musste.
Aber auch junge Menschen hätten „massive Ängste“ davor, dass der Krieg sich ausweiten könnte. Hinzu kommen die Sorgen von Anrufern um Angehörige und Freunde in der Ukraine und in Russland. Nicht zu vergessen die Probleme russischstämmiger Menschen, die sich hierzulande Anfeindungen ausgesetzt sehen, beispielsweise eine selbstständig tätige Frau, die in eine Notlage geraten ist, weil ihr reihenweise die Kunden abspringen.
Telefonseelsorge in Köln
Evangelische Telefonseelsorge Köln, Rufnummer (Büro) 0221/31 71 59, telefonseelsorge.kirche-koeln@ekir.de
Katholische Telefonseelsorge Köln, Rufnummer (Büro) 0221/25 70 184, mail@telefonseelsorge-koeln.de
Einsamkeit und Existenznöte
Auch die Entwicklung der Pandemie spiegelt sich in den Gesprächen wider. Im Januar 2021 war Corona in 20 Prozent der Fälle Thema, im August in nur fünf Prozent der Telefonate, bevor der Wert im November wieder auf 20 Prozent kletterte; im Januar dieses Jahres lag er bei elf Prozent. Vielfach habe die Pandemie „vorhandene schwierige Lebenslagen“ verschärft, sagte Bracke.
Das reicht von der Einsamkeit allein lebender Menschen, denen im Lockdown die Kontakte außer Haus wegbrachen, über Spannungen in der Partnerschaft und wirtschaftliche Existenznöte bis zum Stress in helfenden und pflegenden Berufen.
Ob es nun um Corona, den Krieg oder andere Themen geht – die Kölner Telefonseelsorge-Stellen, getragen von den beiden großen Kirchen und an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichbar, sind voll ausgelastet. 2021 gingen wie im Vorjahr pro Tag etwa 70 Anrufe ein. Der Bedarf ist größer als das Angebot. Mit Blick auf die Arbeit während der Pandemie sagte Felsch: „In den letzten zwei Jahren waren wir eine der tragenden Säulen der psychosozialen Versorgung.“
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Bei der evangelischen Stelle, die nicht nur telefonisch, sondern auch per E-Mail Unterstützung bietet, sind zurzeit 90 ehrenamtliche Kräfte tätig. Bei der katholischen Telefonseelsorge, die in der zweiten Jahreshälfte in die Chat-Beratung einsteigen will, sind es 63. Der Anteil der Männer beträgt jeweils ein Drittel.
Weitere Mitarbeiter gesucht
Beide Stellen suchen weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die einjährigen Schulungen beginnen nach den Sommerferien, doch schon jetzt kann man sein Interesse anmelden. Voraussetzungen für die Mitarbeit sind, sich gut auf andere Menschen einstellen und mit Krisen umgehen zu können, belastbar, flexibel, teamfähig und für Spiritualität offen zu sein. Der Einsatz, zu dem Nachtdienste gehören, umfasst pro Monat 15 Stunden, einschließlich Supervision und Fortbildung.