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Nicht nur SitticheDiese exotischen Tiere siedeln sich in Köln an

Lesezeit 3 Minuten
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Dutzende Sittiche sitzen in einem Baum in der Innenstadt.

  1. Die Sittiche gehören längst zum Kölner Stadtbild. Und auch wenn sie so manchen Anwohner nerven: Sie gelten als harmlos.
  2. Doch es gibt eingewanderte Tiere, die nicht nur um einiges unansehnlicher sind, sondern auch gefährlicher.
  3. Sie machen den heimischen Arten das Überleben immer schwerer.

Köln – Die Wahrscheinlichkeit, in Köln von einer Asiatischen Tigermücke gestochen zu werden, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das Insekt – das aus den Tropen und Subtropen stammt und dafür bekannt ist, Menschen mit Viruskrankheiten zu infizieren – lässt sich inzwischen auch am Rhein nieder. „Ich habe schon mehrfach Tigermücken in Köln gesehen“, sagt Robert Schallehn, Geschäftsführer des Umweltbildungszentrums Gut Leidenhausen. Die Tigermücke habe sich bislang zwar noch nicht flächendeckend verbreitet, befinde sich aber auf dem Vormarsch. „Der Klimawandel ist bei den Insekten sicher ein Grund für die Einwanderung – sie kommen zu uns, weil es bei uns wärmer wird“, sagt Schallehn.

Zu den tierischen Invasoren, die sich in Köln wohlfühlen, gehören unter anderem auch Fische, Vögel, Nager und Krebse. Einige von ihnen bedrohen das Ökosystem, andere sind weniger problematisch. Die bekanntesten Einwanderer sind der Große Alexandersittich und der Halsbandsittich. Sie gelten als vergleichsweise harmlos, weil sie zwar mit heimischen Vogelarten um Brutplätze konkurrieren, deren Population aber bislang nicht beeinträchtigen.

Die Tigermücke

Weitaus problematischer stellt sich das bei der Fischfamilie der Grundeln dar, die sich aus dem Schwarzmeerraum nach Köln verbreitet haben und über die Ballast-Wassertanks von Schiffen in den Rhein gelangt sind. „Das ist eine ganz massive Ausbreitung, weil insbesondere die Schwarzmaul-Grundeln sehr anpassungsfähig sind, was das Futter angeht“, so Schallehn. Die Grundeln verdrängen einerseits einheimische Fischarten bei der Konkurrenz um Nahrung und jagen andererseits deren Jungtiere.

Ähnliches gilt im Bereich der Krebstiere. Der Signalkrebs ist eine von sechs eingeschleppten Krebsarten, die heimische Krebse verdrängen. Die Art lebt etwa im Sandfang des Bruchbachs im Rechtsrheinischen. Thorsten Florin-Bisschopinck, Biologe und Mitarbeiter im städtischen Umweltamt, hebt einen Stein hoch und nimmt einen kleinen Krebs auf die Hand. „So sieht er ja friedlich aus.“ Beim Anblick des Krebses mit einem kleinen weißen Fleck auf dem Daumen ist nicht zu ahnen, dass er für andere bedrohlich ist.

Die Schwarzmaul-Grundel stammt ursprünglich aus dem Schwarzen Meer.

Die zwei heimischen Krebsarten in Köln sind die Edelkrebse und die Steinkrebse. Früher seien die Edelkrebse ein „Arme-Leute-Essen“ gewesen, weil sie in den Gewässern häufig vorkamen – heute stehen sie und die Steinkrebse auf der Roten Liste, weil sie vom Aussterben bedroht sind.

Der Grund dafür ist unter anderem der kleine Signalkrebs, der munter über die Hand des Biologen krabbelt. Während der Industrialisierung ging der Bestand der Edelkrebse zurück. Deswegen holte man ab 1860 aus Nordamerika erst den Kamberkrebs und ab 1960 den Signalkrebs als Ergänzung zur heimischen Art nach Deutschland. „Man stellte dann allerdings ein außergewöhnliches Sterben der heimischen Krebse fest.“

Der nordamerikanische Signalkrebs verdrängt heimische Krebsarten.

Die amerikanischen Krebse gefährden die heimischen nicht nur, weil sie sie aus ihrem Lebensraum verdrängen, sondern auch, weil sie die Krebspest übertragen. Gegen diese Krankheit sind die eingewanderten Krebse immun – für den Edelkrebs und den Steinkrebs verläuft sie allerdings tödlich. Die Krebspest wird über Pilzsporen übertragen und deshalb nicht nur über die Tiere selber, sondern auch über den Menschen: „Die Sporen bleiben beispielsweise an Schuhen haften und können so in ein Gewässer, in dem Edelkrebse leben, übertragen werden.“

In Nordrhein-Westfalen existieren nur noch wenige Edelkrebs-Bestände. Im oberen Teil des Kölner Flehbachs gibt es allerdings einen der größten. Es werde versucht, die Ausbreitung der invasiven Arten zu bremsen. Am Flehbach wurden von der Stadt zwei Krebssperren errichtet, die verhindern sollen, dass die nicht-heimischen Arten in das Gebiet der Edelkrebse hochwandern und den Bestand gefährden. Aus großen Beständen können zudem Tiere entnommen und an einer anderen Stelle ausgesetzt werden, um das Aussterben der Art zu verhindern.

Biologe Thorsten Florin-Bisschopinck

Was passiert, sollten die heimischen Arten aussterben, ist unbekannt. Jede Art habe eine eigene Funktion, sagt Florin-Bisschopinck. Welche Auswirkungen ihr Fehlen auf Lebensraum und Fauna haben werde, bleibe unklar.