Tiger Altai, Affe PetermannDie größten Dramen im Kölner Zoo
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Köln – Mitten in der Corona-Krise begeht der Zoo seinen 160. Geburtstag. Doch den Tierpark haben schon ganz andere Krisen getroffen: Nachzulesen ist das in einem neuen Buch von Zoodirektor Theo Pagel und Sprecher Christoph Schütt. Manche der Ereignisse haben sich ins Kölner Gedächtniseingegraben, andere erstaunen sogar Kenner.
Mini-Elefant fällt ins Wasserbecken
Verzweifelt strampelte der kleine Kitai aus der Elefantenherde um sein Leben, nachdem er ins Wasserbecken gestürzt war. Zoodirektor Theo Pagel erklärte: „Wir haben entschieden, dass drei Elefantenpfleger das Jungtier aus dem Wasser holen.“ Dafür musste erst die Herde aus dem Bereich ausgesperrt werden. Dann hieß es: Hau ruck!
Die Tragödie, die Köln schockierte
Der 25. August 2012. Es ist um die Mittagszeit, als im Kölner Zoo ein Albtraum schreckliche Wahrheit wird: Im Raubtier-Gehege fällt der 300-Kilo-Tiger Altai seine Pflegerin (43) an. Sie stirbt später an den Folgen ihrer schlimmen Halsverletzungen. Zoodirektor Theo Pagel schildert damals: „Ich war selber nicht im Zoo, habe das nur zufällig mitbekommen und musste sofort reagieren.“ Er informiert die Polizei, lässt den Zoo räumen. Das SEK wird angefordert, doch das dauert zu lange. Deshalb holt Pagel sein Jagdgewehr und eilt zum Unglücksort. Er klettert auf das Dach und versucht, den Tiger ins Visier zu nehmen. Er schießt Altai um 12.15 Uhr mit einem Schuss ins Herz: tot. Sofort eilen Rettungskräfte herbei, kämpfen um das Leben der Tierpflegerin. Doch sie stirbt. Später stellt sich heraus: Es war eine Zwischentür offen, die nicht hätte offen sein dürfen. Deshalb konnte der Tiger die Pflegerin angreifen. Seit 1990 war Ruth K. im Zoo tätig, seit acht Jahren bei den Raubtieren. Sie kannte sich mit den sibirischen Tigern aus wie keine Zweite.
1876 traf den Zoo das erste Hochwasser (Pegel 9,76m), eine Reihe von Tieren starb. Die Verluste im Adlergehäuse waren besonders groß, fast alle Raubvögel waren ertrunken. Zum gefluteten Elefantenhaus musste eine Brücke gebaut werden, dort randalierte ein Afrikanischer Elefant (Zeichnung). Sechs Jahre später flutete der Rhein den Zoo abermals. Auch die Hochwasser von 1920 und 1923 verliefen tödlich. Heute verfügt der Zoo über einen Hochwasseralarmplan.
Schwere Verluste im Krieg
Der Zweite Weltkrieg bedeutete auch für den Kölner Zoo die schlimmste Katastrophe. 1944 wurde die Anlage angesichts des immer stärker werdenden Bombenkrieges und der Zerstörung für Besucher geschlossen. Bei Kriegsende 1945 wurden auf dem Gelände 133 Bombentrichter gezählt. Lediglich das 1863/74 erbaute Elefantenhaus hatte den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden. Am Ende hatten nur 23 Tiere überlebt. Darunter waren ein Flusspferd, ein Wasserbüffel, ein Yak, ein Storch, ein Waschbär, vier Shetland-Ponys, zwei Zebras und zwei Jaguare (diese waren nach Königsberg ausgelagert worden).
„Wohl kein anderer Bewohner des Zoos hat die Herzen so bewegt“, heißt es in der Hommage an den Zoo-Affen, der zur Berühmtheit wurde. Petermann spielte mit Kindern, hatte TV-Auftritte, wurde zum Showtier: Doch die lange geglaubte Harmonie zwischen Tier und Mensch war ein Trugschluss. Petermann hatte Verhaltensstörungen. Die Autoren schreiben: „In den Genuss, im neuen Urwaldhaus, dem Aushängeschild der Menschenaffenhaltung, das neue Maßstäbe setzte, zu leben, kam er nicht mehr.“ Es war der 10. Oktober 1985, als eine Gehegetür kurz offen stand, entkam Petermann seiner Käfiganlage. Gemeinsam mit Schimpansin „Susi“ haute er ab – das machte ihn legendär.
Ein anarchischer Affe, der die Freiheit erkämpft. Jedenfalls fast. Die Affen schlugen einen Pfleger zu Boden, dann attackierten sie Zoodirektor Gunther Nogge, verletzten ihn schwer. Petermann und Susi setzten ihre Flucht fort. Doch die Polizei war alarmiert: Petermann wurde auf dem Zoogelände von einem Beamten erschossen. Auch Susi starb auf diese Weise. „Es gab keine andere Lösung“, bedauerte Nogge die Todesschüsse. „Die Anteilnahme war groß – das Andenken ist es bis heute“, so würdigen die Buchautoren die Toten.
Tödlicher Kampf der Eisbären
Es war im Jahr 1875. Ein Tier hatte das andere gepackt. Ein Holzschnitt des Künstlers Ludwig Beckmann zeigt, wie der Eisbär seinem Rivalen in die Kehle beißt. Ein tödliches Drama: Wärter versuchten von außen mit Wurfgeschossen, die Tiere zu treffen und zu vertreiben. Ein Haken wurde besorgt, um die Tiere zu lösen. Es gelang nicht.
Das Buch
Wie befördert man Elefanten? Wie entkam das Bison? Was sind die Lieblingstiere des Zoodirektors (zum Beispiel der Stachelskink, den er in seinem Büro hält)? Wer ist der Indiana Jones vom Rhein? (Thomas Ziegler, Kurator des Aquariums, der schon 103 Arten entdeckt hat). Das und mehr in „111 Geschichten aus dem Kölner Zoo, die man kennen muss“. Emons-Verlag, 16,95 Euro.