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Tollkühne Frau auf dem Herrscher-Thron

Lesezeit 3 Minuten

„Töregene Hatun„ und „Temulun“: Angela Dünwald und Ursula Pfeifer tragen in der 1. Kölner Mongolen-Horde auch stilechte Namen (Bild l.). Großer Bahnhof vor dem Thron beim Sommerlager der 1. Kölner Mongolen-Horde

Heimersdorf – Zwölf Monde lang wird Töregene Hatun die Mongolen regieren. Weil ihr Gemahl dem Alkohol zum Opfer fiel und der Sohn noch zu jung war, um den Thron zu besteigen, hat sie ihn mit mörderischer List errungen. Was historisch die Geschichte einer weiblichen Regentschaft von 1242 bis 1246 in der Mongolei beschreibt, empfinden die Mitglieder der 1. Kölner Mongolen-Horde vun 1984 beim Sommerlager an der Nettesheimer Straße nach. Jedes Jahr wählen sie am ersten Tag ihres dreitägigen Sommerfestes ein neues Oberhaupt für ihre außergewöhnliche Gemeinschaft, dieses Mal ist es statt eines „Khan“ eben jene tollkühne Frau, die einst die Gunst der Stunde nutzte und ihrem Sohn die Herrscherposition sicherte.

Angela Dünwald heißt die Auserwählte im richtigen Leben, flankiert von Wolfgang Annas alias „Dschebe“ oder zu Deutsch „Schneller Pfeil“, macht sie eine überzeugende Figur auf dem Thron. Annas ist als Gründungsmitglied eine der zentralen Figuren der Mongolenhorde. Wie sich die Gruppierung seit ihren frühen Tagen entwickelt hat, begeistert ihn immer wieder aufs Neue. „Es macht noch genauso viel Spaß wie am Anfang“, beteuert er – niemals hätte er gedacht, dass es die eigentlich als Karnevalsverein konzipierte Mongolenschar so weit bringen würde.

Ganzjährig stehen 23 Zelte auf dem Gelände, die gemeinsamen Treffen beschränken sich schon lange nicht mehr auf die Session. Zelte und Kleidung beziehen die Kölner direkt aus dem Ursprungsland, nicht nur bei den Namen legen sie Wert auf Authentizität. Erst nach zwei Jahren Mitgliedschaft erhält ein Dazugekommener die „Weihe“ eines umsichtig ausgewählten Namens, schließlich soll er zum Naturell seines Trägers passen.

„Töregene Hatun„ und „Temulun“: Angela Dünwald und Ursula Pfeifer tragen in der 1. Kölner Mongolen-Horde auch stilechte Namen (Bild l.). Großer Bahnhof vor dem Thron beim Sommerlager der 1. Kölner Mongolen-Horde

Ursula Pfeifer hat es bei der Namensvergabe bis zur Schwester des legendären Dschingis Khan gebracht, seit 23 Jahren ist „Temulun“ aktives Mitglied. „Außerhalb der Mongolei sind wir das größte Mongolenlager“, erklärt sie begeistert, „in diesem Jahr haben wir unser 35-jähriges“. Michael Donovan, genannt „Noyon Dai Sechen“, erzählt amüsiert von den Anfängen der Mongolenhorde und ihrem damals noch eher hunnenartigen Outfit. Mit einer waschechten Mongolin in ihren Reihen kommen Fauxpas stilistischer Art natürlich nicht mehr vor.

Befreundete Stämme und Vereine wie die Poller Böschräuber oder die Düsselpiraten Erkrath unterstützen die Mongolenhorde beim Sommerfest, besonders der Düsseldorf-Import scheint eng mit den Kölschen Mongolen verbunden. Harald Golsch, Kapitän der Düsselpiraten, verweist auf die gegenseitige Unterstützung während der Session, die wettbewerbsträchtige Krittelei am Bier des anderen trägt man wohl eher der Form halber aus. Schalllaballa, die Rahmkamellche und Bunt-Wiess Beckendorf bestreiten das Live-Programm, DJ Günni legt Musik auf, Feuerwerke erleuchten die Nacht. Mit der Flugshow der Hellenthaler Greifvogelstation endet das Sommerlager. Einen offiziellen Anlass brauchen die Mitglieder der 1. Kölner Mongolen-Horde allerdings kaum, um im Jurtendorf zusammenzukommen. Der „Ausgleich zum Alltag“, wie Angela Dünwald die Passion unter Gleichgesinnten beschreibt, gehört für sie längst zum Leben dazu.