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Trachtenmode in KölnAufgebrezelt zum Oktoberfest

Lesezeit 4 Minuten

Richtig gekleidet zum Oktoberfest? Das ist auch für Kölner nicht mehr schwer.

Köln – Rote T-Shirts mit „Spatzl“-Aufdruck, Bretznschmuck und reihenweise Dirndl und Lederhosen. Das ist das Bild, das sich dem Besucher des Kostümausstatters „Deiters“ am Heumarkt eröffnet, wenn er die erste Etage betritt. Und es sind viele, die sie dieser Tage betreten: Die Oktoberfeste stehen vor der Tür, nicht nur in Bayern, sondern auch in Köln und der näheren Umgebung. Längst haben auch die feiererprobten Rheinländer für sich entdeckt, dass man beim Oktoberfest ganz hervorragend die Zeit bis zur nächsten Karnevalssession überbrücken und „zünftig“ in Bierzelt, Kneipe und Co feiern kann. Und noch gar nicht so alt, aber dennoch schon weit verbreitet scheint eine weitere Erkenntnis: Wer, egal wo, zum Oktoberfest geht, tut das nicht ohne entsprechendes Outfit. Deiters-Abteilungsleiter Helmut Newig: „Die Wiesn ohne Trachten, das ist wie Karneval ohne Kostüm.“

Suche nach knalliger Hose

Die Kunden, die sich an diesem Donnerstagnachmittag zwischen den Kleiderständern austoben, scheinen diese These zu bestätigen. Zwei Freundinnen suchen zwischen den rund 20 verschiedenen Dirndln der diesjährigen Kollektion „Oktoberzauber“ und den zahllosen Hemden und Lederhosen nach einem passenden Outfit für die Wiesn in München. „Wir gehen beide das erste Mal“, erzählt Lisa Riede beim Stöbern. In ihrem Freundeskreis feiern viele das Oktoberfest, also heißt es jetzt, mit der richtigen Kleidung nicht gleich als Neuling aufzufallen. Ihre Freundin Linda Steinmann ist auf der Suche nach einer knalligen Lederhose – „das ist außergewöhnlicher, ein Dirndl trägt doch jedes Mädchen!“ Sie selbst ist noch unentschlossen.

Mögliche Gründe für den Trachten-Hype gibt es viele. Einer davon lautet: Nur mit der richtigen Kleidung komme das richtige Zusammengehörigkeitsgefühl auf so einer Stimmungsveranstaltung auf. Das meint jedenfalls Yves Freitag, der in der Trachtenabteilung vom Kaufhof an der Schildergasse auf der Suche nach einer Lederhose ist. Er fährt zwar nicht nach München, will aber auf dem ersten schwul-lesbischen Oktoberfest in Köln, das am 4. Oktober in den Sartory-Sälen stattfindet, gut aussehen. „Ich liebe Motto-Partys, zu denen man das Oktoberfest ja in gewisser Weise zählen kann. Und unkostümiert ist so etwas doch langweilig“, sagt er und lässt seinen Blick über die verschiedenen Modelle schweifen. Der Spaß komme doch gerade erst da her, dass man die Menschen, die man sonst in seriöser Alltagskleidung kennt, einmal völlig anders zu Gesicht bekommt. Eine rote Lederhose hat es dem 43-Jährigen angetan, und während er zur Umkleidekabine marschiert, muss er ein bisschen über sich selbst lachen.

Musikantenstadl als Verbindung

„Meine einzige wirkliche Verbindung zu Trachten, Bayern und Co ist eine Kindheitserinnerung an die Fernsehabende bei meinen Großeltern, wo wir bei jedem Musikantenstadl einen hartnäckigen Kampf um die Programmwahl ausgefochten haben. Ulkigerweise war ich immer derjenige, der unbedingt umschalten wollte – und heute kauf ich mir eine Lederhose, um selbst erstmals zu einem Oktoberfest zu gehen.“

Maria Lucas, Scheidtweiler Straße 17, 50933 Köln. Satin-Baumwoll Dirndl ab 188 Euro. Gewebte Dirndl ab 400 Euro. Dirndl aus reiner Seide ab 600 Euro. Lederhosen 168 Euro, Herrenhemden 92 Euro.

www.marialucas.de

Deiters, Gürzenichstraße 25, 50667 Köln. Rund 20 Dirndl der Kollektion „Oktoberzauber 2013“, 100 bis 180 Euro. Restposten des Jahres 2012 ab 40 Euro. Lederhosen aus Echtleder ab 90 Euro, Hemden ab 25 Euro.

www.deiters.de

Galeria Kaufhof, Trachtenabteilung, Cäcilienstraße/An St. Agatha, 50667 Köln. Dirndl von Krüger, Marjo, Spieth&Wensky u.a. von 99,95 bis 229,95 Euro. Lederhosen ab 139,95 Euro.

http://www.galeria-kaufhof.de

Wer bereit ist, für sein Outfit auch etwas mehr auszugeben, wird auch bei Modedesignerin Maria Lucas in Ehrenfeld fündig. Viele Kleider sind hier aus reiner Seide, aber auch hochwertige Baumwoll-Polyester Mischungen und Viskosestoffe aus Frankreich verarbeitet die Designerin. „Die Sachen, die man hier kaufen kann, sind viel verspielter und jünger als das, was man anderswo findet“, findet Kundin Sarah Küpper, die sich hier ebenfalls für ihr erstes Oktoberfest eingekleidet hat – die Kölner Variante allerdings, München haue dieses Jahr wohl nicht hin. Sie fühlt sich wohl in der Trachtenmode.

„Ein Dirndl habe ich bereits zu Hause. Ich finde, der Schnitt betont sehr schön die Weiblichkeit, mir gefällt das sehr gut.“ Viele Freunde, die auch zum Oktoberfest gehen, hat die 22-Jährige nicht, sagt sie. „Ich habe mich selbst bis vor kurzem nicht groß dafür interessiert. Ich glaube, da wächst man rein.“ Maria Lucas hingegen kann einige junge Kunden aufzählen, die bei ihr Trachten kaufen – allerdings oft auch für Hochzeiten und Geburtstage, nicht ausschließlich für das Oktoberfest. „Meine Kleider sind alle mehrteilig, das heißt, man kann die einzelnen Blusen, Schürzen und Röcke auch wie in einem Baukastensystem kombinieren. Da muss nicht immer Oktoberfest sein, um Dirndl, Lederhose und Co anzuziehen.“