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Spendenaktion gestartetKölner bauen Kita im türkischen Erdbebengebiet

Lesezeit 3 Minuten
Lamia Faqirzada und Ali Koban stehen auf einem Grundstück im Erdbebengebiet in Hatay, auf dem die Kölner eine spendenfinanzierte Kita bauen wollen.

Lamia Faqirzada und Ali Koban im Erdbebengebiet in Hatay: Die Kölner organisieren den Bau einer spendenfinanzierten Kita.

Die Kölner haben große Pläne: Sie wollen auch Austauschprogramme von pädagogischen Fachkräften initiieren und eine Städtepartnerschaft.

Trümmer, die nur erahnen lassen, wie viele Tote noch nicht geborgen sind, nicht genug Trinkwasser, Waisenkinder, die in Zelten schlafen, Leid überall: „Es hat mich tief erschüttert, was ich bei meinem Besuch in der Region Hatay gesehen habe“, sagt Lamia Faqirzada. Die Lage im Epizentrum des Erdbebengebiets, der Heimat ihrer Eltern, sei „verheerend“. Nicht abzusehen, wie viele Menschen noch unter den Trümmern begraben liegen. Mehr als 52.000 Opfer sind bislang bestätigt.

Gemeinsam mit Ali Koban, Geschäftsführer des Kölner Netzwerks Interkultureller Sozialer Service (ISS), reiste Faqirzada nach Hatay, um ein Grundstück für eine neue, dreisprachige Kita zu besichtigen. Koban und Faqirzada werden den mit Spenden finanzierten Neubau koordinieren. Eine Spendenaktion auf der Internetplattform Betterplace (Stichworte: Köln/Hatay/Bau einer mehrsprachigen Kita in der Erdbebenregion) ist bereits angelaufen, ein großes deutsches Software-Unternehmen habe eine fünfstellige Summe zugesagt.

„Die Region Hatay mit der völlig zerstörten Stadt Antakya gilt als Schmelztiegel der Religionen und Kulturen“, so Faqirzada. „Die Kita soll auch deswegen dreisprachig sein –Türkisch, Englisch, Deutsch. Wir möchten auch Austauschprogramme von pädagogischen Fachkräften initiieren und eine projektbezogene Städtepartnerschaft.“

Lamia Faqirzada steht mit Maske in der zerstörten Stadt Antakya in Trümmern.

Lamia Faqirzada im Erdbebengebiet: „Die Lage ist verheerend.“

Wenn es nach Lamia Faqirzada geht, ist der Kita-Bau „nur ein Mosaikstein der Solidarität, die auch von Köln ausgeht“. Das Ausmaß der Unterstützung, die nötig sei, um allein eine Stadt wie Antakya wiederaufzubauen, sei „unvorstellbar groß“.

Der Kölner Intergrationsrat, die Interkulturellen Zentren und das ISS-Netzwerk, Träger von neun Kitas in NRW, werben dafür, dass Stadt Köln die vom Erdbeben betroffenen Gebiete in der Türkei und in Syrien nachhaltig unterstützt. „100.000 Menschen türkischer und syrischer Herkunft leben in Köln – rund ein Drittel von ihnen hat Verwandte im Erdbebengebiet“, sagt Tayfun Keltek, Vorsitzender des Integrationsrats.

Nach der russischen Invasion in der Ukraine habe die Stadt schnell eine Projektpartnerschaft mit der Stadt Dnipro beschlossen, um humanitäre Hilfe zu leisten und die entwicklungspolitische Zusammenarbeit zu starten. „Das war richtig und wichtig“, sagt Keltek. „Ein ähnliches Engagement braucht es auch für das Erdbebengebiet – auch als Zeichen der vielen hier lebenden Menschen, deren Verwandte großes Leid erfahren haben.“

Lamia Faqirzada verteilt Spenden an Kinder– viele haben ihre Eltern verloren.

Lamia Faqirzada verteilt Spenden an Kinder – viele haben ihre Eltern verloren.

Der Kölner Integrationsrat hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, die Stadt Köln solle die Möglichkeit einer Projektpartnerschaft mit einem Ort im Erdbebengebiet prüfen, um humanitäre und entwicklungspolitische Hilfe zu leisten. Zudem setzt sich der Integrationsrat für die Einrichtung einer Stelle ein, die die Kölner Erdbebenhilfe koordinieren soll.

Kölner Integrationsrat spricht mit Land über Schulbauprojekt

Bislang organisieren Bürger und Initiativen wie der Deutsch-Türkische Verein Hilfsaktionen weitgehend allein. „Wir konnten bislang über den Kontakt zu Verwandten in Köln schon 20 Familien im Erdbebengebiet zielgerichtet und nachvollziehbar mit Spenden helfen“, sagt Dettlef Rockenberg vom Deutsch-Türkischen Verein. „Wir haben noch nie so viel Solidarität erfahren wie direkt nach dem Erdbeben“, sagt Gönül Topuz, die ebenfalls in dem Verein engagiert ist. „Aber in der Öffentlichkeit ist das Thema leider nicht mehr präsent. Und die Not ist weiterhin riesig. Wir brauchen eine nachhaltige Solidarität.“

Tayfun Keltek will mit NRW-Schulministerin Dorothee Feller über ein vom Land mitfinanziertes Schulbau-Projekt sprechen. „Jedes Projekt hilft – und trägt auch zum Zusammenwachsen der Gesellschaft in Deutschland bei.“