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Kriegsverletzter Ukrainer„Mein deutsches Bein wird mich immer an die Zeit in Köln erinnern“

Lesezeit 3 Minuten
Der Ukrainer Mykola Hryhorenko verlor im Krieg in der Ukraine seinen Unterschenkel. Das Bild zeigt ihn mit seinem Sohn Myrozlavinks.

Mykola Hryhorenko, im Bild mit Sohn Myrozlav, musste in Köln nach einer Kriegsverletzung der Unterschenkel amputiert werden.

Mykola Hryhorenko wurde in Köln-Merheim der Unterschenkel amputiert. Längst arbeitet er wieder für sein Bataillon in der Ukraine.

„Ich habe ein deutsches Bein, schon das wird mich immer an meine Zeit in Köln erinnern“, sagt Mykola Hryhorenko beim Video-Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ohne die Hilfe aus Deutschland hätten damals viele Verwundete nicht richtig versorgt werden können.“ Mykola Hryhorenko war am 9. Mai 2022 von einer russischen Granate im Donbass getroffen worden. Zwei seiner Kameraden starben bei dem Angriff, Hryhorenko, Kommandeur einer Untereinheit mit 30 Männern, wurde so schwer getroffen, dass sein Unterschenkel in Köln amputiert werden musste. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte sich nach der Operation mit ihm getroffen.

Ich kann mit meiner Prothese laufen, ich gehe auch schwimmen – und brauche keine Pflege. Ich habe mich von den Kölner Ärzten sehr gut behandelt gefühlt
Mykola Hryhorenko

Siebenmal war Hryhorenko im St. Petrus-Krankenhaus in Bonn operiert worden. Die Wunde infizierte sich mit Keimen, in Merheim riet man ihm zu einer Amputation. „Ich habe mich von den Kölner Ärzten sehr gut behandelt gefühlt“, sagt der Vater dreier Kinder. „Ich gehöre zu den Schwerverletzten, die selbstständig geblieben sind. Ich kann mit meiner Prothese laufen, ich gehe auch schwimmen – und brauche keine Pflege.“

Ukraine-Krieg: Acht von 30 Männern aus Hryhorenkos Einheit sind tot

Seiner Armeeeinheit ist Hryhorenko verbunden geblieben. „Ich kümmere mich mit vielen anderen Freiwilligen um die Logistik, zum Beispiel Verpflegungs- und Munitionsnachschub“, sagt er. Momentan kämpfe seine frühere Einheit in der Region Charkiw – „es sind allerdings nur noch zwei der 30 Männer vom Frühjahr dort“, sagt Hryhorenko. „Acht sind gefallen, viele sind verwundet worden, ein Teil hat andere Aufgaben. Das ist die Realität des Krieges.“

Mit Sorge verfolge er die Vorstöße der Russen in einigen Regionen der Ukraine, die schleppende Versorgung der ukrainischen Armee mit Waffen, auch die Wahlen zum US-Präsidenten im November. „Ich möchte alle Deutschen dazu aufrufen, sich genau zu überlegen, was der Krieg für die Zukunft Europas bedeutet, was Putin tun würde, wenn er den Krieg gewinnt“, sagt er.

Porträt von Mykola Hryhorenko und seiner Frau Orysia

Mykola Hryhorenko und seine Frau Orysia beim Packen von Hilfsgütern für ein Frontbataillon

Für die Ukraine befürchte er im Falle einer Niederlage das Schlimmste: „Kein Mensch, der sich zur Ukraine bekennt, würde davonkommen. Kriegsverbrechen wie in Butscha gäbe es überall. Wir würden einen Genozid erleben wie den Holodomor zu Stalins Zeiten.“ Während seiner Zeit in Deutschland habe er viel Solidarität erfahren, trotzdem aber den Eindruck gehabt, „dass der Krieg für die Deutschen so weit weg ist, dass sie nicht begreifen, was ein Sieg der Russen auch für sie bedeuten könnte“. Und zwar? „Putin würde sich auf keinen Fall mit der Ukraine zufriedengeben. Es geht um die freiheitliche Demokratie, die vernichtet werden soll.“

Streit zwischen russischem und ukrainischem Verwundeten in Kölner Krankenhaus

Mit der Zeit in Köln verbindet Mykola Hryhorenko eine Bruchstelle seines Lebens – und einige gute Erfahrungen. „Zum Beispiel habe ich Museen in Köln besucht, das deutsche Essen und die deutsche Kultur ein bisschen kennengelernt.“ Einige Erfahrungen hätten ihn auch geschmerzt: „Behörden waren nicht sensibel dafür, dass es Ukrainer traumatisieren kann, wenn sie auf Russisch kommunizieren müssen. Verwundete Kameraden von mir waren mit Russen auf einer Krankenhaus-Station – in einem Fall ist es sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen. Viele Außenstehende können sich nicht vorstellen, mit welchen Emotionen sich Ukrainer und Russen auch im Ausland gegenüberstehen.“