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TH und Uni Köln werten ausWie Google & Co. unsere Wahrnehmung von Politikern beeinflussen

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Männer stehen sich gegenüber, animiertes Bild, das von einer Künstlichen Intelligenz erstellt wurde

Suchmaschinen und ihr Einfluss auf die politische Meinungsbildung. Ai-generiertes Bild zum Forschungsprojekt der TH und Uni Köln

Das Forschungsprojekt hat Millionen Sucheinträge von Nutzerinnen und Nutzern zwischen den zwei Bundestagswahlen 2017 und 2021 ausgewertet.

Als Angela Merkel 2008 zur Eröffnung der Nationaloper nach Oslo reiste, gaben Nutzer noch Wochen danach vor allem eins bei Google ein: „Angela Merkel“ und „Dekolleté“. Die sonst eher unauffällig gekleidete ehemalige Bundeskanzlerin hatte mit ihrem Kleiderausschnitt für Furore gesorgt.

Ob ein Mann durch eine bestimmte Kleiderwahl einen ähnlichen Wirbel hervorrufen könnte? „Das findet man bei Männern weniger. Was hat das Dekolleté mit dem Beruf dieser Person zu tun? Eigentlich gar nichts“, sagt Fabian Haak, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften der Technischen Hochschule Köln.

Millionen Sucheinträge zwischen Bundestagswahlen 2017 und 2021

Der 32-Jährige promoviert derzeit über das Thema „Suchmaschinen und ihr Einfluss auf die politische Meinungsbildung“, einem Tandem-Forschungsprojekt der TH Köln und Universität Köln. Zwischen 2017 und 2021, also zwischen zwei Bundestagswahlen, hat die TH Köln Millionen von Suchvorschlägen zu deutschen Parlamentariern ausgewertet.

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Besonders vor einer Wahl nutzen Menschen Suchmaschinen, um sich über Politikerinnen und Politiker zu informieren. Gibt man einen Vorschlag bei Google ein, vervollständigt die Suchmaschine die Anfrage und schlägt Wortkombinationen vor. Vorurteilsbehaftete Anfragen anderer Nutzer können so beeinflussen, welche Infos zu finden sind.

Mithilfe von maschineller Sprachverarbeitung wurden die Sucheinträge daraufhin drei Kategorien zugeordnet: Geografie, also Angaben zur Stadt, dem Land oder dem Wahlkreis, politische oder wirtschaftliche Begriffe wie „Steuer“ oder „Abgasskandal“ sowie persönliche Informationen wie „Frisur“, „Kinder“ und „Ehe“. Nach der statistischen Auswertung der Daten stellten die Forschenden sogenannte „Biases“, also systematisch verzerrte Darstellungen von Informationen, fest.

Männliche Politiker eher mit fachlichen Begriffen assoziiert

Es kam heraus, dass männliche Politiker häufiger fachlich geprägte Sucheinträge erhielten als Frauen. „Es handelt sich um wenige Prozentpunkte, je nachdem auf welcher Ebene man das anschaut, sind es fünf Prozent“, sagt Haak. „Gerade Personen, die noch kein gefestigtes Informationsbedürfnis haben, die nicht wissen, wer eine bestimmte Person ist und diese Liste mit Vorschlägen sehen, könnten sich eher verleiten lassen“, so Haak.

Je mehr man den ganz oben angezeigten Suchwörtern nachgehe – wie zum Beispiel „Kinder“ oder „Gehalt“– desto eher könnte es womöglich dazu führen, dass Politikerinnen weniger fachlich assoziiert werden. Dabei sei es nicht die Aufgabe des Forschungsprojekts, diese Ergebnisse zu bewerten. „Wir wollten eine Methode entwickeln, mit denen man diese Effekte transparent machen kann, damit ein gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Diskurs entsteht,“ erklärt Haak.

Der Screenshot einer Google-Suche zeigt verschiedene Vorschläge zum Suchbegriff „Henriette Reker“ an.

Suchmaschinen und ihr Einfluss auf die politische Meinungsbildung: Die Reporterin gab am 23. Oktober bei Google „Henriette Reker“ ein. Die Eingabe zeigt an, was Nutzer im Umkreis der Reporterin in Bezug auf die OB häufig eingeben. Eine einzige Eingabe ist dennoch nicht repräsentativ.

Haak hat schon früher „Biases“ in anderen Textformen untersucht: Mit automatischer Spracherkennung konnte er ermitteln, ob Texte aus der politischen Domäne eher linker oder rechter Gesinnung sind. Die Schwierigkeit in der Forschung zu Suchmaschinen liege darin, dass Wörter ohne Kontext dastehen und keine Informationen zu den Nutzern bestehen. „Man muss auf Basis sehr weniger Wörter Muster erkennen.“

Den Nutzern kann nicht per se unterstellt werden, sie hielten Frauen unter 50 für politisch nicht kompetent. „Es geht nicht um bewusste Assoziationen, sondern um unterbewusste. Wenn man als Suchender sieht, diese Themen interessieren andere Leute, dann scheint es auch wichtig zu sein,“ sagt Haak. Bias beschreibt auch dieses kognitive Phänomen: Die ersten Suchwörter, die zu bestimmten Politikerinnen oder Politikern erscheinen, nehmen Nutzer womöglich als relevanter wahr.

Beispiel einer Google-Suche

Im Raum Köln schlägt Google bei Eingabe von Annalena Baerbock am 23. Oktober folgendes vor: „1. Kinder, 2. Figur, 3. Größe, 4. Trennung.“ Wenn man kurz darauf „Robert Habeck“ sucht, erhält man dieses Ergebnis: „1. Kinder, 2. Privat Auto, 3. Ehefrau, 4. Haus“. Eine einmalige Suche sei nicht aussagekräftig, das bestätigt Haak. Doch über Jahre hinweg Millionen Suchanfragen thematisch zuzuordnen, mache Tendenzen sichtbar.

Neben dem Unterschied nach dem Geschlecht stellten die Forschenden auch im Hinblick auf das Alter Ergebnisverzerrungen fest: Bei unter 50-jährigen Abgeordneten, männlich wie weiblich, seien mehr Informationen aus dem Privatleben als aus dem politischen Bereich aufgeführt. „An meiner Forschung fasziniert mich, dass es in diesem Bereich ein Thema ist, das jeden betrifft und hohe gesellschaftliche Relevanz hat“, so Haak.