Der Brite möchte vor allem Kindern mit körperlicher Einschränkung Mut machen.
Astronaut in der Uniklinik KölnJohn McFall will als erster Mensch mit Prothese ins All fliegen
John McFall hat es bis ganz nach oben geschafft, fast jedenfalls. Als erster Mensch mit einer körperlichen Beeinträchtigung könnte der Brite eines Tages zur Raumstation ISS fliegen. Derzeit nimmt er an der „Fly!“-Studie der Europäischen Weltraumorganisation ESA teil, um herauszufinden: Können auch Menschen mit einer Beinprothese ins All geschickt werden?
Spielerische Therapie hilft Kindern
Am Donnerstag steht der 43-jährige Astronautenanwärter im Muskellabor des Zentrums für Kinder -und Jugendrehabilitation der Uniklinik Köln und schaut dem elfjährigen Felix bei der Arbeit an der „Rakete“ zu. So nennen sie hier das raketenförmig verkleidete Dynamometer zur Messung der Muskelkraft in den Beinen. Je fester Felix die Waden anspannt, desto höher fliegt die Rakete auf dem Bildschirm vor ihm.
Das spielerische Element feuert den Jungen an, der mit einer so genannten Tetraspastik in Armen und Beinen auf die Welt gekommen ist, aber seit Beginn seiner Therapie in Köln große Fortschritte gemacht hat. „Am Anfang brauchte er noch einen Rollator“, sagt seine Mutter. Jetzt gehe es schon ohne.
Das Dynamometer ist relativ neu und wird auch vom Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. „Wir wollen die Folgen von körperlicher Inaktivität untersuchen“, so Eckhard Schönau, ärztlicher Leiter der Uni-Reha der Kölner Uniklinik. Bei den Astronauten seien es die Folgen der Schwerelosigkeit, die analysiert würden: „Bei den Kindern sind es zum Beispiel die Folgen angeborener genetischer Erkrankungen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit.“ Ein Ultraschallgerät ermöglicht es, die Anatomie des Muskels während der Übung zu beobachten. So können die Effekte von Therapien besser bestimmt werden.
John McFall ist an diesem Mittag gekommen, um die Zusammenarbeit zwischen DLR und Uniklinik hervorzuheben und sich die verschiedenen Therapieräume zeigen zu lassen. Vor allem aber will er den Kindern Mut machen. Viele junge Patientinnen und Patienten sind in Rollstühlen in die Turnhalle des Zentrums gekommen, um seinem Vortrag zu lauschen. Die kurze Hose gibt die Beinprothese frei, die er trägt, seitdem ihm nach einem Motorradunfall ein Unterschenkel amputiert werden musste. Da war John McFall 19 Jahre alt. Zunächst habe er nicht für möglich gehalten, jemals wieder Sport treiben zu können. Doch dann habe er sein Handicap akzeptiert, sich das Laufen mit Prothese beigebracht und sogar 2008 bei den Paralympischen Spielen eine Bronzemedaille gewonnen.
„Ihr seid auch alle Athleten, weil ihr jeden Tag an eure Grenzen geht“, spornt McFall sein Publikum an: „Ich möchte, dass ihr etwas findet, das euch inspiriert.“ Er selbst sei ein Mensch, der neue Möglichkeiten und Herausforderungen liebe. Deshalb hat er es nicht nur zum Mediziner gebracht, sondern auch zum ersten ESA-Astronautenanwärter mit körperlicher Beeinträchtigung überhaupt. Ob er tatsächlich eines Tages zur ISS fliege? „Es sieht bis jetzt ganz gut aus.“ Auch Friederike Wütscher vom DLR ist optimistisch: McFall sei „sehr geeignet“ für die Mission: „Sowohl mental als auch körperlich.“
Der elfjährige Felix bekommt für seine Anstrengungen an der Rakete immer wieder Applaus und lacht stolz. Anschließend gibt es noch ein Handshake mit dem prominenten Gast. Ziemlich aufgeregt war Felix vor den Treffen. Er selbst wolle aber nicht ins All fliegen, sagt Felix. Computer interessierten ihn mehr.