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Veedels-Check„Große und kleine Grünflächen sind für Köln immens wichtig“

Lesezeit 4 Minuten

Joachim Bauer

KölnHerr Bauer, vor welchen Herausforderungen steht das Grünflächenamt in Köln?

Unsere Arbeit besteht im Wesentlichen aus drei Säulen. Zunächst der Aspekt Sicherheit: Je nach Grünfläche müssen wir den Nutzern einen bestimmten Grad von Sicherheit garantieren, der etwa auf einem Spielplatz oder an einer Straße deutlich höher ist als zum Beispiel im Wald. Die zweite Säule ist die Frage nach Funktion und Anspruch. Immer mehr Grünflächen dienen immer häufiger nicht mehr nur einem Zweck. Die Intensität bei Pflege und Unterhalt richtet sich aber danach, was dort geschieht. Mehr als je zuvor wollen die Menschen in einem Park nicht nur spazieren gehen, sondern dort auch Sport treiben oder grillen. Es muss also festgelegt werden, wo was möglich ist und künftig erlaubt sein soll.

Und die dritte Säule?

Die dritte Säule ist der ökologische Wert, den Grünflächen für die Stadt besitzen. Das ist sowohl bezogen auf die Gesamtmenge in Köln als auch auf jeden Park und einzelne Baumgruppen in einem Stadtteil. Im Großen wie im Kleinen sind Grünflächen immens wichtig, etwa für die Entstehung von Frischluft oder für die Abkühlung bei warmen Temperaturen. Die Herausforderung besteht also darin, den Ansprüchen dieser drei Säulen gleichzeitig und sinnvoll sowie den Bedürfnissen der Kölner entsprechend gerecht zu werden. Das gilt für die Gegenwart sowie für die Vorausplanung.

Besteht ein Konsens in der Politik, ob es künftig mehr oder weniger Grün in der Stadt geben wird?

Grünflächen sind nicht per se geschützt. Sollte es eine Mehrheit dafür geben, könnten sie verplant oder bebaut werden. In Köln ist allerdings seit der Entstehung des ersten Stadtentwicklungsplans von Konrad Adenauer in den 1920er Jahren die politische Einsicht lebendig, dass die Lebensqualität in der Stadt in direktem Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Grünflächen steht. So sind bei der Planung von neuen Wohngebieten immer mindestens ein Spielplatz, Bäume an den Straßen oder begrünte Plätze im Zentrum inbegriffen. Der Standard ist heute deutlich höher als früher.

Also zeichnet sich eine rosige, pardon, grüne Zukunft für Köln ab?

Zumindest besteht durch die Wünsche der Bürger nach mehr Grün und ihr Mitspracherecht ein Planungsdruck, der Berücksichtigung findet. Natürlich bereitet das schnelle Wachstum der Stadt auch Probleme, denn jeder Bürger will in seiner Nachbarschaft Grünflächen haben. Die sind aber nicht überall gleich verteilt. Das wird deutlich, wenn man etwa Lindenthal mit Kalk vergleicht. Immobilien erfahren eine Wertsteigerung durch Grün. Es ist Teil unserer Aufgabe, die Weichen für die Zukunft zu stellen und für mehr Ausgleich zu sorgen. Alle Bürger haben ein Recht auf Grün, unabhängig vom Einkommen. Darüber hinaus müssen bei intensiver Bebauung auch grüne Ausgleichsflächen geschaffen werden. Die möglichen Orte dafür sind endlich. Tatsächlich wächst der Anteil von Grünflächen in Köln seit 15 Jahren um etwa 15 bis 20 Hektar jährlich. Das sind vor allem viele kleine Neuflächen. Das Personal für Pflege und Unterhaltung ist in der selben Zeit aber gleichgeblieben – bis auf zehn neue Stellen für die Pflege des Straßenbegleitgrüns, die wir in diesem Haushalt bewilligt bekommen haben. Das Problem besteht aber weit über Köln hinaus.

Wie begegnen Sie den Problemen?

Indem Konzepte für Schaffung, Pflege und Unterhalt von Grünflächen zunehmend in Kooperationen entstehen. Für die Region Köln-Bonn etwa arbeiten wir über die Stadtgrenzen hinaus zusammen. Eine grüne und klimagerechte Metropolregion kann nicht jede Stadt für sich entwerfen.

Stichwort Klimawandel – welchen Stellenwert nimmt der Bereich ein?

Einen immer größeren. Neben dem ökologischen Wert, den unversiegelte und begrünte Flächen für Luftqualität und Temperaturausgleich in Köln besitzen, müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, ob die Bedingungen für die hier heimischen Pflanzen mittel- und langfristig noch bei uns herrschen. Steigende Temperaturen und weniger Niederschlag sind für viele Arten bedrohlich. Wir experimentieren darum zum Beispiel schon jetzt, ob heimische Baumarten künftig stärker durch solche aus dem Mittelmeerraum ersetzt werden sollten. In einem Waldlabor in Müngersdorf führen wir Tests unter entsprechenden Bedingungen durch – denn das Grün in dieser Stadt muss erhalten bleiben.

Joachim Bauer (60) ist seit fünf Jahren stellvertretender Leiter des Kölner Amts für Landschaftspflege und Grünflächen.