Liegewiesen voller KotGänse verschmutzen Kölner Volksgarten – Parkgäste angeekelt
- Wildgänse bevölkern seit Jahren die Kölner Parks. Rund 600 waren es 2021.
- Für Besucher werden die Tiere und die von ihnen zugekoteten Flächen immer mehr zum Ärgernis.
- Um die Gänse-Population zu schrumpfen, plant die Stadt Köln „Gelege-Management“.
Köln – Mit dem Kopf zum Boden gewandt geht die junge Frau konzentriert über die große Liegewiese im Kölner Volksgarten. Es ist später Sommernachmittag in der Südstadt, die Sonne brennt vom Himmel. Üblicherweise, so wie es jahrzehntelang war, wäre der Rasen jetzt proppenvoll.
Gefüllt mit Menschen, die braun werden oder sich im Schatten der Parkbäume abkühlen, ausruhen oder einfach nur ein Buch lesen wollen. Jetzt aber liegen nur vier Sonnenhungrige auf der riesigen Fläche. Kopfschüttelnd überquert die junge Frau das von der Sonne schon stark strapazierte Grün, bewegt sich im Zickzack mit ihrem Freund hin und her. Erst am anderen Ende der Wiese blicken die beiden wieder auf.
„Was ist los?“, fragt der Reporter. „Na ja“, antwortet die 24-jähige Studentin, Federballspiel und blau-grün gemusterte Decke in der Hand. „Wir wollten hier chillen. Aber wir haben keine Stelle gefunden, auf die wir uns legen wollten. Überall liegt Kot, eklig ist das“, ergänzt ihr Freund und verdreht die Augen: „Krass.“
Gänse kontaminieren den Volksgarten
Die Verursacher des Desasters watscheln derweil im dreifachen Dutzend über die Wiese und suchen nach Nahrung. Während die Wildgänse picken, verweigert auch ihre Verdauung nicht den Dienst und sorgt für reichlich Exkremente-Nachschub auf dem Rasen. Ein Pärchen der Spezies Mensch, das unter einem Baum vermutlich einen noch wenig kontaminierten Bereich ergattert hat, wird von zwei der größeren Tiere zuerst angeschnattert, dann regelrecht angefaucht.
Sollen die dreisten Eindringlinge, die es sich frecher Weise sogar auf einer Decke bequem gemacht haben, aus dem Revier vertrieben werden? Zweihundert Meter entfernt, unter einem Baum am Wegesrand, wird ein Kindergeburtstag gefeiert. Die Fläche, auf dem zwölf Sechsjährige toben und krabbeln, ist großzügig mit Tüchern ausgelegt. „Warum wohl?“, fragt die Mutter des Geburtstagskindes und zeigt auf einige schwarz-graue Häufchen in der Nähe: „Wir ziehen gleich zum Spielplatz um, da wenigstens ist es noch sauber.“
Stadtverwaltung duldete die Gänse bislang
Auch aus anderen NRW-Städten wie Düsseldorf oder zahlreichen Ruhrpott-Kommunen werden die Hilferufe wegen zugekoteter Parks immer lauter. Schon seit Jahren haben Nil- und vor allem Kanadagänse Flächen vor allem am Kölner Stadtrand in Beschlag genommen, weitgehend geduldet von der Stadtverwaltung.
Am Kalscheuer Weiher beispielsweise, dessen Zuwege und Uferbereiche teilweise übersät sind von Exkrementen. Mittlerweile werden aber auch Innenstadt-Flächen wie der Volksgarten von den Tieren überrannt. Zumindest die dortigen Wiesen, die jenseits liegenden Bereiche wie etwa der Volksgarten-Spielplatz sind nicht betroffen – vermutlich weil es dort kein Gras gibt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ jedenfalls zählte mindestens 70 Gänse im Südstadt-Teich.
Gutachten in Auftrag gegeben
Das Problem, „massiv verstärkt“ durch ständige Verstöße gegen das Fütterungsverbot, sei bekannt, ließ Stadtsprecherin Nicole Trum auf Anfrage wissen. Man habe „großes Verständnis“ dafür, „dass Bürger*innen bedauern, manch gewohntes grünes Eckchen nicht nutzen zu können“. An den Stadträndern würden die Tiere zwar bejagt, wogegen es übrigens immer wieder auch Beschwerden gebe.
„In der Innenstadt aber ist die Jagd nach Paragraph 6 Bundesjagdgesetz untersagt, denn die Flächen sind hochfrequentiert - von Menschen, nicht nur von Gänsen“, ergänzte Trum. Um den Bestand trotzdem „zu reduzieren und die damit verbundenen Verschmutzungen in den städtischen Grünanlagen dauerhaft in den Griff zu bekommen“, sei ein Gutachten in Auftrag gegeben worden.
Dazu seien die Tiere im vergangenen Herbst zunächst mehrfach an etwa 20 Standorten gezählt worden - beispielsweise im Rheinpark, am Aachener Weiher oder im Rautenstrauchkanal. So seien stadtweit durchschnittlich etwa 600 Kanada- und 70 Nilgänse registriert worden, so Trum. Um die Population zukünftig zu verkleinern, sei in Köln im kommenden Jahr ein „Gelege-Management, ähnlich wie in Düsseldorf“ geplant: Die Eier im Nest sollen also bis auf eines entfernt oder durch Gips-Eier ersetzt werden.
Gänse gehören eigentlich nicht in hiesige Spähren
„Darüber hinaus beabsichtigt die Stadt Köln für einen Zeitraum von zwölf Monaten, die Brutflächen mit geeigneten Maßnahmen für die Wildgänse unattraktiv zu machen“, so Trum. Dies alles sei in enger Zusammenarbeit mit dem nordrhein-westfälischen „Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz“ (Lanuv) geplant, dem das Kölner Gutachten derzeit zur Beurteilung vorliege.
Die Gänse gehören zu den sogenannten „invasiven Arten“. Zu den Tieren also, die eigentlich nicht in die hiesigen Sphären gehören und laut Definition „mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können“. Von der Nilgans beispielsweise „mit ihrem ausgeprägten Revierverhalten liegen Einzelbeobachtungen zu Attacken auf Küken von Brandgans, Graugans, Stockente und Heringsmöwe sowie adulte Haubentaucher vor“, teilt das Lanuv-NRW mit.
Die ursprünglich aus Afrika stammenden Nilgänse seien Ende der 1980er-Jahre erstmals in Nordrhein-Westfalen gesichtet worden, genauso wie die aus Kanada und Alaska stammende Kanadagans. Der Ursprung der NRW-Bestände liege in „Gefangenschaftsflüchtlingen“, so das Lanuv. In den 1960er-Jahren seien die Tiere in der Niederrheinischen Bucht „im Freiflug gehalten“ worden: „Aber auch in Tiergärten, an Parkteichen und in privaten Anwesen. Die aus den Bruten entstammenden Nachkommen wurden nicht immer kupiert und konnten so in die Freiheit entkommen.“