Von der Stadt erlaubtExtremisten können weiterhin die Kölner Wähler täuschen
Köln – Die Aufregung war groß: Rechtsextreme würden versuchen, sich Mandate zu erschleichen und ein Mitbestimmungs-Gremium zu missbrauchen. Wählerinnen und Wähler würden bewusst getäuscht. Es herrschte Übereinstimmung bei allen großen Parteien im Stadtrat: Das Wahlrecht soll geändert werden. Grund für den Sturm der Entrüstung war die letzte Wahl zur Seniorenvertretung 2016. Zehn Vertreter der rechtsextremen Partei „Pro Köln“ standen unter anderem zur Wahl, alle hatten bei den Angaben zur Person ihre Parteizugehörigkeit verschwiegen.Illegal war das nicht. Die Wahlordnung erlaubte dies. Aber SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP forderten, dass es nicht so bleiben sollte. Dass Kandidatinnen und Kandidaten ihre Parteimitgliedschaft verschweigen können, dürfe nicht mehr vorkommen.
Zusagen nicht eingehalten
Sechs Jahre ist das her. Nun hat die Stadtverwaltung die Spielregeln für die nächste Wahl zur Seniorenvertretung im kommenden Herbst veröffentlicht. Zuvor hatte der Stadtrat zugestimmt – obwohl seine Forderung folgenlos blieb. Die Entrüstung von damals ist offenbar vergessen. Pflichtangaben beim Kandidatenprofi sind der Name, der früher ausgeübte Beruf, Geburtsjahr, Staatsangehörigkeit und der Stadtteil, in dem man wohnt. Alles andere bleiben „zusätzliche, freiwillige Informationen“. Auf dem eigentlichen Wahlzettel ist außer dem Namen nur noch der Stadtteil erwähnt.
Datenschützer sehen Probleme
Die Stadtverwaltung sagt, dass eine Änderung der Wahlordnung rechtlich nicht möglich sei. Die Wahl sei eine „Persönlichkeitswahl“, deshalb könnten Angaben zur Parteizugehörigkeit nicht abverlangt werden. Die Zugehörigkeit einer Partei unterliege als höchstpersönliche Angelegenheit dem Datenschutz. „Gemäß Datenschutz-Grundverordnung ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen politische Meinungen respektive die Parteizugehörigkeit hervorgeht, untersagt“, so der Datenschutzbeauftragte der Stadt, Frank Fricke.
Dass bei einer Kandidatur bei einer Wahl für eine Interessenvertretung die Regeln für die „Verarbeitung personenbezogener Daten“ gelten, mag manchen überrascht. Aber selbst, wenn man das so sieht, wäre es nach Datenschutz-Grundverordnung durchaus erlaubt, das Verbot aufzuheben, wenn die Kandidaten vorher eingewilligt haben. Doch auch diese Einwilligung will die Stadt bei der kommenden Wahl nicht abfragen. Die Stadtverwaltung verweist darauf, dass man den Wünschen der Seniorenvertretung unter anderem dadurch nachkomme, dass man auf dem Vordruck zur Erstellung des Kandidatenprofils die Angabe der Parteizugehörigkeit „empfohlen“ habe. Doch auf dem Muster für den Vordruck ist selbst davon nicht mehr viel übriggeblieben. Da ist nur noch von der „Gelegenheit“ die Rede, sich mit maximal 800 Schriftzeichen vorzustellen.
Zu den Kritikern der Regelung gehörte vor sechs Jahren auch der Landesverband des Vereins „Mehr Demokratie“. Er findet die Argumentation der Stadt auch heute nicht überzeugend. „Wir sehen das wie damals auch. Zur Information der Wähler und aus Gründen der Transparenz ist die Angabe der Parteizugehörigkeit absolut erforderlich“, so Achim Wölfel, Leiter des Landesbüros NRW. Man könnte abfragen, in welcher Partei jemand Mitglied oder ob er parteilos ist. Wenn jemand dann die Angabe verweigere, könne das bei der Wählerinformation vermerkt werden.