Die Stadt Köln will den Anschuldigungen gegen ein Hotel in der Innenstadt sofort nachgehen.
Schwere Vorwürfe gegen Kölner Hotel„Der Mann hat die Lage von geflüchteten Menschen ausgenutzt“
„Nur dumme Menschen bringen Kinder zur Welt, während unser Planet stirbt.“ Elena S., ihre Tochter Olga mit ihrem Baby und die jüngere Tochter Daria, geflüchtet aus der ukrainischen Stadt Dnipro, sagen, sie seien geschockt gewesen, als der Hotel-Mitarbeiter ihnen diesen Satz entgegenschleudert habe. Die drei waren im März aus der Ukraine nach Köln geflüchtet und in dem Hotel in der Nähe vom Friesenplatz untergekommen.
„Wir dachten zuerst, er macht einen Scherz“, erinnert sich Elena im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Aber es passte zu dem merkwürdigen Verhalten, das uns von Anfang an aufgefallen war.“
Heftige Vorwürfe gegen Hotel in der Nähe vom Kölner Friesenplatz
Manchmal sei der Mann euphorisch gewesen, manchmal aufbrausend und wütend. „Wir wussten alle, dass es keine gute Idee ist, ihn nach dem Abendessen oder während eines Fußballspiels zu stören“, erzählt sie. Und erinnert sich daran, wie sie ihn gebeten habe, ob er das nicht funktionierende Internet im Hotel reparieren könne, und der Mann sie angeblafft habe: „Ich hasse dich, warum bist du zu mir gekommen? Jetzt muss ich telefonieren. Und das alles in meiner Entspannungszeit. Ich wünsche, dass du stirbst!“
Elena D. hat viele Jahre mit psychisch labilen Menschen gearbeitet. Sie habe gewusst, dass es das Beste sei, ruhig zu bleiben. Nach einer Stunde habe der Hotel-Angestellte sich für seine Worte entschuldigt. Unfreundlich seien der Mann und auch ein zweiter Angestellter vor allem auch zu Menschen gewesen, die kein Englisch gesprochen hätten. „Sie benutzten Schimpfworte und lächelten dabei – in der Annahme, keiner verstehe sie. Ich habe sofort gesehen, dass da Menschen ihre vermeintliche Macht gegenüber Schwächeren ausgenutzt haben – sie haben die Mieter in ständiger Angst gehalten, rausgeschmissen zu werden.“
Als sie am 7. März 2022 nach Köln geflohen sind, leben Elena, ihrer schwangere älteste Tochter und ihre jüngere Tochter zunächst bei Freunden. „Damals wussten wir noch nicht, dass wir ein Recht darauf hatten, eine Unterkunft zu beantragen“, erzählt Elena. Nach einigen Wochen stellt Elena einen Antrag auf eine Sozialwohnung, sie möchte nicht, dass ihre Tochter mit einem neugeborenen Kind in einer Flüchtlingsunterkunft lebt.
Relativ zügig bietet die Stadt Köln Elena, ihren Töchtern und dem Baby, das Mitte April zur Welt gekommen ist, drei Zimmer in einem Hotel in der Nähe vom Friesenplatz an. Die Stadt bringt dort nach eigenen Angaben aktuell 77 Menschen mit Vollverpflegung unter. Die drei Frauen sind dankbar.
Freude nach dem Einzug in Kölner Hotel schnell getrübt
„Im Rückblick war das, was vor allem der eine Mitarbeiter und immer wieder auch ein zweiter da gemacht haben mentaler Missbrauch, der Mann hat die Lage der geflüchteten Menschen ausgenutzt“, sagt Elena. Als gerade nach Deutschland Geflüchtete habe sie Angst gehabt, sich zu beschweren – und auch nicht gewusst, an wen sie sich hätte wenden können. „Als Ausländer weißt du nicht, was deine Rechte sind. Und ich hatte Angst um die Zukunft meiner Kinder“, sagt sie. Elena arbeitete seinerzeit bis abends im Lager eines Hilfsvereins in Köln.
Da es im Hotel nicht erlaubt gewesen sei, Essen mitzunehmen, hätten sie und ihre jüngere Tochter, die in der Ukraine Medizin studiert und oft abends Online-Vorlesungen hat, später abends gegessen. Die Hotel-Mitarbeiter hätten es ihnen verboten, sich etwas vom Mittagessen für abends aufzubewahren. Stattdessen seien große Mengen des Essens für die Geflüchteten weggeworfen worden. Als Elena nach einem langen Tag im Lager zurück ins Hotel kam, habe sie noch zehn Minuten Zeit gehabt, um sich etwas zu essen zu holen. Sie habe den Mitarbeiter gefragt, ob er ihr eine Schüssel Salat geben könne. „Er hat mich angeguckt, dann hat er in den Mülleimer geschaut, wo die Reste des Essens lagen, und hat gelacht. Es war so demütigend“, erinnert sie sich.
Demütigung in Kölner Hotel: „Hast du mich nicht verstanden? Verpiss dich!“
Eines Abends habe ihre jüngere Tochter den Mann gefragt, ob sie ihm die Zimmertür öffnen könne, sie habe den Schlüssel drinnen vergessen. Der Mann habe geantwortet: „Es tut mir sehr leid, was Russland mit Ihrem Land macht, aber das ist nicht mein Problem. Jetzt esse ich zu Abend, ich habe meine Zeit und ich möchte mich entspannen.“ Nachdem die Tochter sich darüber beschwert und nochmal nachgefragt habe, habe der Mann geantwortet: „Hast du mich nicht verstanden? Verpiss dich!“
„Als ich meine Tochter weinend im Zimmer gesehen habe, habe ich verstanden, dass es so nicht weitergehen kann. Ich habe den vorgewarnt, dass ich mit der Hotelmanagerin sprechen werde“, sagt Elena. Am nächsten Morgen habe sie zusammen mit ihrer älteren Tochter und ihrer Enkelin einen Räumungsbescheid erhalten. Nur die jüngere Tochter habe im Hotel bleiben dürfen. Mit „Unruhe und Fehlverhalten“ sei der Rauswurf begründet worden. „Ich will gar nicht wissen, warum sie sich dafür entschieden haben, nur meiner 18-jährigen Tochter weiterhin ein Zimmer zur Verfügung zu stellen“, sagt Elena. Drei Tage hätten sie Zeit gehabt, um eine neue Bleibe zu finden.
Die Stadt Köln will den Anschuldigungen sofort nachgehen
Das Amt für Wohnungswesen nehme „die Darstellung der Bewohnerin des Hotels sehr ernst und geht gemeinsam mit dem Träger den Hinweisen und den damit verbundenen Anschuldigungen gegenüber einem Mitarbeiter des Hotels unverzüglich nach“, antwortet die Stadt Köln auf Anfrage. Ein Sprecher verweist zudem darauf, dass die Menschen in dem Hotel durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betreut würden, die „regelmäßig auch vor Ort jede Woche Sprechstunden anbieten“. Beratungsgespräche seien auch außerhalb des Hauses möglich. Während der fast einjährigen Kooperation mit dem Hotel habe es keine Beschwerden gegeben. „Im Gegenteil, es gab Dankesbriefe von sehr zufriedenen Bewohner*innen.“