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„Ich trete an, um zu gewinnen“Grüne stellen Berivan Aymaz als Kölner OB-Kandidatin auf

Lesezeit 7 Minuten
Will Oberbürgermeisterin von Köln werden: Berivan Aymaz.

Berivan Aymaz will Oberbürgermeisterin von Köln werden

Die Entscheidung wurde mit Spannung erwartet. Berivan Aymaz wird OB-Kandidatin der Kölner Grünen – im Interview spricht sie über ihre Ambitionen.

Frau Aymaz, Sie wollen OB-Kandidatin der Kölner Grünen werden. Wie kam es jetzt zu der Entscheidung?

Ich will Verantwortung für meine Heimatstadt Köln übernehmen. Dass die Findungskommission der Kölner Grünen mich einstimmig als Kandidatin vorgeschlagen hat, ist eine große Ehre für mich. Im Januar steht die Nominierung durch unsere Mitglieder an. Wir leben in herausfordernden Zeiten, und ich bin entschlossen, sie mit meiner Kraft, meinen Erfahrungen und zusammen mit den Menschen in Köln zu meistern.

Wie bewerten Sie Ihre Chancen, Oberbürgermeisterin zu werden?

Ich trete an, um zu gewinnen. Die Grünen haben bei den vergangenen Wahlen immer sehr gute Ergebnisse eingefahren und wir sind in Köln als stärkste Kraft etabliert. Und trotzdem wird dieser Wahlkampf sicher kein Selbstläufer. Jetzt geht es darum, Kopf wie Herz der Menschen hier zu erreichen, darauf freue ich mich. Ich bin Kölnerin mit Leib und Seele und bewerbe mich mit einem Angebot, das in die Zeit passt, aber auch Visionen für morgen anbietet.

Sie gehören zum linken Flügel Ihrer Partei. Glauben Sie, dass Sie den Wählern aus der bürgerlichen Mitte ein Angebot machen können?

Ich gehöre keinem Flügel innerhalb meiner Partei an. Ich denke, dass auch die Kölnerinnen und Kölner sich weniger für parteiinterne Lagerfragen interessieren, als vielmehr dafür, wie wir die drängendsten Fragen unserer Stadt angehen und die Zukunft gestalten. Meine Kandidatur richtet sich auch nicht an eine bestimmte Gruppe, sondern an alle Menschen hier. Ich trete an für einen neuen Stil des demokratischen Miteinanders: Offen und zugewandt, pragmatisch und lösungsorientiert. Wir leben in Zeiten, die klare Entscheidungen verlangen. Ich bringe die Klarheit und den Mut dafür mit. Immer dem Ziel verpflichtet, die Möglichkeiten unserer Stadt zu verwirklichen.

Was sind die wichtigsten Themen der Kölner Grünen im Wahlkampf?

Das Kommunalwahlprogramm der Kölner Grünen wird gerade fertiggestellt und den Mitgliedern im März 2025 zur Abstimmung vorgelegt. Damit legt die Partei die inhaltliche Grundlage für einen zukunftsorientierten, nachhaltigen und erfolgreichen Kurs. Aber natürlich stehe ich auch mit meiner Biografie und meiner Person für einen neuen Aufbruch. Köln ist eine weltoffene und lebensfrohe Stadt, in der man aufeinander achtet. Hier stehen wir zusammen. Ich habe das selbst so erlebt, deshalb will ich dieses Lebensgefühl weiterhin aufrechterhalten und stärken.

Setzen Sie persönliche Schwerpunkte?

Wissen Sie, ich komme aus Brück, bin in Kalk zur Schule gegangen und engagiere mich seit meiner Jugend in zahlreichen Initiativen in dieser Stadt. Ich kenne ihre Stärken, Probleme und Widersprüche. Ich möchte zum einen die besondere Veedelskultur Kölns weiter fördern und zum anderen die Stadt stärker zu einer internationalen Metropole im Herzen Europas entwickeln. Mir ist wichtig, dass das Leben in Köln lebenswert, bezahlbar und im besten Sinne inspirierend bleibt. Dafür will ich den Wirtschaftsstandort weiter stärken und ausbauen. Themen wie Mobilität, Wohnen und Kultur stehen dabei ganz oben auf der Agenda dieser Stadt. Auch wenn jetzt gerade nicht so viel darüber gesprochen wird, gehört für mich der Schutz unserer Lebensgrundlagen und die Klimaneutralität 2035 genauso dazu. Kölns große Kraft liegt in der engagierten und lebendigen Stadtgesellschaft. Diese Vielfalt und Energie gilt es zu fördern.

Im Land koalieren die Grünen mit der CDU. Wäre so ein Bündnis auch in Köln – trotz der aktuellen Querelen – erneut denkbar?

Das hängt von der Zusammensetzung des neuen Rates ab und darüber werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Als Grüne in Köln kämpfen wir 2025 für eine starke Grüne Fraktion im Rat und in den Bezirken. Dass es auch unter Bündnispartnern inhaltliche Auseinandersetzungen gibt, liegt in der Natur der Sache. Welche Optionen der Zusammenarbeit es nächstes Jahr nach der Kommunalwahl geben wird, ist vollkommen offen. Eines ist für mich jedoch klar: Die AfD wird in Köln keine Chance bekommen. Kommunen sind Orte der freiheitlichen Demokratie und gerade jetzt gilt es, diese Werte gemeinsam zu verteidigen. Köln hat hier immer einen klaren Kompass.

Viele Kölner sorgen sich um ihre Sicherheit. Welche Maßnahmen würden Sie als OB gegen Banden und aggressive Drogendealer vorschlagen?

Sicherheit ist ein zentrales Thema, dass die Menschen und auch mich in dieser Stadt bewegt. Gegen organisierte Kriminalität und Straftaten müssen wir mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates vorgehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass junge Menschen durch Perspektivlosigkeit in das Netz von kriminellen Strukturen geraten. Kampagnen zur Gewaltprävention wie Köln-Safe oder aber auch die Partnerschaften zwischen Polizei und Ordnungsamt sind gute Beispiele, mit denen wir als Stadt vorangehen. Für mich ist in dieser Frage auch der Erhalt unserer sozialen Strukturen essenziell. Köln muss ein sicherer Ort für alle Menschen sein – für Kinder, Frauen, ältere und queere Menschen.

Das Land will im Agnesviertel eine große Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge errichten. Das Viertel gilt als Grünen-Hochburg. Rechnen Sie dort mit Problemen?

Es gibt viele Fragen und Sorgen von Anwohnern, und darüber dürfen wir nicht hinwegsehen. Das Land hat die Pflicht und die Aufgabe, Schutzsuchenden eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Wir wissen, dass die dafür in Betracht kommenden Gebäude landesweit rar sind. Um Konflikte aufzulösen, kommt es ganz besonders darauf an, den Anwohner zuzuhören, sie frühzeitig und ernsthaft einzubinden. Humanität ist für mich nicht verhandelbar. Es macht mich stolz zu sehen, was die Kölnerinnen und Kölner bisher für Menschen aus Kriegsgebieten, wie zuletzt aus der Ukraine, geleistet haben. Köln steht für Menschlichkeit und Verantwortung.

Sie haben noch bislang nie eine Führungsrolle in der öffentlichen Verwaltung ausgeübt, geben als Beruf „Übersetzerin/Moderatorin“ an. Fühlen Sie sich für die OB-Aufgabe qualifiziert?

Ja, absolut. Politische Führung bedeutet für mich, Verbindlichkeit und Transparenz vorzuleben, aber auch offen für Anregungen zu sein und im Team zu arbeiten. Das schließt selbstverständlich auch die Mitarbeitenden in der Verwaltung mit ein. Ich habe in meiner bisherigen Arbeit, sei es als Ratsmitglied in Köln wie auch derzeit als Abgeordnete und Landtagsvizepräsidentin, bewiesen, dass ich Verantwortung übernehmen, Konflikte moderieren und Entscheidungen treffen kann. Mein Vater hat mir vorgelebt, dass Verlässlichkeit und der Mut, neue Wege zu gehen, die Voraussetzungen für die Bewältigung großer Aufgaben sind. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und will diese gerne in den Dienst der Stadt Köln und ihrer Menschen stellen.

Sie leiten als Vizepräsidentin des Düsseldorfer Landtags an den Plenartagen die Sitzungen. Lassen Sie ihr Amt im Wahlkampf ruhen oder geben Sie die Aufgabe unabhängig vom Ausgang der Wahlen ab?

Ich bin 2022 mit einem Direktmandat erneut in den Landtag eingezogen und wurde vom Parlament zur Vizepräsidentin gewählt. Dieses Amt wie auch die Aufgaben als Kölner Abgeordnete werde ich weiterhin verantwortungsvoll fortsetzen. Selbstverständlich gilt es, mit aller Sorgfalt darauf zu achten, dass meine Rolle in Düsseldorf als überparteiliche Vizepräsidentin klar vom Wahlkampf hier in Köln getrennt wird. Für mich als Politikerin mit Leidenschaft und Tatendrang ist jetzt die Zeit anzupacken und Verantwortung zu übernehmen.


Berivan Aymaz wurde 1972 in Bingöl (Türkei) geboren. Ihr Vater war Diplomat, 1978 zog die Familie nach Deutschland. Aymaz machte 1990 in Köln Abitur, studierte Jura und Politikwissenschaften, allerdings ohne Abschluss. 1993 war sie Mitbegründerin und erste Generalsekretärin der Kurdischen Gemeinde Deutschland. Zugleich arbeitete sie als freiberufliche Moderatorin und Übersetzerin.

2009 trat Aymaz bei den Grünen ein, machte im Kölner Stadtrat Politik, 2017 zog sie in den Landtag ein. Bei der Landtagwahl 2022 gewann sie den Wahlkreis Köln VI mit 37 Prozent der Stimmen – Gegenkandidatin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte sich nach ihrem Rücktritt als NRW-Umweltministerin aus dem Wahlkampf zurückgezogen. Nach der Bildung der schwarz-grünen Koalition wurde Aymaz 2022 zur Landtagsvizepräsidentin gewählt. In der Grünen-Landtagsfraktion ist sie Sprecherin für Europa, Internationales und Eine Welt.