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Weihnachten auf Rapa NuiKölnerin verliebte sich auf der Osterinsel

Lesezeit 4 Minuten
Stephanie Pauly steht mit ihrem Partner Karlo und Hund vor einer Gebetsstätte. Im Hintergrund der Strand. Karlo hat eine Harpune in der Hand.

Stephanie Pauly lebte für 19 Jahre mit Karlo auf der Osterinsel Rapa Nui.

Dass sie nach ihrer Rückkehr nach Köln meist als Frau vorgestellt wurde, die 20 Jahre mit einem Maori liiert war, störte Stephanie Pauly sehr. Weihnachten feierte sie auf Rapa Nui im Hochsommer.

Stephanie Pauly war 45, als sie für ein geplantes Jahr von Köln nach Chile flog. Sie war ausgelaugt. Von ihrer Arbeit als Lehrerin, aber auch davon, dass viele Menschen in ihrem Umfeld ständig Probleme sahen – obwohl sie körperlich gesund waren und wohlhabend. Die Biologie- und Chemielehrerin wollte Pinguine und Wale beobachten, Einsamkeit und neue Kulturen erleben. Auf ihrer ersten Station, der Osterinsel, traf sie Karlo, der in einer Hütte an einem Traumstrand lebte, 20 Hektar Land bewirtschaftete und als Bildhauer arbeitete. „Es war die Liebe meines Lebens. Daran hatte ich nicht mehr zu träumen gewagt“, sagt Pauly.

Ich bin als Atheistin aufgebrochen und als Mensch zurückgekehrt, der an die Beseeltheit der Natur und die Nicht-Planbarkeit des Lebens glaubt
Stephanie Pauly

Die langjährige Lehrerin der Gesamtschule Holweide blieb 19 Jahre auf Rapa Nui, der Osterinsel. Sie schrieb ein Buch über ihr Leben abseits der Zivilisation zusammen mit Karlo, das zum Bestseller wurde. Für Lesungen und Talkshows flog sie nach Deutschland und kehrte danach zurück zu ihrem Partner, der sie das Leben in Demut mit der Natur lehrte, mit Respekt vor jeder Pflanze, jedem Tier, jedem Stein, ohne Strom, Internet und fließendes Wasser. „Ich bin als Atheistin aufgebrochen und als Mensch zurückgekehrt, der an den Kreislauf des Existierenden, an die Beseeltheit der Natur und die Nicht-Planbarkeit des Lebens glaubt“, sagt sie.

Lesen Sie hier, wie kölsche Italiener Weihnachten feiern, und hier, wie eine kölsche Kurdin und ihr türkischer Ehemann das Fest begehen.

Weihnachten feierten beide im Hochsommer ohne Geschenke, aber mit einem Festessen, zu dem kommen konnte, wer wollte: „Wir haben in einem Erdofen selbst gefangenen Fisch, Schweinerippchen, Maniok und Süßkartoffeln zubereitet, ein Schlemmeressen.“ Mit Weihnachtskarten, die sie für den Bürgermeister der Osterinsel kreierte, „haben wir ein wenig Geld verdient“.

Stephanie Pauly lebte 19 Jahre auf der Osterinsel.

Foto: Michael Bause

Stephanie Pauly lebte 19 Jahre auf der Osterinsel.

Ein Jahr nach Karlos Tod – mehr als 19 Jahre hatte sie auf der Osterinsel gelebt – kehrte Stephanie Pauly nach Köln zurück. Die Sorgen der Menschen in Deutschland, deren Unzufriedenheiten und Ängste waren gefühlt noch größer geworden. So viele Menschen litten an der „Krankheit der Konsumgesellschaften: Sie wollen alles, was verfügbar erscheint. Sie ärgern sich und sind angespannt, wenn sie es nicht haben können“.

Heute störe sie die allgegenwärtige Unzufriedenheit nicht mehr so sehr wie früher. „Ich nehme das jetzt alles eher aus der Distanz wahr.“ Unangenehm jedoch war ihr, dass sie auf ihr Leben auf der Osterinsel reduziert worden sei, auf ihre Beziehung mit einem Maori. „Von einigen Freunden wurde ich immer so vorgestellt: Das ist die Steffi, die 20 Jahre in der Wildnis mit einem Eingeborenen gelebt hat.“ Anfangs sei das vielleicht nachvollziehbar gewesen – „aber es hörte nicht auf. Und ich wollte das nicht. Auch, weil ich manchmal das Gefühl hatte, sie wollen damit angeben, eine Frau zu kennen, die 20 Jahre abseits der Zivilisation gelebt hat. Die sich das getraut hat!“

Fremde Kulturen hat sie immer als bereichernd empfunden

Als Konsequenz habe sie einige Freundschaften gekappt. „Ich wollte neu anfangen in Köln – meine Identität sollte nicht auf diese Vergangenheit reduziert sein. Mich treibt Neugier an – und die ist nach vorn gerichtet.“ Neugier bei Kindern zu wecken, das sei ihr auch als Lehrerin wichtig gewesen: Sie habe den Eindruck gehabt, dass dieses Schulsystem die Kinder und Jugendlichen einenge und ihnen die Neugier eher austreibe. „Kinder kommen ausgestattet mit 1000 feinen Antennen auf die Erde. Sie wollen die Welt erfahren, sie wollen lernen – und die Schule ist eines von den Systemen, das diese Antennen eher zerbricht als sie zu sensibilisieren.“

Fremde Kulturen habe sie immer als bereichernd empfunden. „Nationalitäten waren für mich nie eine Kategorie.“ Überhaupt, die Kategorien. Das Alter zum Beispiel. Alt zu werden, sei in Deutschland schwieriger als auf Rapa Nui. „Hier gilt es als hoher Wert, jung und jugendlich zu erscheinen. Dort ist der Respekt vor der Weisheit des Alters ein hohes Gut. Ich bin ein alter Mensch und versuche nicht, auf irgendeine Weise jünger zu sein“, sagt die 72-Jährige, die Gesprächsrunden mit alten Menschen leitet und sich im Umweltschutz engagiert. „Ich genieße es, meine Erfahrungen speziell an Jüngere weiterzugeben. Auch deshalb schreibe ich.“

Zu Weihnachten hat Stephanie Pauly bunte Origami-Weihnachtsbäumchen gefaltet, von denen sie viele an Obdachlose in Köln verteilt. „Mit dem klassischen Weihnachten hatte ich nie viel am Hut – auch, weil sie schon als Jugendliche mit der katholischen Kirche gefremdelt habe. „Aber für Andere da zu sein, ihnen zuzuhören und auch unbekannten Menschen etwas zu schenken – das finde ich schön. Das tut mir gut.“