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Westcenter-HochhausWenn der Paketmann gar nicht klingelt

Lesezeit 4 Minuten

Das ehemalige Westcenter im neuen Look. Der Genuss der Fassade wird durch Probleme bei der Postzustellung getrübt.

  1. Bewohner klagen über Mängel bei der Paketzustellung - Eigentümer und DHL suchen Lösung

Bickendorf – Seit wenigen Tagen ist das Baugerüst am Hochhaus "Westcenter" verschwunden. Allerdings nur von der Ehrenfelder Seite aus gesehen. Wer von Bickendorf aus auf das 25 Stockwerke hohe Gebäude blickt, sieht aber immer noch welche. Bis Herbst dauert die im Oktober 2016 begonnene Sanierung des Gebäudes noch. In Kürze will die Eigentümer-Gesellschaft "Wertgrund" eine Zwischenbilanz ziehen und über den Stand des 35 Millionen Euro teuren Sanierungsprojekts berichten.

Wer genau hinschaut, sieht schon jetzt die zu Beginn der Sanierung angekündigten bunten Loggien, die nach dem Le Corbusier-Farbkanon gestaltet wurden. Deswegen soll das Westcenter künftig "Coloria" heißen. Ob sich der hübsch und einladend klingende Name durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Manche Bewohner tendieren nämlich eher dazu, vom "Horrorhaus" zu sprechen. Vor allem, wenn es um die Paketzustellung geht, sind sie alles andere als zufrieden mit ihrer Adresse an der Venloer Straße 601-603.

Mieterin Annika L. wohnt erst seit Kurzem im Westcenter. Aus beruflichen Gründen ist sie von Norddeutschland nach Köln gezogen. Mehr als einmal hat sie allerdings schon vergeblich auf Paketsendungen gewartet. Angekommen sind bei ihr die wenigsten. Meistens musste sie selbst die Sendungen irgendwo in der Stadt abholen. Auf drei Pakete wartet sie heute noch - laut Sendungsverfolgung des Liefer-Unternehmens sind sie inzwischen wieder zurück an den Absender gegangen.

Defekte Briefkästen am Westcenter

Ihr Ärger richtet sich vor allem gegen die Deutsche Post-DHL. Laut Annika L. mache sich der Bote nicht einmal mehr die Mühe, Pakete in das Haus zu tragen. "Der macht zwei Stunden im Auto Pause. Das habe ich selbst mal beobachtet", sagt sie zornig. Vielen ihrer Nachbarn ergehe es ähnlich. Sämtliche bisherigen Beschwerden oder auch Zettel am Briefkasten hätten nichts an der Situation geändert. "Langsam fühlen wir uns ziemlich hilflos", berichtet sie weiter.

Wer sich aber im Eingangsbereich des 1973 fertiggestellten Wohngiganten umschaut, kommt nicht umhin, ein gewisses Verständnis für die mangelnde Motivation des Paketmannes aufzubringen. Die Sanierungstätigkeit ist bis hierhin noch nicht vorgedrungen. Außer dass viele Flächen zum Lagern von Baumaterial genutzt werden.

Bis vor kurzem verengten die Gestänge der Montage-Gerüste die Zugangswege. Manchmal blockieren auch Fahrzeuge von Handwerkern oder Baufirmen die Zufahrt. Hier Pakete auszuliefern, ist kein Vergnügen, zumal nicht alle Klingelschilder leserlich sind. Nicht auszuschließen ist zudem, dass Benachrichtigungszettel gar nicht in einem Briefkasten landen können. Zahlreiche sind nämlich defekt.

"Name auf Klingelschild nicht vorgefunden", soll die Paketzusteller in den Fällen angegeben haben, in denen die Kundin Annika L. überhaupt kein Paket erhalten hat, bestätigte die Pressestelle der Deutschen Post-DHL-Group auf Anfrage des "Kölner Stadt-Anzeiger". "Es ist aber auch ein schwieriger Standort", sagt Sprecher Dieter Pietruck. Bei anderen Hochhäusern in der Stadt - etwa dem Axa-Hochhaus in Riehl - sei es für die Zusteller deutlich komfortabler. Beispielsweise gebe es in Riehl einen Pförtner.

Ein Pförtnerbüro befindet sich auch im Zugangsbereich des Bickendorfer Westcenters. Es ist aber nicht ständig besetzt. Pietruck rät dazu, möglichst detaillierte Adress-Angaben zu machen, also die Etage sowie die Appartement-Nummer. "Damit wäre schon viel gewonnen." Generell sei es den Zustellern untersagt, "auf Verdacht" zuzustellen, also ein Paket einfach im Hauseingang oder auf dem Etagenflur abzustellen - ohne Übergabe an eine Person. In so einem Fall könne der Zusteller sogar persönlich in Regress genommen werden.

Und selbstverständlich "ein klarer Fehler", so Pietruck, sei es, in einem Hochhaus mit mehr als 400 Mietparteien auf den Benachrichtigungszettel zu schreiben: "Paket beim Nachbarn". Auch das sei schon vorgekommen, berichtet Annika L.

Timo Holland, Geschäftsführer des Immobilien-Unternehmens Wertgrund, der das Gebäude gehört, will für die Mieter eine Lösung erreichen. "Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass die Mieter keinen Nachteil dadurch haben, dass sie in einem Hochhaus wohnen", so Timo Holland. Er fände es sinnvoll, von möglichst vielen Beschwerdefällen Kenntnis zu bekommen, um diese an die Deutsche Post-DHL weiter zu reichen. Denkbar sei ebenso, im Gebäude eine Packstation einzurichten

Darüber könne man gern mit der Abteilung Qualitätsmanagement seines Unternehmens reden, zeigt sich Deutsche Post-DHL-Sprecher Dieter Pietruck lösungsorientiert. Die Möglichkeit, eine Packstation in Anspruch zu nehmen, bestehe allerdings schon heute. Nicht weit vom Hochhaus entfernt, in der U-Bahn-Station Äußere Kanalstraße, befindet sich eine Packstation. "Eine der größten ihrer Art in Köln", berichtet Pietruck.