In der Serie „Wie es wirklich ist“ erzählen Menschen von einem außergewöhnlichen Schritt in ihrem Leben, einem besonderen Hobby, einer Eigenschaft oder einem Beruf.
Wie es wirklich ist, Teammanager des 1. FC Köln zu sein „Meine Frau hat für den Job zurückgesteckt“
Als Teammanager des 1. FC Köln bin ich organisatorisches Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainerteam auf der einen Seite und sportlicher Führung sowie der Geschäftsstelle mit den verschiedensten Bereichen von Marketing über Infrastruktur bis Greenkeeping auf der anderen Seite. Auf dem Platz wäre meine Rolle wohl am ehesten mit der eines unauffälligen Mittelfeldspielers zu vergleichen, der Löcher stopft, sichere Pässe spielt und versucht, die Anweisungen des Trainers umzusetzen.
Auf dem Rasen sieht man mich allerdings nicht mehr, seitdem ich nicht mehr für die U21 spiele. Ich versuche, abseits des Felds meinen Teil dazu beizutragen, dass die Abläufe funktionieren und alle Rädchen ineinandergreifen, damit die Mannschaft Erfolg hat.
Das fängt bei der Organisation der Auswärtsspiele samt Hotelbuchungen und Reiseplanungen an und hört bei der Meldung der Aufstellungen beim DFB vor den Spielen nicht auf: Ich mache Behördentermine für die Spieler, wenn Reisepässe verlängert werden oder Wohnsitze umgemeldet werden müssen. Werde eingeschaltet, wenn ein Neuzugang eine Wohnung sucht, bin die Schnittstelle zur Mannschaft, wenn es um Marketingtermine geht, leite Briefings an die Spieler für PR-Termine weiter.
Fahre wie vor dem verlegten Spiel gegen den SC Germania Reusrath im Dezember auch mal mit unserem Greenkeeper zu der Spielstätte, um zu gucken, ob der Rasen aufgrund der eisigen Temperaturen bespielbar ist. Genauso spreche ich mit dem Hausmeister, wenn eine Lüftung in den Duschen nicht funktioniert.
Das bedeutet, dass ich ziemlich viele Nachrichten bekomme. Es gibt eine Whatsapp-Gruppe mit dem Trainer- und Funktionsteam, eine mit der Mannschaft und eine mit allen zusammen. Jeder im Club hat meine Nummer. In den ersten Monaten musste ich mich zusammenreißen, um das Handy zu Hause auch mal für zwei Stunden wegzulegen.
Eine Herausforderung für einen Teammanager ist es, ständig verschiedene Zeitebenen im Blick zu haben. Es gibt das Tagesgeschäft mit den Anfragen, die reinkommen, die Planung der Auswärtsspiele, ein paar kleinere Aufgaben wie das Vorbereiten der Auswechseltafeln oder die Spielberichtsbögen am Spieltag, aber auch längerfristige Dinge wie die Vorbereitung von Auswärtsspielen in der Conference League oder der USA-Reise im November, die ich natürlich nicht allein, sondern mit vielen Bereichen zusammen organisiert habe.
Am 17. Dezember 2021 habe ich beim 1:1 gegen Lippstadt mein letztes von 386 Spielen für die Zweite Mannschaft vom FC gemacht. Mein Tor zum Ausgleich in der 88. Minute war ein schöner Abschluss. Alles in allem ging das mit dem Wechsel schneller als gedacht. Kurz vor meinem letzten Heimspiel – an einem Montag um die Mittagszeit gegen Schalke II fast ohne Zuschauer – hatte ich erfahren, dass ich zum 1. Januar als Teammanager anfangen kann und deswegen als Spieler ein halbes Jahr früher aufhöre als geplant. Schon ein paar Tage später ging es ab ins kalte Wasser.
Am 9. Januar 2022 war das erste Auswärtsspiel bei Herta BSC Berlin. Wir haben 3:1 gewonnen, ich saß neben dem Trainerteam mit auf der Bank – ein geiles Gefühl. Als Spieler hatte es für die Erste Mannschaft nicht ganz gereicht, einmal saß ich bei einem Heimspiel gegen Kaiserslautern bei den Profis auf der Bank. Trotzdem verbinde ich mit dem FC den Großteil meines Lebens – habe seit der B-Jugend hier gespielt und war nur für ein paar Jahre zwischendurch weg, für 110 Drittligaspiele in Saarbrücken und Offenbach, dazu kamen ein paar Einsätze im DFB-Pokal.
„Es war ein unglaubliches Jahr mit steiler Lernkurve und vielen emotionalen Momenten“
Jetzt war ich als Teammanager plötzlich Teil des Profiteams. Abseits vom Rasen, aber das war egal. Damit habe ich jetzt nach meiner aktiven Zeit das geschafft, was ich immer wollte. Und es wurde ein unglaubliches Jahr, mit steiler Lernkurve für mich persönlich und vielen emotionalen Momenten.
Am Anfang war fast alles neu. Und es war super, Menschen wie die beiden Leiter der Lizenzspielerabteilung, Thomas Kessler und Lukas Berg, an der Seite zu haben, die für die anfänglich vielen Fragen immer ein offenes Ohr hatten. Oder Trainer Steffen Baumgart, der mich direkt mit in seine Trainersitzung genommen und mir den Einstieg so enorm erleichtert hat. Ich bin in ein funktionierendes Team gekommen, das hat man vom ersten Tag an gespürt – die Stimmung war super, was auch, aber nicht nur daran lag, dass es sportlich sehr gut lief.
Dass ich selbst lange Spieler war, die meisten Jungs vom Sehen oder aus Trainingsspielen kannte und manche wie Timo Hübers oder Tim Lemperle auch aus vielen gemeinsamen Spielen für die U21, hat es sicher einfacher gemacht: Man hatte schon mal gequatscht – und ich wusste aus meiner Zeit als Spieler auch, warum man wen vor oder nach dem Spiel vielleicht besser in Ruhe lässt.
An den schnellen Takt und das Pensum in dem Job musste ich mich gewöhnen – als Spieler hatte ich ein- bis zweimal am Tag trainiert, es gab auch andere Termine, aber das war schon sehr privilegiert. Der Job als Teammanager ist kein Nine-to-five-Job. Es gibt auch keine festen Urlaubszeiten. Ich bin für jeden, der mich braucht, fast immer ansprechbar. Das bedeutet nicht, dass ständig mein Telefon klingelt – die Mannschaft ist zum Beispiel sehr pflegeleicht – aber in den Monaten der Conference-League waren viele Wochen für alle im Team anstrengend.
Wenn man um 2 Uhr morgens mit dem Flieger aus Belgrad oder Nizza kommt, um 3 Uhr endlich im Bett liegt, um 7 Uhr schon wieder die Kinder weckt und um 9 Uhr in der Trainersitzung am Geißbockheim sitzt, haben alle kleine Augen. Man trinkt dann einen Kaffee mehr und reißt sich zusammen, weil drei Tage später das nächste Spiel ansteht. Wenn man in einem Team arbeitet, in dem alle für ein gemeinsames Ziel arbeiten, die Arbeit Spaß macht und das von vielen vorgelebt wird, lacht man die Müdigkeit schonmal weg.
Dafür, dass so ein System funktioniert, braucht es viele Menschen – im Verein, aber auch in den Familien, die hinter den Leuten stehen. Wenn meine Frau zum Beispiel nicht zurückgesteckt und gesagt hätte: „Klar, mach den Job, das ist super!“, wäre es nicht gegangen.
Im Rückblick war das Jahr der Wahnsinn, ich kriege gar nicht mehr alle Höhepunkte zusammen: Derby-Siege gegen Gladbach, Sieg gegen Leverkusen, Qualifikation für die Conference-League, ein wahnsinnig emotionaler Sieg in Ungarn, mit dem wir uns für die Gruppenphase qualifiziert haben, das abgebrochene Nebelspiel in Slowacko.
Der vielleicht bewegendste Moment war, als 50.000 Fans im Stadion die Mannschaft nach dem Unentschieden und Ausscheiden in der Conference League gegen Nizza gefeiert haben, als hätte sie den Pokal geholt. Solche Momente machen Bock auf mehr.