„wielebenwir“Kölner Verein will Nachbarschaftspreis nicht – wegen Horst Seehofer
Köln – Der Kölner Verein „wielebenwir“ hat die Nominierung für den Deutschen Nachbarschaftspreis abgelehnt. Die Initiatoren des Projekts „Kasimir“, die kostenlos Lastenräder anbieten, erklärten ihren Verzicht damit, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) als Schirmherr für den Preis fungiere.
Seehofer stehe „für eine Politik, die die Gesellschaft spaltet, die auf Abschottung setzt und die Menschen in Not Hilfe verweigert“. Dies widerspreche „unserem Verständnis von Nachbarschaft, Nachbarschaft bedeutet für uns, Menschen zu verbinden, und Teilnahme zu ermöglichen.“
Auch Berliner Organisation zieht Bewerbung zurück
Die Bewerbung zog „wielebenwir“ deswegen genauso zurück wie die Berliner Flüchtlingshilfsorganisation „Moabit hilft e.V.“. Der Berliner Verein kritisierte unter anderem, dass Seehofer gesagt habe: „Wir werden uns gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren – bis zur letzten Patrone.“ Der Verein könne es „nicht mit uns oder unseren Ansichten vereinbaren, unter einem Schirm zu stehen, dessen Schirmherr der Innen- bzw. Heimatminister Seehofer ist“. Die Kölner Ehrenamtler betonten: „Wir glauben an eine solidarische Gesellschaft – und Nachbarschaft.“
Der Preis zeichnet Initiativen aus, die sich in ihrer Nachbarschaft für ein offenes, solidarisches und demokratisches Miteinander engagieren. Jurys in den Bundesländern küren 16 Landessieger, die am 28. August bekanntgegeben werden; aus diesen wählt die Bundesjury drei Bundessieger aus. Insgesamt liegt das Preisgeld bei mehr als 50.000 Euro.
Stiftung respektiere den Rücktritt
Der Geschäftsführer der den Preis verleihenden Nebenan-Stiftung, Michael Vollmann, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Für uns ist das keine einfache Situation. Wir verstehen und respektieren den Rücktritt.“ Auch seien von Seehofer zuletzt „verbal Grenzen überschritten“ worden.
Davon distanziere sich die Stiftung. Freilich stehe der Schirmherr seit Beginn der Ausschreibung fest; die inhaltliche Partnerschaft mit dem Bundesinnenministerium bestehe überdies seit Anfang 2017, ohne dass Geld fließe. „Und Dialog bringt mehr als der Rückzug in Lager.“ Dass Seehofer Bundesinnenminister sei, liege ohnehin nicht in der Hand der Stiftung. Man hoffe, dass er wie geplant an der Preisverleihung am 5. September teilnehme.