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Trotz Konflikt mit PolizistenKölner Fußball-Fan will weiter mit Regenbogenbinde ins Stadion in Katar

Lesezeit 4 Minuten
Der Kölner Student Bengt Kunkel im Gespräch mit der Bundesinnenministerin Nancy Faser. Kunkel trägt ein Schweißband mit Regenbogenfarben.

Nachdem der Kölner Student Bengt Kunkel seine Regenbogenbinde im Stadion in Katar abgeben musste, wollte Bundesinnenministerin Nancy Faser mit dem 23-Jährigen sprechen.

Spoho-Student Bengt Kunkel spricht darüber, warum er das Risiko dennoch bewusst eingeht, wie sich Innenministerin Nancy Faeser entschuldigt und warum sie sich bedankt hat.

Bengt Kunkel zieht sich eine Regenbogenbinde an, am rechten Armgelenk trägt er bereits ein Schweißband mit den bunten Farben. In dem Video, das der 23-jährige Student der Kölner Sporthochschule am Samstagnachmittag deutscher Zeit auf seinem Instagram-Kanal gepostet hat, steht der Schriftzug „Matchpreparations“.

Bengt Kunkel bereitet sich als Zuschauer für das nächste WM-Spiel in Katar vor und dabei will er wieder die Regenbogenfarben tragen – obwohl er bereits beim Spiel der Niederlande gegen Senegal am vergangenen Montag ein negatives Erlebnis mit den Ordnern und Polizisten im Stadion hatte und seine Binde abgeben musste.

Kölner Student will in Katar ein Zeichen für die LGBTQ-Community setzen

„Ich wusste vorher, dass das ein kritisches Zeichen in Katar ist“, sagt Kunkel im Video-Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ einige Tage nach dem Vorfall. Mit dem Tragen wolle er aber ein Zeichen setzen und sich für die Menschen einsetzen, die in Katar unterdrückt werden.

„Gianni Infantino hat gesagt, dass das Tragen der Regenbogenbinde erlaubt ist, es gab sogar eine Sicherheitsgarantie. Und trotzdem gab es viele Menschen aus der LGBTQ-Plus-Community, denen dennoch nicht wohl war, nach Katar zu fliegen“, sagt Kunkel.

Er könne jeden verstehen, der trotzdem nicht nach Katar reisen wollte, in ein Land, in dem Homosexualität unterdrückt werde, „und dennoch bin ich der Meinung, dass auch diese Menschen vor Ort eine Stimme verdient haben“, sagt der Kölner Student.

Auf seinen Protest wurden aber nicht nur zahlreiche Medien aufmerksam, auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatten von dem Vorfall gehört und das Gespräch mit dem 23-Jährigen gesucht.

Der DFB steht hinter mir, wenn ich mit der Regenbogenbinde ins Stadion gehe
Bengt Kunkel

Denn die Regenbogenbinde war schon in den Tagen zuvor ein großes Thema. „Nancy Faeser wollte sich erst einmal bei mir entschuldigen und sie sagte auch, dass es ihr total unangenehm ist“, sagt Kunkel. Faeser wolle die Botschaft auch an ihren Kontakt in Katar weitertragen. „Sie hat sich aber auch für meinen Einsatz und Mut bedankt.“

Aus dem Gespräch mit Bernd Neuendorf habe der 23-Jährige vor allem mitgenommen, dass es „ausser Frage steht, dass der DFB hinter mir steht, wenn ich mit der Regenbogenbinde ins Stadion gehe.“

Damit steht der DFB wohl hinter den deutschen Fans, die deutsche Nationalmannschaft selbst hat beim ersten Spiel gegen Japan die „One-Love“-Kapitänsbinde aber abgelegt. Und auch Bengt Kunkel hat kurz überlegt, ob er sein Schweißband tragen soll. „Ich hab die Eskalation ja schon erlebt und es ist kein schönes Gefühl, wenn zehn Polizisten um einen herum stehen“, sagt Kunkel.

„Aber der DFB macht es nicht mit der Binde, deswegen finde ich es umso wichtiger, das Statement weiter durchzuziehen.“ Denn für den Kölner ginge es gerade bei diesem Spiel weniger um das Sportliche, sondern vor allem um die One-Love-Thematik. Eine eindeutige Positionierung sei ihm deshalb besonders wichtig gewesen.

Kölner Fußball-Fan wollte sich in Katar sein eigenes Bild machen

Diese ist für Bengt Kunkel auch einer der Gründe, weshalb er überhaupt nach Katar geflogen ist, um sich innerhalb von elf Tagen neun Spiele anzuschauen. „Natürlich haben die Missstände zum Denken angeregt, dennoch war es für mich wichtig, mir vor Ort ein Bild zu machen“, sagt Kunkel. Und dieses sei anders als erwartet. „Man bekommt vor Ort nicht viel mit. Der Schein wird hochgehalten, Katar tritt als sehr freundliches Land auf.“

Er könne verstehen, dass viele Menschen in Deutschland und auch ein Teil seiner Spoho-Kommilitonen die WM boykottieren, „aber für mich war es auch die erste Möglichkeit, mal bei einer Weltmeisterschaft vor Ort zu sein, es ist immer noch das größte Sportturnier auf diesem Planeten und hat für mich eine zu hohe Relevanz.“

Das Gefühl bleibt, dass Katar es schafft, diese beiden Welten voneinander zu trennen
Bengt Kunkel

Mit dem Tragen der Regenbogenbinde, seine neue hat er vom DFB geschenkt bekommen, könne er immerhin einen kleinen Beitrag zur Veränderung leisten. Deswegen will er auch heute beim zweiten Spiel der deutschen Mannschaft gegen Spanien die Regenbogenfarben sichtbar tragen – und einfach mal Spaß haben.

„Das Gefühl bleibt aber, dass Katar es schafft, diese beiden Welten voneinander zu trennen, die schrecklichen Umstände der Gastarbeiter und das perfekte Bild der Fußballweltmeisterschaft.“