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Wut in StammheimAnwohner fühlen sich im Stich gelassen

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Die Bewohner der Häuser an der Egonstraße fordern, ihre Häuser zu erhalten.

Stammheim – Die Bewohner der Siedlung Egonstraße machen ihrem Ärger über die Stadtverwaltung Luft, an fast jedem ihrer Häuschen prangen Transparente, auf denen sie sich über Missstände beklagen.

„Obwohl wir seit fast zehn Jahren fordern, keines der Häuser abzureißen, sondern sie bei Leerstand neu zu vermieten, sind vier von ihnen nun doch vom Abriss bedroht“, schildert Susanne Tobi, die mit anderen Nachbarn eine Initiative gründete, die Siedlung zu erhalten. Besonders nach einem Brand, dem im Sommer 2018 eines der Gebäude zum Opfer gefallen sei, betreffe das die Hausnummer 76, zwei Häuser am Stammheimer Ring und ein weiteres. Tobi: „Die Stadt geht dabei immer nach dem gleichen Muster vor: Ist jemand ausgezogen oder verstorben, wird das Dach undicht gemacht, damit das bei Regen eindringende Wasser das Gebäude unbewohnbar macht.“

Nicht weniger nervend finden die Anlieger die Weigerung der Stadt, den Straßenbelag auf den Wegen in der Siedlung zu sanieren.

Der weise zahlreiche Schäden auf, darunter Stolperfallen wie tiefe Schlaglöcher. „Angeblich widerspricht das dem Flächennutzungsplan FNP, der hier nur eine Grünfläche vorsieht, aber keine Wohnbebauung“, beklagt sich Tanja Montano, die sich ebenfalls in der Bürgerinitiative engagiert. Außerdem begründe die Stadt, die Siedlung befinde sich zu nahe am Großklärwerk Stammheim. Ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestabstand würde nicht eingehalten.

Die Bewohner der Häuser an der Egonstraße fordern, ihre Häuser zu erhalten.

Montano findet die Begründung der Stadt scheinheilig: „Einer unserer Nachbarn hat doch noch 1989 eine Baugenehmigung erhalten. Damals widersprach das wohl nicht dem FNP?“ Bewohner der Siedlung wie auch ihren Gästen seien diese Zustände jedenfalls nicht zuzumuten. Tobi fühlt sich auch von der Politik im Stich gelassen: „Vor sechs Jahren hat uns Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs noch tatkräftig unterstützt – jetzt hören wir nichts mehr von ihm.“ Auf diesen Vorwurf angesprochen, unterstreicht dieser: „Das stimmt so nicht: Ich habe mich immer mit Vehemenz für die Bewohner der Egonstraße eingesetzt.“

Protest-Plakate wurden in der ganzen Siedlung aufgehängt.

Erst vor wenigen Wochen habe er sich mit Vertretern der Initiative getroffen. Auch wenn es bitter klinge: Man müsse die Argumentation der Stadtverwaltung ernst nehmen – zumal letztlich nicht die Stadt, sondern die Bezirksregierung Köln darauf bestehe, dass die Häuschen früher oder später einer Grünfläche weichen. Fuchs: „Ich bin schon froh, dass wir einen Bestandsschutz für existierende Mietverhältnisse erreicht haben.“

Aus der Not geboren

Die Siedlung Egonstraße entstand, nachdem die Stadt ehemalige Munitionsbunker günstig an Kölner Familien vergeben hatte, die ihr Obdach im Bombenhagel verloren hatten. Im Laufe der Jahre trugen die Bewohner in Eigenleistung viel zur Verschönerung ihrer Siedlung bei. Heute lebt hier bereits die fünfte Generation der Familien. In den vergangenen Jahren ging die Stadt dazu über eines der Häuschen abzureißen, wenn ein Mieter ausgezogen oder verstorben war. Neu vermietet wird seitdem nicht mehr. Die Anlieger wollten das nicht hinnehmen und verlangten Bestandsschutz. Heute sind von ehemals 81 dieser Häuser weniger als 50 erhalten. Nach massiven Protesten und einer Hausbesetzung im November 2013 sicherte die Stadt wenigstens zu, keine leerstehenden Gebäude der Siedlung mehr abzureißen. Stattdessen sollten sie als Notunterkünfte für von Obdachlosigkeit Bedrohte dienen.