Kölner Zentralmoschee„Hof-Imam“ von Erdogan jetzt in Ehrenfeld
Köln – Die Kölner Zentralmoschee hat einen neuen Imam. Diesen Monat hat Adem Kemaneci in dem Ehrenfelder Gebetshaus seine Arbeit neben den bereits tätigen drei anderen Imamen aufgenommen. Der 40-Jährige ist ein Zuwachs mit besonderer Prominenz: Denn bevor der Vater zweier Kinder zum Imam der Ditib-Zentralmoschee ernannt wurde, war er in Ankara Imam der „Bestepe Millet Camii“. Das Besondere an dieser prunkvollen Moschee ist, dass sie zum Präsidentenpalast des türkischen Präsidenten Recep Erdogan gehört.
„Riesige Fangemeinde“
Bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) in Köln ist man hoch erfreut über den prominenten Neuzugang: „Adem Kemaneci hat eine riesige Fangemeinde“, sagt Sprecherin Ayse Aydin. Viele Muslime kämen jetzt regelmäßig nach Ehrenfeld in die Moschee, um ihn zu hören. Denn er sei nicht nur ein exzellenter Theologe, sondern auch eine „Rezitations-Größe in der religiös-musikalischen Szene für Sufi-Musik“, außerdem eine „Koryphäe auf dem Gebiet der Koranrezitation“. Seine sonore Stimme und seine Gesänge sind auf etlichen Youtube-Videos zu sehen.
Für andere wiederum kommt da nicht einfach ein prominenter Theologe mit besonderer musikalischer Begabung. Sie erkennen in der Besetzung auch ein politisches Signal. „Dass jetzt der Hof-Imam aus dem Palast von Präsident Erdogan als neuer Imam der Ditib-Zentrale fungiert, sagt viel aus“, kritisiert Eren Güvercin via Twitter. Der renommierte Journalist und Mitglied der 4. Islamkonferenz setzt sich gegen die Einflussnahme der Türkei in muslimische Angelegenheiten in Deutschland ein. Auch Volker Beck (Grüne), langjähriges Mitglied des Bundestages, in dieser Zeit religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion und heute Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, äußerte sich auf Twitter kritisch: Letztlich zeige dies, dass die Ditib keine staatlich unabhängige Religionsgemeinschaft sei. Auch Beck sieht darin den Beleg, dass die Ditib „der verlängerte Arm von Erdogan“ sei.
Präsident Erdogan war 2018 selbst zur offiziellen Eröffnung der Ehrenfelder Moschee angereist, die der Ditib als Zentralmoschee dient. Die Ditib untersteht der Kontrolle und Aufsicht des sogenannten staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet). Dieses wiederum ist dem türkischen Präsidenten unterstellt.
Die Trennung von Kirche und Staat und die Einflussnahme der türkischen Regierung wird immer wieder kontrovers diskutiert. So haben CDU und Grüne in ihrem NRW-Koalitionsvertrag ausdrücklich noch einmal die eigene Imam-Ausbildung als Anliegen aufgenommen. „Für die Integration des Islams sind deutschsprachige, die Werte des Grundgesetzes unterstützende und von ausländischen Regierungen unabhängige Imame erforderlich“, heißt es dort. Deshalb brauche es eine „eigene deutschsprachige Ausbildung für Imaminnen und Imame an einer staatlichen Hochschule in Nordrhein-Westfalen“. Daher werde der Aufbau islamischer Studiengänge an Universitäten und der Ausbau der islamischen Theologie zur Fakultät an der Universität Münster gefördert und unterstützt.