AboAbonnieren

Wegweiser mit PatinaIn Kürten erinnern neu errichtete Stelen an Denkmäler

Lesezeit 5 Minuten

Esel und Hase. Aber an welchem Ort haben sich die beiden getroffen?

Kürten – Pfarrer Johann Peter Pool war 1769 nach Cürten gekommen, an die Pfarrkirche St. Johann Baptist. Gebürtig aus dem Dorf D’horn, gehört heute zur Gemeinde Langerwehe, soll der Priester sein Pfarrhaus in „verwahrlostem“ Zustand vorgefunden haben. So überliefern es die Quellen.

Bald nach seiner Ankunft in Cürten handelt er. Er wird Bauherr. 1771 entsteht das neue Pfarrhaus für den Pastor, stattlich zweigeschossig, gegenüber der Kirche, das noch heute den denkmalgeschützten Bereich im Hauptort der Gemeinde prägt. Das Chronogramm über der Eingangstür verweist auf das Entstehungsjahr. 1779 errichtet der emsige Seelsorger das erste Großkreuz auf dem alten Kürtener Gottesacker.

Denkmal-Stele am Pastorat

Nachzulesen ist der Bericht vom Hausbau Anno 1771 auf der neuen Denkmal-Stele am Pastorat. Überall sind in den vergangenen Wochen in den Kürtener Kirchdörfern diese Hingucker aufgestellt worden, zu übersehen sind sie nicht. 15 Stück insgesamt, je drei in Kürten, Bechen, Biesfeld, Dürscheid und Offermannsheide. Prägnante Texte führen in die Ortsgeschichte ein, die in der frühen Neuzeit auch immer eine Kirchengeschichte gewesen ist.

Treff an der Stele vorm Pastorat in Kürten: (v.l.) Bürgermeister Willi Heider, Sascha Amthor, Stefanie Kurth (beide IG Kürten), Rainer Stahlke, Willi Meyer (beide IG Bechen), Hans Reck, Norbert Grothoff, Barbara Müller, Bernd Weber , Kunibert Förster (alle Geschichtsverein), Michael Iwanzik (BIG Olpe).

Das Pfarrhaus zu Kürten, auch als Altes Pastorat bekannt, wurde übrigens später, 1857 bis 1859, renoviert und erweitert. In Nachbarschaft stand einst der Wiedenhof, der als Pfarrgut dem Domkapitel zu Köln zugehörig war und auf dem bis ins 17. Jahrhundert der Pfarrer mit Knecht und Magd wohnte und wirtschaftete. Von seinem Fachwerkhaus hatte der Seelsorger den Wiedenhof, die Keimzelle von Kürten/curtine, im Blick. „Hier haben sich vor 800 Jahren die ersten Bewohner und Christen versammelt“, weiß Ortshistorikerin Ute Jülich. Auf dem umfriedeten Platz des ersten Hofes, curtine genannt, sprachdas Landgericht unter freiem Himmel Recht. „Ein seltenes, authentisches Ensemble.“

QR-Code

Mit dem auf der Stele hinterlegten QR-Code („question response“), auf dem Handy eingescannt, wird der Leser (oder „User“) vom Infotext der Stele zur Internetseite des Geschichtsvereins für die Gemeinde Kürten und Umgebung geleitet (www.gv-kuerten.de). Dort gibt es die historischen Episoden zum Nachlesen. Und die Texte sind hier noch deutlich umfassender. Fotos und Skizzen sind eingebunden und es gibt Literaturhinweise. Eine kleine Ortsgeschichte in 15 Kapiteln.

Info-Stelen in Rhein-Berg

Die anderthalb Meter hohen Stelen, markant aus witterungsbeständigem Corten-Stahl gefertigt und robust erscheinend, sind das Ergebnis einer bis dato einmaligen Gemeinschaftsarbeit in der Gemeinde Kürten. Die Interessengemeinschaften aus Kürten-Ort, aus Dürscheid, Bechen und Biesfeld und der Geschichtsverein arbeiteten am Projekt Hand in Hand. Zu sehen sind die rostroten Stelen unter anderem in Biesfeld am Gasthaus Zur Post, in Bechen am Dorfplatz mit Esel-Wahrzeichen, am Dürscheider Hof, an der alten Schule zu Offermannsheide und an den jeweiligen Dorfkirchen, die über die Zeitläufte die Mittelpunkte der Orte geblieben sind.

Touristisches Konzept

Keimzelle fürs Projekt ist die IG Kürten gewesen. Tobias Garstka und Stefanie Kurth, beide aus dem Vorstand der IG, hatten 2014 erstmals die Idee eines touristischen Hinweiskonzeptes vorgetragen, auf einem Treffen der IGs mit Bürgermeister Willi Heider. 2017 hatte es dann im Zukunftsausschuss der Gemeinde den Anlauf für ein touristisches Konzept mit Flügelschildern gegeben. Das Konzept, auch von Professorin Dr. Birgit Hartz begleitet und mit einer Bachelorarbeit von Jana Lagemann flankiert, hatte sich letztlich aus Finanzgründen nicht in Gänze umsetzen lassen. Die Stelen sind das Ergebnis dieser vielfältigen Bemühungen.

Schriften

Weiter erhältlich ist das im Herbst erschienene Heft 12 der „Kürtener Schriften“ des Geschichtsvereins (16,40 Euro, 288 Seiten). Themen: Jugendherberge, Steeg, Handel, Hubert Berger, Fluchtpunkt, Eisenbahn, Mundart, Anekdoten usw. Erhält u.a. bei „Bücher Wolf“ in Kürten, Rewe Eichhof, Tankstelle Biesfeld, Friseur Arnold Olpe, Lotto Kapoor Dürscheid (im Edeka), Gärtnerei Koch Bechen.

Vorbild war dabei die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Olpe, die dank NRW-Stiftung bereits 2017 einen Denkmalweg mit den besonderen Stelen eröffnet hatte. Ein großer Erfolg: Zu Olpe und Delling sind mittlerweile 17 Stelen an Denkmälern errichtet worden, der „Denkmalweg Olpe“ führt durch die Dorfgeschichte (dorf-olpe.de, ab Dorfplatz). Auch eine Broschüre ist dazu aufgelegt worden. Die jetzige Aktion von IGs und Geschichtsverein umfasst 15 Stelen, eine 16., in etwas anderer Optik, steht vor der Alten Post in Kürten-Ort, aufgestellt von Familie Wendeler.

3000 Euro aus dem Förderprogramm

Pro IG beziehungsweise Geschichtsverein kamen 3000 Euro aus dem NRW-Förderprogramm der „Heimatschecks“, in Bechen zum Rechtsvertreter Bürgerstiftung. Erst diese Unterstützung ermöglichte die Realisierung. Am Gemeinschaftsprojekt wirkten zudem die ortsansässigen Handwerkerfirmen Metallbau Stienen (Stelen), Gravuren Lieth (Inschriften) und Galabau Pütz (Aufstellarbeiten) mit. Gemeinsame Linie war, alle Kirchdörfer bei den Stelen gleich zu behandeln und die Ortskundigen aus IG und Geschichtsverein einzubinden. Mit Hans Reck gelang es, ein Mitglied des Geschichtsvereins auch für den Ort Offermannsheide zu gewinnen; hier gibt es keine IG. Für die Gemeinde begleitete Karin Wette, Denkmalbeauftragte des Planungsamtes. Sie kümmerte sich um die Genehmigungen fürs Aufstellen und sprach mit den Eigentümern.

Beim Ortstermin am historischen Pfarrhaus zu Kürten, mit vielen engagierten Bürgern aus IGs und Geschichtsverein sowie Ortspfarrer Harald Fischer, erinnerte Bürgermeister Willi Heider an den Zusammenhalt aller, der Projekte dieser Art erst ermögliche. Davon brauche die Gemeinde noch mehr. Die historischen Stelen, daraus entwickelt, werden zukünftig Gäste und Wanderer, aber auch den Einheimischen auf einen Blick historische Fakten präsentieren. Mit ihren Texten, Jahrhunderte der Dorfgeschichte umfassend, erinnern sie an fast vergessene Ereignisse und machen Historisches greifbar. Wie den Pastor und sein neues Pfarrhaus von 1771.